Die Pieta im Palazzo Rondanini
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vorzunehmen, und stellte einen anderen Marmorblock auf, in dem
er schon früher eine Pieta abbozzirt hatte, verschieden von jener
und viel kleiner."
Vermuthlich ist dies dieselbe Gruppe, an welcher Michelangelo
noch acht Tage vor seinem Tode arbeitete. Hierüber berichtet
Daniele da Volterra an Leonardo Buonarroti mit der Bitte, es, als
einen Nachtrag zu früheren Notizen, Vasari für seine Vita mitzu-
theilen. „Ich erinnere mich nicht, ob ich unter Allem dem, was
ich schrieb, auch erwähnte, dass Michelangelo den ganzen Samstag
vor Karnevalssonntag (12. Februar 1564) stehend arbeitete, mit jenem
Leichnam der Pietä beschäftigt" (Daelli Nr. 34). In seinen an Vasari
gerichteten Angaben über den Nachlass des Meisters nennt Daniele
eine Marmorstatue: „una Pietä in braccio alla Nostra Donna"
(17. März 1564. Gotti I, 358). Im Inventar vom 19. Februar
wird sie bezeichnet als: „un'altra statua principata per un Cristo
ed un'altra figura di sopra, attaccata insieme, sbozzata et non
finita".
Was später aus dem Werke geworden, wissen wir nicht. Jenen
Angaben aber entspricht die bloss abbozzirte und verhauene Mar-
morgruppe des Palazzo Rondanini, die zweifellos von Michelangelo
ist, so durchaus, dass wir in ihr das von ihm hinterlassene Werk zu
erkennen haben. Über die Provenienz dieser Gruppe giebt uns
C. Rogers in seinen „Facsimiles of ancient drawings" (S. 21) einigen
Aufschluss. Dieser zitirt einen „Trattato della Pittura da un Theo-
logo e da un Pittore", welcher (S. 210) zwei unvollendete Gruppen
der Pietä von Michelangelo erwähnt und sagt: die eine befand sich
in Bandinos Garten in Rom; „die andere wurde in einem unter-
irdischen Raum gefunden und war um 1650 in einem Laden in Rom
öffentlich zu sehen". Vermuthlich ist diese damals erworben und
in den Palazzo Rondanini gebracht worden. (Vgl. J. C. Robinson:
a critical account S. 337.)
Schon Robinson (S. 81) wies darauf hin, dass auf einem Blatte
in Oxford (N. 7°, 1 Thode 442. Ber. 1572.) eine Kreide-
studie zu der Gruppe sich befindet. Wir sehen hier zweimal
eine Gruppe von zwei Männern, die den Leichnam zwischen sich
tragen, und zwar, indem sie ihn unter den Armen, die über ihre
Schulter hängen und unter den Oberschenkel fassen (a, b). Drei
andere Skizzen zeigen eine stehende Gestalt, die vor sich den zu-
sammenknickenden Leichnam unter den Achselhöhlen hält; und
zwar stimmt die Haltung des Leichnams in zweien (c und d) über-
ein, nur der Träger (in der einen Skizze in zwei Kopfhaltungen
gegeben) ist verschieden. Die dritte (e) zeigt den Leichnam nicht
so nach der Seite links, sondern nach vorne zu sinkend. In c und
e steht die tragende Figur, wie in der Statue Rondanini, auf einer
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vorzunehmen, und stellte einen anderen Marmorblock auf, in dem
er schon früher eine Pieta abbozzirt hatte, verschieden von jener
und viel kleiner."
Vermuthlich ist dies dieselbe Gruppe, an welcher Michelangelo
noch acht Tage vor seinem Tode arbeitete. Hierüber berichtet
Daniele da Volterra an Leonardo Buonarroti mit der Bitte, es, als
einen Nachtrag zu früheren Notizen, Vasari für seine Vita mitzu-
theilen. „Ich erinnere mich nicht, ob ich unter Allem dem, was
ich schrieb, auch erwähnte, dass Michelangelo den ganzen Samstag
vor Karnevalssonntag (12. Februar 1564) stehend arbeitete, mit jenem
Leichnam der Pietä beschäftigt" (Daelli Nr. 34). In seinen an Vasari
gerichteten Angaben über den Nachlass des Meisters nennt Daniele
eine Marmorstatue: „una Pietä in braccio alla Nostra Donna"
(17. März 1564. Gotti I, 358). Im Inventar vom 19. Februar
wird sie bezeichnet als: „un'altra statua principata per un Cristo
ed un'altra figura di sopra, attaccata insieme, sbozzata et non
finita".
Was später aus dem Werke geworden, wissen wir nicht. Jenen
Angaben aber entspricht die bloss abbozzirte und verhauene Mar-
morgruppe des Palazzo Rondanini, die zweifellos von Michelangelo
ist, so durchaus, dass wir in ihr das von ihm hinterlassene Werk zu
erkennen haben. Über die Provenienz dieser Gruppe giebt uns
C. Rogers in seinen „Facsimiles of ancient drawings" (S. 21) einigen
Aufschluss. Dieser zitirt einen „Trattato della Pittura da un Theo-
logo e da un Pittore", welcher (S. 210) zwei unvollendete Gruppen
der Pietä von Michelangelo erwähnt und sagt: die eine befand sich
in Bandinos Garten in Rom; „die andere wurde in einem unter-
irdischen Raum gefunden und war um 1650 in einem Laden in Rom
öffentlich zu sehen". Vermuthlich ist diese damals erworben und
in den Palazzo Rondanini gebracht worden. (Vgl. J. C. Robinson:
a critical account S. 337.)
Schon Robinson (S. 81) wies darauf hin, dass auf einem Blatte
in Oxford (N. 7°, 1 Thode 442. Ber. 1572.) eine Kreide-
studie zu der Gruppe sich befindet. Wir sehen hier zweimal
eine Gruppe von zwei Männern, die den Leichnam zwischen sich
tragen, und zwar, indem sie ihn unter den Armen, die über ihre
Schulter hängen und unter den Oberschenkel fassen (a, b). Drei
andere Skizzen zeigen eine stehende Gestalt, die vor sich den zu-
sammenknickenden Leichnam unter den Achselhöhlen hält; und
zwar stimmt die Haltung des Leichnams in zweien (c und d) über-
ein, nur der Träger (in der einen Skizze in zwei Kopfhaltungen
gegeben) ist verschieden. Die dritte (e) zeigt den Leichnam nicht
so nach der Seite links, sondern nach vorne zu sinkend. In c und
e steht die tragende Figur, wie in der Statue Rondanini, auf einer