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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Mitarb.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Der Karton zu Venus und Amor

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Werk, das heute bei den Erben Bettinis sich befindet." Hier wird
auch erwähnt, dass er für Diesen den Karton anfertigte: ,,fece e
dono." Dies muss, wie aus dem Folgenden hervorgeht, Anfang der
dreissiger Jahre geschehen sein. Das Gemälde nach dem Karton
zu machen, wurde Jacopo Pontormo beauftragt, der kurz zuvor das
„Noli me tangere" Michelangelos für Alfonso Davalos als Bild aus-
geführt hatte.
„Da man sah, wie sehr Michelangelo Pontormo schätzte und mit
welcher Sorgfalt und Vollkommenheit Pontormo die Zeichnungen
und Kartons des Meisters in Farben ausführte, erreichte Bart. Bettini
es, dass der ihm sehr befreundete Buonarroti ihm den Karton einer
nackten Venus mit einem Kupido, der sie küsst, anfertigte, um ihn
als Gemälde von Pontormo ausführen zu lassen und als Mittelstück
in einem seiner Räume anzubringen, in deren Lünetten er vom
Bronzino Dante, Petrarca und Boccaccio malen zu lassen begonnen
hatte, in der Absicht, auch die anderen Dichter, die in Versen und
in toskanischer Prosa die Liebe besungen haben, dort darzu-
stellen. Und Jacopo, nachdem er den Karton erhalten, führte ihn
mit Musse als Gemälde aus, in jener seiner Art, die, ohne dass ich
sie zu loben brauchte, aller Welt bekannt ist." „Inzwischen hatte
Jacopo die Venus nach dem Karton Bettinis vollendet und ein
wunderbares Werk geschaffen. Doch wurde sie nicht dem Bettini
für den verabredeten Preis übergeben, sondern von einigen Diebs-
gesellen, um Bettino zu kränken, fast gewaltsam dem Jacopo aus
den Händen genommen und dem Herzog Alessandro gegeben.
Bettini erhielt nur seinen Karton zurück. Als dies Michelangelo
erfuhr, ärgerte er sich aus Liebe zu seinem Freund, dem er den
Karton gemacht, und zürnte Jacopo. Man kann aber, obgleich
Dieser vom Herzog 50 Skudi erhielt, nicht sagen, dass er Bettino
betrogen, denn er gab die Venus auf Befehl Dessen, der sein Herr
war, her." (Vasari VI, 276 f.)
Auch Vasari hat nach dem Karton ein Gemälde, und zwar für
Ottaviano de' Medici — zugleich mit der Leda — angefertigt. Wie
die Leda (siehe oben), hat er auch die Venus 1542 nach Venedig
gebracht und dort an Don Diego de Mendoza verkauft (Vas. VII,
669, 670. VIII, 283). Ein zweites Gemälde der Venus „col disegno
di Michelagnolo" führte er 1544 für Bindo Altoviti aus (Vas. VII,
672). Und, wie es scheint, zu gleicher Zeit ein drittes Exemplar,
falls es sich nicht um das eben erwähnte handelt, denn in einem
Briefe an Francesco Lioni in Venedig vom 21. Juli 1544 sagt er: „la
nuda Venere o per me o prima forse, sarä portata; ehe ha auto tante
fortune, ehe l'esercito di Dario non n'ebbe tanti. L'e viva ed e
ancor vergine, contuttoche per esser buona roba ci sia stato voluto
far il bordello ; tamen la madre l'ha auta in custodia di sorte, ehe
 
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