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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Mitarb.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Der Raub des Ganymed

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Briefe vom 17. Juli 1533, im Hinblicke auf das anzufertigende Bild
in der Laterne der Medicikapelle, scherzhaft sagt: „mir schiene es,
dass sich dort gut der Ganymed ausnehmen würde und man könnte
ihm ein Diadem machen, dass er aussähe wie S. Johannes in der
Apokalypse, wenn er in den Himmel entrückt wird." — Der Kardinal
Hippolyt Medici war von den beiden Werken so entzückt, dass er
sie von Giovanni Bernardi da Castelbolognese in Krystall schneiden
lassen wollte. Dies setzte er für den Tityos auch durch; den Gany-
med aber rettete Tommaso davor. (Brief 5. September 1533.) Er
konnte aber nicht verhindern, dass Bernardi doch auch ihn that-
sächlich geschnitten hat und Don Giulio Clovio den Ganymed
kopirte: das „quadretto" kam in den Besitz Herzogs Cosimo (Vasari
VII, 567). Francisco de Hollanda (Ausg. de Vasconcellos S. 135)
sah es 1539 in Rom: „da legte D. Giulio uns einen Ganymed vor,
den er nach einer Zeichnung Michelangelos illustrirt hatte, in sehr
zarter Ausführung — die erste Arbeit, durch die er sich in Rom
einen Namen verschafft hat." Im Inventario der Kunstschätze des
Herzogs von 1589 wird das Bild angeführt als: „quadretto di un
ratto di Ganimede, Minio, largo %, alto "/4." Vasari erwähnt ferner
einen im Auftrage des Ant. Lafreri angefertigten Stich (V, 431) und
die Anbringung des Ganymed auf dem Gemälde der Schlacht von
Montemurlo durch Battista Franco, der damit dem jugendlichen
Herzog ein höfisches Kompliment himmlischer Apotheose habe
machen wollen (VI, 575).
Da dieses Bild, sowie ein Stich von Beatrizet uns bekannt sind
und in beiden die Gruppe gleich gebildet erscheint, mit ihr aber
auch eine Zeichnung des Meisters in Windsor übereinstimmt, kann
über die definitive Komposition kein Zweifel aufkommen. Es frägt
sich nur, ob auch vorbereitende Studien erhalten sind und ob in
der Cavalieri'schen Zeichnung unten Landschaft angegeben war.
Die Originalzeichnung in Windsor (Thode 539. Ber. 614.
Phot. Br. 117. Abb. Frey 18), in Kreide ausgeführt, zeigt bloss die
Gruppe des Adlers mit Ganymed, keine Landschaft. Die Arme
auf den mächtigen Schwingen ausgestreckt, die weit auseinander ge-
haltenen Beine von den Klauen umfasst, den Kopf mit dem lockigen
Haar sanft gesenkt, im Rücken ein flatterndes Tuch, wird der Jüng-
ling von dem Adler, der seinen Kopf um dessen Brust schmiegt,
sanft und sicher emporgetragen. — Ist dies die Zeichnung, die
Monsignor Bouveray in Florenz erwarb? (Vasari VII, 271. Anm. 2.)
Alte Kopien.
A. Kreidezeichnung. Paris, Louvre Nr. 734.
B. Röthelzeichnung. Ebendaselbst Nr. 777.
C. Zeichnung. Ebendaselbst Nr. 826.
 
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