Zeichnungen für Gemälde Sebastianos del Piombo
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hoff der Ausgangspunkt seiner Zuschreibungen an Sebastiano.
Nun kann in der That kein Zweifel darüber sein, dass diese
Maria nicht von Michelangelo ist: die unbestimmte, kraftlose
Behandlung und die Monotonie in der Faltengebung des Ge-
wandes sprechen auf das Entschiedenste dagegen, und die
Benennung Sebastiano wird richtig sein. Aber falsch war
der hieraus gezogene Schluss, auch der sehr ausgeführte Ent-
wurf der Vorderseite sei von Diesem. Im Gegentheile lehrt
die gründliche Verschiedenheit der beiden Zeichnungen, die
Frage, mit der wir uns so ausführlich beschäftigen, am An-
schaulichsten zu beurtheilen und mit aller Entschiedenheit noch
einmal zu beantworten. Es ist ausgeschlossen anzunehmen,
dass Derselbe, der jene ausdruckslose, flache, langweilige Ge-
wandung gemacht, die grossartige, breite, in jeder Fläche und
Falte lebendig ausdrucksvolle Draperie der Madonna auf der
Vorderseite geschaffen hat: diese ächt Michelangelo'sche Ge-
staltung eines weiten, hier eng an die Beine sich legenden,
dort massig in langen, plastisch gerundeten, bewegungsreichen
Falten fallenden Mantels. Jene Gewandung findet ihre Ana-
logieen in den Werken Sebastianos, diese auch nicht entfernt
in irgend einer Weise. Und niemals hat der Zeichner der
flachen, weichen Hände auf der Rückseite Hände wie die intensiv
in den Gelenken bewegten der Vorderseite gemacht, deren
eine die uns so wohlbekannte, längst getrost als Michel-
angelesk zu bezeichnende Haltung mit gekrümmtem Zeige-
finger zeigt, deren andere mit den gleichfalls wohlbekannten
zugespitzten Fingern besonders verwandt der des „Jonas" in
London erscheint. Und auch hier die vollkommen geschlossen
gebildete Gruppe der hoheitvollen Mutter und des Kindes.
Wenn Johannes seitlich hinzugefügt ist — wir erinnern uns
der verschiedenen früheren Versuche in dieser Komposition - —
so ist dies doch so geschehen, dass die ganze Gruppe eine
durchgebildete Dreiecksform zeigt und das Bestreben des Bild-
hauers, nirgends Raum freizulassen, sondern wie aus einem
Block zu formen, sich verräth. Wohl ist die Einheitlichkeit
nicht erreicht, aber wer sagt uns, ob nicht der Meister zuerst
bloss die Maria mit dem Kinde geschaffen und dann, da er
sah, dass der Kontur rechts ein zu schroffer war, den Johannes,
ein Dreieck herstellend, hinzufügte. Obgleich es gar nicht
nothwendig ist, dies anzunehmen, da auch in anderen ächten
Werken seiner Hand, die den gleichen Vorwurf behandeln,
die Einheitlichkeit nicht erreicht ward (vgl. z. B. die Studie
zur Medicimadonna im British Museum, wo Johannes auch rechts
hinzugefügt ist). Endlich aber zeigt das Nackte des Christus-
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hoff der Ausgangspunkt seiner Zuschreibungen an Sebastiano.
Nun kann in der That kein Zweifel darüber sein, dass diese
Maria nicht von Michelangelo ist: die unbestimmte, kraftlose
Behandlung und die Monotonie in der Faltengebung des Ge-
wandes sprechen auf das Entschiedenste dagegen, und die
Benennung Sebastiano wird richtig sein. Aber falsch war
der hieraus gezogene Schluss, auch der sehr ausgeführte Ent-
wurf der Vorderseite sei von Diesem. Im Gegentheile lehrt
die gründliche Verschiedenheit der beiden Zeichnungen, die
Frage, mit der wir uns so ausführlich beschäftigen, am An-
schaulichsten zu beurtheilen und mit aller Entschiedenheit noch
einmal zu beantworten. Es ist ausgeschlossen anzunehmen,
dass Derselbe, der jene ausdruckslose, flache, langweilige Ge-
wandung gemacht, die grossartige, breite, in jeder Fläche und
Falte lebendig ausdrucksvolle Draperie der Madonna auf der
Vorderseite geschaffen hat: diese ächt Michelangelo'sche Ge-
staltung eines weiten, hier eng an die Beine sich legenden,
dort massig in langen, plastisch gerundeten, bewegungsreichen
Falten fallenden Mantels. Jene Gewandung findet ihre Ana-
logieen in den Werken Sebastianos, diese auch nicht entfernt
in irgend einer Weise. Und niemals hat der Zeichner der
flachen, weichen Hände auf der Rückseite Hände wie die intensiv
in den Gelenken bewegten der Vorderseite gemacht, deren
eine die uns so wohlbekannte, längst getrost als Michel-
angelesk zu bezeichnende Haltung mit gekrümmtem Zeige-
finger zeigt, deren andere mit den gleichfalls wohlbekannten
zugespitzten Fingern besonders verwandt der des „Jonas" in
London erscheint. Und auch hier die vollkommen geschlossen
gebildete Gruppe der hoheitvollen Mutter und des Kindes.
Wenn Johannes seitlich hinzugefügt ist — wir erinnern uns
der verschiedenen früheren Versuche in dieser Komposition - —
so ist dies doch so geschehen, dass die ganze Gruppe eine
durchgebildete Dreiecksform zeigt und das Bestreben des Bild-
hauers, nirgends Raum freizulassen, sondern wie aus einem
Block zu formen, sich verräth. Wohl ist die Einheitlichkeit
nicht erreicht, aber wer sagt uns, ob nicht der Meister zuerst
bloss die Maria mit dem Kinde geschaffen und dann, da er
sah, dass der Kontur rechts ein zu schroffer war, den Johannes,
ein Dreieck herstellend, hinzufügte. Obgleich es gar nicht
nothwendig ist, dies anzunehmen, da auch in anderen ächten
Werken seiner Hand, die den gleichen Vorwurf behandeln,
die Einheitlichkeit nicht erreicht ward (vgl. z. B. die Studie
zur Medicimadonna im British Museum, wo Johannes auch rechts
hinzugefügt ist). Endlich aber zeigt das Nackte des Christus-