Die Kreuzigung
479
Catalogue des bronzes 1904. 116. Phot. Giraudon 2148). Einen
Gypsabguss erwarb ich im florentiner Kunsthandel.
In dem angestemmten Beine könnte man eine Verwandtschaft
mit den Zeichnungen 4 und 5 finden — hierauf aber beschränkt
sich die Ähnlichkeit. Die Körperformen sind Michelangelesk, und
es ist wohl denkbar, dass es sich in der That um ein Modell des
Meisters handelt. Dann wäre dasselbe von einem anderen Künstler
für eine kleine Kreuzigungsgruppe in Bronze benutzt worden,
die sich im Museo des Castello zu Mailand befindet und die
man als Werk eines Venezianers in der Art des Alessandro Vittoria
(Migeon) oder auch eines Schülers des Michelangelo bezeichnet hat
(Phot. Fumagalli). Sie besteht aus Christus, der mit wagrechten
Armen an das Kreuz geheftet ist und den Kopf tief nach links
fallen lässt, dem erwähnten Schächer, dessen Arme und Beine ergänzt
sind, und dem guten Schächer, der, in ruhigerer Haltung, die Arme
wagrecht ausgestreckt, das linke Bein über das rechte geheftet,
gläubigen Blickes zum Heiland schaut. Den Namen des Meisters
selbst vor diesem Werke auszusprechen, ist nicht wohl möglich.
Auch sieht es so aus, als passte unser Schächer, da er, wie der
andere, nach rechts gewandt ist, nicht zu den beiden anderen Figuren,
als wäre er nicht für die Gruppe komponirt. Dies muss in der
Meinung bestärken, dass ein Bildner in der zweiten Hälfte des
XVI. Jahrhunderts jenes Modell verwerthet hat.
b) Bärtiger Schächer. Der Bronzeausguss befindet sich
im Louvre als Pendant zu a. (A. a. O. Nr. 115. Phot. Giraudon
2149.) Ein anderes Exemplar kenne ich nicht. Ein Gypsabguss
im florentiner Kunsthandel aber muss, kleiner in den Verhält-
nissen, nach einem solchen angefertigt worden sein. Es fehlen die
beiden Arme und die beiden Unterbeine. Der Oberkörper ist nach
vorne gebeugt, der Kopf mit wallendem Bart gleichfalls; der rechte
Arm war gesenkt, der linke nach vorne erhoben. Das rechte Bein,
stärker gekrümmt als das andere, ist etwas nach rechts gedrängt.
Hier ist, wie ich glaube, der Gedanke an Michelangelo weniger
naheliegend (ich dachte einmal an Tribolo) und — seltsamer Weise,
obgleich es sich doch um ein Pendant zu a handelt — vermag ich
auch nicht recht einzusehen, wie diese Gestalt als Schächer am
Kreuz zu rekonstruiren wäre, da der linke Arm doch nach vorne
bewegt ist.
So lange nicht irgend welche bestimmte Beweise für Michel-
angelos Autorschaft erbracht werden, was wenigstens für den
Schächer a denkbar bleibt, haben wir uns damit zu bescheiden, nur
Dessen Einfluss, nicht aber seine Hand in dem Modell zu gewahren.
Ein Terrakottarelief, etwa eine halbe Elle hoch, mit der Dar-
stellung des bösen Schächers in „wunderbar" wiedergegebener
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Catalogue des bronzes 1904. 116. Phot. Giraudon 2148). Einen
Gypsabguss erwarb ich im florentiner Kunsthandel.
In dem angestemmten Beine könnte man eine Verwandtschaft
mit den Zeichnungen 4 und 5 finden — hierauf aber beschränkt
sich die Ähnlichkeit. Die Körperformen sind Michelangelesk, und
es ist wohl denkbar, dass es sich in der That um ein Modell des
Meisters handelt. Dann wäre dasselbe von einem anderen Künstler
für eine kleine Kreuzigungsgruppe in Bronze benutzt worden,
die sich im Museo des Castello zu Mailand befindet und die
man als Werk eines Venezianers in der Art des Alessandro Vittoria
(Migeon) oder auch eines Schülers des Michelangelo bezeichnet hat
(Phot. Fumagalli). Sie besteht aus Christus, der mit wagrechten
Armen an das Kreuz geheftet ist und den Kopf tief nach links
fallen lässt, dem erwähnten Schächer, dessen Arme und Beine ergänzt
sind, und dem guten Schächer, der, in ruhigerer Haltung, die Arme
wagrecht ausgestreckt, das linke Bein über das rechte geheftet,
gläubigen Blickes zum Heiland schaut. Den Namen des Meisters
selbst vor diesem Werke auszusprechen, ist nicht wohl möglich.
Auch sieht es so aus, als passte unser Schächer, da er, wie der
andere, nach rechts gewandt ist, nicht zu den beiden anderen Figuren,
als wäre er nicht für die Gruppe komponirt. Dies muss in der
Meinung bestärken, dass ein Bildner in der zweiten Hälfte des
XVI. Jahrhunderts jenes Modell verwerthet hat.
b) Bärtiger Schächer. Der Bronzeausguss befindet sich
im Louvre als Pendant zu a. (A. a. O. Nr. 115. Phot. Giraudon
2149.) Ein anderes Exemplar kenne ich nicht. Ein Gypsabguss
im florentiner Kunsthandel aber muss, kleiner in den Verhält-
nissen, nach einem solchen angefertigt worden sein. Es fehlen die
beiden Arme und die beiden Unterbeine. Der Oberkörper ist nach
vorne gebeugt, der Kopf mit wallendem Bart gleichfalls; der rechte
Arm war gesenkt, der linke nach vorne erhoben. Das rechte Bein,
stärker gekrümmt als das andere, ist etwas nach rechts gedrängt.
Hier ist, wie ich glaube, der Gedanke an Michelangelo weniger
naheliegend (ich dachte einmal an Tribolo) und — seltsamer Weise,
obgleich es sich doch um ein Pendant zu a handelt — vermag ich
auch nicht recht einzusehen, wie diese Gestalt als Schächer am
Kreuz zu rekonstruiren wäre, da der linke Arm doch nach vorne
bewegt ist.
So lange nicht irgend welche bestimmte Beweise für Michel-
angelos Autorschaft erbracht werden, was wenigstens für den
Schächer a denkbar bleibt, haben wir uns damit zu bescheiden, nur
Dessen Einfluss, nicht aber seine Hand in dem Modell zu gewahren.
Ein Terrakottarelief, etwa eine halbe Elle hoch, mit der Dar-
stellung des bösen Schächers in „wunderbar" wiedergegebener