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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/​1912

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Heft 1.
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8

Die Werkstatt der Kunst.

Heft I

Rottenburg (Neckar). Aus Rottenburg am Neckar geht
dem „Berl. Lokalanz." die sehr befremdende Nachricht zu,
daß der köstliche gotische Brunnen auf dem Marktplatz
abgetragen wird, um verkauft zu werden. Man sagt,
daß von Frankreich aus tooooo Mk. dafür geboten seien,
was sagt das württembergische Landeskonservatorium da-
zu? Und der Landesbischof von Württemberg, der kunst-
sinnige Or. Keppler, der gerade in Rottenburg feinen
Sitz hat? X
Santiago de Chile. Prof. Gustav Eber lein hat für die
chilenische Hauptstadt ein riesiges Denkmal vollendet,
eine der umfangreichsten Brunnenanlagen neuerer Zeit.
Das Werk ist für einen großen frei ansteigenden Platz
bestimmt. In einem großen Brunnenbecken wird da ein
ganzes Bronzeschiff (!) mit antiken und allegorischen
Figuren als Passagieren Raum finden. Und hinter dem
bronzenen Fahrzeug stiegt mit ausgebreiteten Flügeln der
Vogel Chiles, der Kondor. — (Andere Leute glauben, es
sei dies der Vogel, den Eberlein im smarten Konkurrenz-
kampf gegen seine Kollegen in der alten Heimat abge-
schossen hat. Die Denkmalswut in Südamerika ist zurzeit
so groß, daß eine Auswanderung sich beinahe rentieren
sollte. — Im März d. I. hatte die chilenische Regierung
ein paar Millionenobjekte mit sehr hohen Preisen
dem internationalen Wettbewerbe (w. d. K. X, 23)
unterstellt. Infolge von -reiften Schiebungen sind diese
Aufträge leider nach Frankreich gefallen! Red.) jX
- SiLälebau -

Rastel. Auf Veranlassung des Kultusministeriums
wurde Frhr. v. Tettau-Lankwitz, Lehrer an der König-
lichen Kunstakademie in Kassel, mit dem Entwurf und der
Durchführung eines einheitlichen Wiederaufbaues
der teilweise abgebrannten Stadt Duder st adt im Lichs-
felde betraut. X
— Staatliche uncl Städtische klunstpflege —
Berlin, ar. (LntwürfeBrunopaulsfürdieDahlemer
Museen.) Auf Anregung des Generaldirektors der Ber-
liner Museen, Exz. Bode, hat jetzt, wie wir erfahren, Prof.
Bruno Paul, der Direktor der Unterrichtsanstalt des
Berliner Kunstgewerbemuseums, umfangreiche Entwürfe
zu den in Dahlem geplanten Neubauten der Ber-
liner Museen geschaffen. In erster Linie ist da ein
Heim für den größten Teil der jetzt im Museum für
Völkerkunde untergebrachten Sammlungen geplant. Das
Museum an der Königgrätzer Straße selbst zu erweitern,
verbieten sowohl technische wie finanzielle Gründe. Seit
der Eröffnung hat sich nun aber die Zahl der dort aus-
gestellten Gegenstände um das Fünffache vermehrt. Ganze
große Teile der Sammlungen sind magaziniert und unzu-
gänglich. Deshalb ist die Verlegung nach Dahlem eine
Notwendigkeit. Lin wichtiger Teil der Sammlungen wird
aber in dem jetzigen Bau des Völkerkundemuseums ver-
bleiben, das zu einem Museum der asiatischen Kunst
und Kultur umgestaltet werden wird. Die Ergebnisse
der neuen Ausgrabungen auf diesem Gebiet, besonders
auf dem der ostasiatifchen Kunst, werden allein das jetzige
Völkerkundemuseum zu füllen vermögen. XI
Berlin, ar. (ModerneGraphik imBerlinerKupfer-
stichkabinett.) Die graphische Sammlung der Berliner
Museen hat soeben ihren Besitz an moderner Graphik durch
eine große Reihe von Ankäufen und Geschenken bereichert.
So schenkte Prof. Max Slevogt dem Kabinett eine ganze
Sammlung seiner Radierungen und Steindrucke, zum Teil
auch graphische versuche. Von Prof. Max Liebermann
wurden mehrere Steindrucke angekauft, darunter das Por-
trät von Exzellenz Bode und das Bild der Iudengasse in
Amsterdam, ferner das neue Radierungswerk Liebermanns,
zu dem Prof. Oskar Bie den Text schrieb. Mehrere neue
Blätter von Max Klinger wurden gleichfalls erworben,
sein Selbstbildnis mit der Zigarre, der Herrscher und das

Titelblatt, das Klinger zu den Schriften der Kgl. Sächsischen
Kommission für Geschichte entworfen hat. von Prof. Emil
Grlik wurden mehrere Porträts angekauft, darunter die
von Gerhart Hauptmann und Hermann Bahr, ebenso von
Prof. Schulte im Hofe seine in Stein gedruckten Bildnisse
des Pastors v. Bodelschwingh und des Fräulein Elise
Königs. Thoma und Adolf Schinnerer, Otto Fischer und
Walter Zeising, Käte Kollwitz und Wilhelm Geiger zogen
gleichfalls mit neuen Blättern in das Kupferstichkabinett
ein. von Adolf Menzel überwies die Generalverwaltung
der Museen die vierbändige französische Ausgabe der Illu-
strationen zu dem Werke Friedrichs des Großen. Unter
den neuerworbenen Werken von Ausländern begegnen
Delacroix mit der Radierung einer schlafenden Frau,
Gavarni mit steingedruckten Porträts, dann Rodin mib
einer Radierung des Frühlings, neue Blätter von Forain
und Legros. Aus dem Norden kamen drei Radierungen
von Edvard Munch und Anders Zorns radiertes Bildnis
von Gustav Strindberg. X)

- Stipendien unct Stiftungen -
Berlin. Der Grotze Staatsxreis für Bildhauerei
der Kgl. Akademie für das Jahr t9l2 ist zu denselben
Bedingungen ausgeschrieben wie derjenige für Archi-
tektur. (Vgl. „w. d. K." Heft vom t8. September.)
Also Einlieferung der Arbeiten in Berlin am 2 Ok-
tober, bei den übrigen preußischen Akademien aber
schon am Oktober. XI

Personalien

Barcelona. Die Jury der „Großen internationalen Kunst-
ausstellung in Barcelona" hat dem Maler Wilhelm v.
Krausz in Wien für sein dort ausgestelltes Bild „Die
Dame mit den Rosen" die Medaille erster Klasse zuerkannt. X

Literatur

Rünstlerelend und Rünstlerproletariat. Verlag Maritima.
Preis t>50 Mk. (Selbstanzeige.)
Das Buch entstand aus der Erkenntnis, daß eins unser
edelsten Güter, die bildende Kunst, entwertet werden muß,
wenn das soziale Niveau ihrer Vertreter in demselben
Tempo weitersinkt, wie es in den letzten Jahrzehnten ge-
sunken ist. Ich habe nachgewiesen, daß aller Künstler
nicht von ihrer Kunst leben können, also wenn sie nicht
Renten beziehen, zum Proletariat zu rechnen sind. Die
Ursache dieses unhaltbaren Zustandes glaube ich in der
allgemeinen Abkehr von den Idealen zu erkennen, in dem
übermäßigen Interesse der Kunstkäuferkreise für Werke
toter oder ausländischer Künstler, in der Ueberschwemmung
des Marktes mit minderwertiger und dilettantischer Ware.
Weitere Gründe finde ich in der Unzulänglichkeit des Kunst-
handels, der Ausstellungen und Wettbewerbe, der falschen
Handhabung der Stiftungen, im Zwiespalt der Kunstge-
nossenschaften und im verkehrten Unterricht. Ich fordere
die Organisation aller bildenden Künstler, aber auf rein
wirtschaftlicher Grundlage. Und da ich weiß, daß die
Künstler, als asoziale Wesen, solche Vereinigung nie selb-
ständig schaffen und sichern werden (haben sie doch da, wo
sie sich zusammentaten, immer nur Kampforganisationen
geschaffen), so wünsche ich, daß die Organisation den
Künstlern vom Staat aufgezwungen oder von tatkräftigen
Kunstfreunden als Geschenk gebracht wird. Zu den Haupt-
aufgaben solcher Organisation gehören: die materielle
Fürsorge für den Künstler durch Versicherungen aller Art,
Regelung des Absatzes, Beteiligung des Urhebers am Wert-
zuwachs älterer Werke, Schutz der heimischen Produktion
durch Zölle, Verringerung der Herstellungskosten durch
Eigenbetrieb, Schaffung einheitlicher Bestimmungen für
Ausstellungen, Wettbewerbe und Stiftungen, Verbesserung
des Iurywesens. Vr. Joachim v. Bülow. X
 
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