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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (1) — 1821

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No 37 (1821)
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https://doi.org/10.11588/diglit.20602#0150

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— 2091

Soldaten beſtimmt — da ſah ich die Lisbeth, ein

Maͤdchen damals von dreizehn Jahren.“
Martin ſah an ſeine Mutter hinauf.
„Von Stund' an war ich nicht Eckart mehr.
Wenn man einem armen Jungen ein Kleinod haͤtte
gegeben zum Aufbewahren, koͤſtlich genug um auch

den Bloͤden zu reizen, ihm muͤßte zu Muth geweſen

ſeyn, w wie mir.“
„Kein Tag verging, an welchem ich nicht geſucht
haͤtee mich bemerkbar zu machen: bald ſchuͤchtern,
bald keck; aus dem Winkel, oder im Freien. Zwei
Jahre hatt' ich das getrieben, und kaum war ſie wich
gewahr worden!“
O Himmel! rief ich, und ſeufzte ſchwer auf.
„Sie anzureden im Begegnen auf eine vernuͤnftige
Weiſe, war mir nicht moͤglich: ich fuͤrchtete, das
Kleinod herausgeben zu müſſen.“
„Nun wollt' ich mich an den Onkel machen.
Doch der wich aus, wo er mich ſah und ſchnitt ein
Geſicht. Daſſelbe erzaͤhlten mir meine Kameraden.
Ha, dacht' ich, die uniform Da fiel ich auf die
Verkleidung.“
„Nicht einmal geſehen hatt' ich ſie in langen
Wochen: ſo ſtrenge wurde ſie gehalten von dem
graͤmlichen Manne! Mir ſchwoll das Herz. Wiſſen
muß ſte von dir, rief ich aus, und waͤr'
auf die feindſeligſte Art! — Da tritt ſie un-
erwartet mit einem Fruchtkoͤrbchen auf die Gaſſe, und
der Akte ſieht ihr nach.“
„»Im Nu ſpring' ich in die Kammer meines Wirths,
werf' ein Jaͤckchen an von dieſem,
Schuͤrze vor, und ſo, als Gaͤrtnerburſch, hinaus. ihr
nach.“
„Melne Lisbeth hat Ibnen erzaͤhlt, was ich ge-
than habe in dieſer Maske. O mein Herr, welch
eine Empfindung iſt das, mit Abſicht den geliebten
Gegenſtand zu kraͤnken! Und wie unendlich muß das
ſeyn, was wir Llebe heißen, da ihre Vergehen und
ihre Schmerzen ſo nahe ſtehen an ihren Wonnen!

ö „Sie ſehen mich an und meine Sprache befremdat

Sie. Sie ſollen verſtaͤndigt werden. Daß. ich es

geweſen, der, in Raſerel der Liebe, die geraubten

Aprikoſen der Geaͤngſtigten in das offene Fenſter
geworſen, werden ſie errathen haben. ö

das Geſicht.

es

den Raͤuber 1½4

ſchlage eine

* * — — 292

„Meine Unart, um nicht zu ſagen meln Ver-

brechen, ward angezeigt und ich in Arreſt gefuͤh't.
„Mittags, nach dem Dienſt, erſchien mein Ob erſt.
Er ſchonte mich und ließ jeden hinaustreten. Er

war mir gewogen, er hatte meinen Vater gekannt:

ich bin eines Pfarrers Sohn.“
„Eckart, zuͤrnte er, ein Raub!“ Gegen e ein
huͤlfloſes Kind! Und von dir! Einem Manne!

Einem Soldaten!“

„Ich warf mich zu ſeinen Fuͤßen, ich erzaͤhlte ihm,
was mich beſtuͤrmt und mich hingeriſſen, , mich

beſelige und quaͤle, und beſchwur ihn um Vergebung,

um Huͤlfe.“
» Dem grauen, feſten Manne zitterte etwas durch
Eckart,
gluͤcklich geweſen — deinem Vater dank' ich den

Troſt, der dann aufrecht erhaͤlt — ich will gut

machen. Komm mit mir. Du ſollſt es beſſer haben.“
„So fuͤhrt' er mich in Lisbeth'“ 6 Haus, gerade
in die Stube, wo der Onkel nach dem Eſſen
allein auf und ab ging, auf ſelne eingegebene Sose
Erfolg erwartend und Erſatz.“

ſagte er — ich bin nicht

Die Bewegung des Oberſten war ſo groß, die

Art des Angriffs, den er ſich vorgeſezt auf den

Alten, ihm ſelbſt noch ſo fremd, daß er, um jene zu
verbergen und ſoldatiſch dieſe zu gewinnen, den Degen

ziehend hineinſtuͤrmte: „„da bring' ich ſhn, den Dieb,
»Gott im Himmel! — ſagte der Onkel — mͤͤßizen
Sie ſich, Herr Oberſt! „
vn Ich mich maͤßigen? Fuͤr den? Hat der Ma-
ßigung verdient, der ſie ſelhſt ſo wenig beachter?
Die Uniform herunter! Wo iſt das Maͤdchen? Sie
ſoll ihn ſehen, ſo ihn ſehen, den Strafbaren, dem
das Kleid des Surſern Hermit genommen wird Nauf
immer 144

Herr Oberſt, wenn das Wort eines Greiſes et-
Ich nehme
Wie betreten er iſt! — Eure

was vermag — Vergebung für ihn!
die Klage zuruͤck. —
Hand, Eckart! Ich bin verſoͤhnt.“
vy Ih m — die Hand 2. Eure Hand? Das Maͤd⸗
chen ſoll kommen und ihm verzeihen —. und den-
noch, bei meinem Worte, nie darf e er die ie Uaiſom
wieder tragen!4 ö
 
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