i8
GRABDENKMAL — AUSSTELLUNG ^3
Erst dem letztverstorbenen Bischof Franz
Leopold von Leonrod, dem begeisterten und
verständnisvollen Kunstfreund, konnte sie —
nach mehr als hundert Jahren — wieder ein
Denkmal errichten, ein Denkmal, das der Be-
deutung des Heimgegangenen wie der Be-
deutung des Domes würdig ist. Im Mai dieses
Jahres kam es zur Aufstellung. Professor
Busch hat es geschallen (Abb. S. 19).
Das Leonrod-Denkmal, das der Klerus der
Diözese im Verein mit mehreren Laien dem
allverehrten Bischof in dankbarer Gesinnung
errichten ließ, befindet sich im nördlichen Seiten-
schiff des Domes an der westlichen Stirnwand
desselben, direkt über der Grabstätte.
Da an dieser Wand ein in Stein gehauenes
Barockportal sich befindet, das in die Gruft
des Fürstbischofs Franz Anton von Katzen-
ellenbogen hinabführt, mußte das Leonrodepi-
taph über diesem Portal, also in einer Höhe
von 4—5 m angebracht werden. Die Situ-
ierung ist aber keineswegs nachteilig — dauernd
gute Beleuchtung vorausgesetzt — der Be-
schauer wird im Gegenteil überrascht, wenn er
sieht, welch wirksame Belebung die schmale
Stirnwand des Nordschiffes durch das Denk-
mal gefunden hat. Zu Seiten des Leonrod-
epitaphs sind nämlich von früher her zwei
andere Bischofsdenkmäler in diese Wand ein-
gelassen: eines für Konrad von Pfeffenhausen,
der 1305 starb, und ein zweites für Johann
von Heideck, der 1429 das Zeitliche segnete.
Die Gruppe der drei Bischofsdenkmäler
über dem mit Figuren geschmückten Barock-
portal wirkt ausnehmend günstig.
Im Gegensatz zu den beiden flankierenden
Monumenten, die als oblonge Epitaphien mit
stehenden bezw. liegenden Porträtgestalten
gebildet sind, schuf Busch ein Triptychon mit
überhöhtem Mittelstück. Das Denkmal ist aus
feinem Offenstettner Kalkstein gemeißelt und
mißt 2,5 m in der Höhe, 1,9 m in der Breite.
Das Motiv der Darstellung war von dem
hochseligen Bischof zu Lebzeiten noch ge-
geben worden: Das lebhafte Bewußtsein der
Verantwortlichkeit, welche für diejenigen, die
auf dem Leuchter stehen, eine vermehrte ist,
ließ ihn wünschen, daß auf seinem Grabdenk-
mal der Weltenrichter dargestellt werde.
Demgemäß sehen wir im Mittelstück des
Denkmals den göttlichen Richter thronen.
Zu seiner Rechten kniet der Bischof in fle-
hentlichem Gebet, links hält ein kleiner Engel
das Familienwappen der Leonrod und das
Wappen des Eichstätter Bischofstuhles.
Aus der Gruppe spricht ein reiches, inneres
Leben. Der göttliche Richter, eine hoheits-
volle Gestalt, in der die Terribilitä mit Gnade
sich vermählt, ist in ernstes Abwägen versun-
ken. Im Augenblick wird er sich erheben,
das für immer gültige Urteil zu sprechen.
In der knienden Bischofsfigur schuf Busch
ein Porträt von überraschender Lebenswahr-
heit. Das ist der verewigte Bischof mit den
scharfen Zügen, mit dem Charakterkopf, den
ein langes, tatenreiches Leben so ausdrucks-
voll modellierte! Und wie ergreifend ist es,
in diesen Zügen das demütige, innige Flehen
zu lesen: salva me fons pietatis. Der aller-
liebste kleine Wappenengel ist ganz der rei-
zenden Schöpfungen würdig, die Busch ge-
rade auf diesem Gebiete geschaffen hat. In-
dem der Kleine vertrauensvoll und flehend zum
göttlichen Richter sich wendet, nimmt er an
dem Vorgang inneren Anteil und so schließt
sich die Gruppe seelisch zu einer lebendigen
Einheit zusammen.
Die formale Behandlung imponiert durch
den großen stilvollen Zug, der die dreige-
teilte Gruppe durchzieht, durch die feierliche
Rhythmik der Linien und des plastischen Pro-
fils, in der der Ernst des inneren Vorgangs
nachklingt. Durch die bestimmte, klare Sil-
houette ist die Gruppe geeignet, auch in die
Ferne zu wirken.
Die Umrahmung des Denkmals schließt sich
in freier Weise an die Formen der Gotik an,
allerdings nicht im Sinne der Schablonen-
gotik. Die diskreten ruhigen Formen dieses
Rahmens ziehen in keiner Weise den Blick
von der figürlichen Gruppe ab, sondern kon-
zentrieren vielmehr die Aufmerksamkeit auf
das innere Leben, das sie beseelt.
Das Leonrod-Denkmal, das uns Busch ge-
schaffen, ist demnach des Verewigten würdig
und ist würdig des Domes, den so viele äl-
tere, bedeutende Grabmäler auszeichnen —
nach hundert Jahren wieder eine Grabmals-
schöpfung der hohen Kunst! Felix Mader
DIE MÜNCHENER AUSSTELLUNG
IM GLASPALAST 1908
Von FRANZ WOLTER
Cin halbes Jahrhundert floß im Strome der
Zeit dahin, seit unter Anregung des Histo-
rienmalers und Schriftstellers Herrn. Becker
in Düsseldorf der Plan zur Gründung der »All-
gemeinen deutschen Kunstgenossenschaft« ge-
faßt wurde. Zu einer Zeit, als die Eini-
gung der Deutschen noch ferne lag, ward
die Vereinigung Deutscher Künstler nach den
Vorschlägen Beckers in die Tat umgesetzt
und auf der Allgemeinen deutschen Künst-
lerversammlung 1856 in Bingen, wohin aus
GRABDENKMAL — AUSSTELLUNG ^3
Erst dem letztverstorbenen Bischof Franz
Leopold von Leonrod, dem begeisterten und
verständnisvollen Kunstfreund, konnte sie —
nach mehr als hundert Jahren — wieder ein
Denkmal errichten, ein Denkmal, das der Be-
deutung des Heimgegangenen wie der Be-
deutung des Domes würdig ist. Im Mai dieses
Jahres kam es zur Aufstellung. Professor
Busch hat es geschallen (Abb. S. 19).
Das Leonrod-Denkmal, das der Klerus der
Diözese im Verein mit mehreren Laien dem
allverehrten Bischof in dankbarer Gesinnung
errichten ließ, befindet sich im nördlichen Seiten-
schiff des Domes an der westlichen Stirnwand
desselben, direkt über der Grabstätte.
Da an dieser Wand ein in Stein gehauenes
Barockportal sich befindet, das in die Gruft
des Fürstbischofs Franz Anton von Katzen-
ellenbogen hinabführt, mußte das Leonrodepi-
taph über diesem Portal, also in einer Höhe
von 4—5 m angebracht werden. Die Situ-
ierung ist aber keineswegs nachteilig — dauernd
gute Beleuchtung vorausgesetzt — der Be-
schauer wird im Gegenteil überrascht, wenn er
sieht, welch wirksame Belebung die schmale
Stirnwand des Nordschiffes durch das Denk-
mal gefunden hat. Zu Seiten des Leonrod-
epitaphs sind nämlich von früher her zwei
andere Bischofsdenkmäler in diese Wand ein-
gelassen: eines für Konrad von Pfeffenhausen,
der 1305 starb, und ein zweites für Johann
von Heideck, der 1429 das Zeitliche segnete.
Die Gruppe der drei Bischofsdenkmäler
über dem mit Figuren geschmückten Barock-
portal wirkt ausnehmend günstig.
Im Gegensatz zu den beiden flankierenden
Monumenten, die als oblonge Epitaphien mit
stehenden bezw. liegenden Porträtgestalten
gebildet sind, schuf Busch ein Triptychon mit
überhöhtem Mittelstück. Das Denkmal ist aus
feinem Offenstettner Kalkstein gemeißelt und
mißt 2,5 m in der Höhe, 1,9 m in der Breite.
Das Motiv der Darstellung war von dem
hochseligen Bischof zu Lebzeiten noch ge-
geben worden: Das lebhafte Bewußtsein der
Verantwortlichkeit, welche für diejenigen, die
auf dem Leuchter stehen, eine vermehrte ist,
ließ ihn wünschen, daß auf seinem Grabdenk-
mal der Weltenrichter dargestellt werde.
Demgemäß sehen wir im Mittelstück des
Denkmals den göttlichen Richter thronen.
Zu seiner Rechten kniet der Bischof in fle-
hentlichem Gebet, links hält ein kleiner Engel
das Familienwappen der Leonrod und das
Wappen des Eichstätter Bischofstuhles.
Aus der Gruppe spricht ein reiches, inneres
Leben. Der göttliche Richter, eine hoheits-
volle Gestalt, in der die Terribilitä mit Gnade
sich vermählt, ist in ernstes Abwägen versun-
ken. Im Augenblick wird er sich erheben,
das für immer gültige Urteil zu sprechen.
In der knienden Bischofsfigur schuf Busch
ein Porträt von überraschender Lebenswahr-
heit. Das ist der verewigte Bischof mit den
scharfen Zügen, mit dem Charakterkopf, den
ein langes, tatenreiches Leben so ausdrucks-
voll modellierte! Und wie ergreifend ist es,
in diesen Zügen das demütige, innige Flehen
zu lesen: salva me fons pietatis. Der aller-
liebste kleine Wappenengel ist ganz der rei-
zenden Schöpfungen würdig, die Busch ge-
rade auf diesem Gebiete geschaffen hat. In-
dem der Kleine vertrauensvoll und flehend zum
göttlichen Richter sich wendet, nimmt er an
dem Vorgang inneren Anteil und so schließt
sich die Gruppe seelisch zu einer lebendigen
Einheit zusammen.
Die formale Behandlung imponiert durch
den großen stilvollen Zug, der die dreige-
teilte Gruppe durchzieht, durch die feierliche
Rhythmik der Linien und des plastischen Pro-
fils, in der der Ernst des inneren Vorgangs
nachklingt. Durch die bestimmte, klare Sil-
houette ist die Gruppe geeignet, auch in die
Ferne zu wirken.
Die Umrahmung des Denkmals schließt sich
in freier Weise an die Formen der Gotik an,
allerdings nicht im Sinne der Schablonen-
gotik. Die diskreten ruhigen Formen dieses
Rahmens ziehen in keiner Weise den Blick
von der figürlichen Gruppe ab, sondern kon-
zentrieren vielmehr die Aufmerksamkeit auf
das innere Leben, das sie beseelt.
Das Leonrod-Denkmal, das uns Busch ge-
schaffen, ist demnach des Verewigten würdig
und ist würdig des Domes, den so viele äl-
tere, bedeutende Grabmäler auszeichnen —
nach hundert Jahren wieder eine Grabmals-
schöpfung der hohen Kunst! Felix Mader
DIE MÜNCHENER AUSSTELLUNG
IM GLASPALAST 1908
Von FRANZ WOLTER
Cin halbes Jahrhundert floß im Strome der
Zeit dahin, seit unter Anregung des Histo-
rienmalers und Schriftstellers Herrn. Becker
in Düsseldorf der Plan zur Gründung der »All-
gemeinen deutschen Kunstgenossenschaft« ge-
faßt wurde. Zu einer Zeit, als die Eini-
gung der Deutschen noch ferne lag, ward
die Vereinigung Deutscher Künstler nach den
Vorschlägen Beckers in die Tat umgesetzt
und auf der Allgemeinen deutschen Künst-
lerversammlung 1856 in Bingen, wohin aus