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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

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Heilmeyer, Alexander: Moderne Plastik in der Kirche
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Wolter, Franz: Die Münchner Ausstellung im Glaspalast 1908, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0060

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MÜNCHENER AUSSTELLUNG IM GLASPALAST 1908


HEINRICH WADERE MADONNA (I9oz)
Am Gautschhaus (Metheck) in München. Text unten

(Abb. S. 33 und 34 und II. Jahresmappe der
D. G. f. ehr. K.). Mehrmals hat er in Madon-
nenbildern wie z. B. in der Figur der Madonna
mit dem Kinde an einem Münchener Bürger-
hause (Abb. oben) ein reizvolles Bild geschaffen.
Die wundervolle Marmorstatue Rosa mystica
erscheint aber als eine besonders köstliche
Frucht seines geistigen Schauens. Es ist, als
ob er im Geiste der Mystiker, derTroubadoure
der Gottesminne diese Intuition empfangen
und ihr Gestalt und Ausdruck verliehen hätte.
Die beseligende Empfindung süßer Gottes-
minne strahlt durch dieses klare Gefäß der
schönen Form; der Leib ist durch die ideale
Anschauung des Künstlers schön gebildet.
o o

Es ist ein inneres Erlebnis.in plastische Form
gefaßt und man versteht Canova, wenn er
sagte: »Der bildende Künstler ist auch ein
Dichter!«
DIE MÜNCHENER AUSSTELLUNG
IM GLASPALAST 1908
Von FRANZ WOLTER
II.
Wi 1 h e m A11 h e i m (Eschersheim b. Fr.) be-
handelt ebenfalls ein religiöses Thema und
tauft ein sonst vortreffliches Genrebild in eine
»Heilige Familie« um. Man ist es ja heute viel-
fach gewohnt, daß Künstler versuchen, die mit
der Glorie der Heiligkeit umhüllten Personen
der heiligen Geschichte durch realistische Wie-
dergabe, durch »Natürlichkeit« und prägnante
Modellmalerei ihrer Würde zu entkleiden und
alles zu einem realen Erlebnis zu machen. Es
verlieren sich jetzt schon mehr und mehr solche
Probleme, sie haben auch in ihrer Blütezeit
nie rechten Erfolg gehabt, denn es ist schließ-
lich niemandem damit geholfen, wenn ihm
das Göttliche, Übernatürliche, allzumenschlich,
mit Erdgeruch behaftet, entgegengebracht wird.
Wenn dagegen Heinrich Mittag (Hannover)
seine »Bückeburgerinnen« in ihren farbigen
Kostümen mit Gebetbüchern in den Händen
malt, so will er keine anderen Frauen geben,
als diese biederen, etwas stumpfsinnigenWesen,
aber mit demselben Rechte wie Altheim seine
Gruppe als Hl. Familie, hätte Heinr. Mittag sein
Bild als »Santa conversazione« bezeichnen
dürfen.
Zwei kleine Bronzeplastiken von Werner
Hauteimann beweisen, wie weit man in
der realistischen Auffassung gehen kann, ohne
in Alltäglichkeit oder Nüchternheit zu ge-
raten. Sowohl der »Münzensammler«, als
auch der alte »Geigenfreund« sind lebens-
volle Gestalten, die mit feinem Humor emp-
funden sind und die ein Spitzweg nicht besser
hätte schaffen können.
Sowohl in der Architektur, als in der Zeich-
nung, Radierung etc. bietet die allgemeine
deutsche Kunstgenossenschaft noch viel des
Interessanten, dessen Prüfung jedoch dem
Besucher der Ausstellung selbst überlassen
bleiben muß. Bodo Ebhardt bringt die
Entwürfe verschiedener Burgen, u. a. die Hoch-
königsburg in architektonischer und zugleich
malerischer Schärfe; Ludwig Fahrenkrog
ein großes, phantastisch wildes Gewoge »Der
Kampf in der Menschheit« darstellend. Bar-
lösius, Ad. Johnsen geben charakteristische
Arbeiten, G. Eilers große Radierungen nach
 
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