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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

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Prumler, Raoul Eugen: Der Freskenschatz von Muggia
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Scapinelli, Carl: Ernst Stückelberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0168

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140

SW ERNST STÜCKELBERG KM

St Stephanus. Von den Stephanusbildern ist
wie von zwei gegenüberliegenden Fresken nur
ganz wenig zu retten gewesen.
Im rechten Seitenschiffe findet sich ein ge-
waltiger, jugendlich bartloser heiliger Christo-
phorus, trotz seines langen byzantinischen Ge-
wandes barfuß im Wasser stehend, die Sieger-
palme in der rechten Hand. Unten links ver-
sinnlicht ein Löwe die Kraft oder deutet das
Wappen von Venedig an. Eine beigesetzte
Inschrift lautet nach der Forschung des Bischofs
Msgr. Glavina:
Christophori sancti speciem quicumque tuetur,
Illum quo die nulla languore tenetur —
und zeigt den frommen Glauben an den Schutz
wider plötzlichen Tod und schweres Erkranken,
den das Mittelalter heiligen Bildern zuschrieb.
Für die Verbreitung dieser Anschauung zeugt
eine fast gleichlautende Inschrift an St. Peter
in Straßburg. Unweit des Christophbildes lassen
sich noch Fragmente eines Engels, zweier
Heiliger und eine Taufe Christi feststellen.
Arg beschädigt sind die Fresken an drei Pfeilern
des linken Seitenschiffs. Von den geringen

Spuren dreier bärtiger Greise mit Schriftrollen
in den Händen sind die Überbleibsel einer
Gestalt mit dem Namen des Propheten Amos
bezeichnet. Es ist anzunehmen, daß hier eine
alttestamentarische Prophetengruppe vorhan-
den war.
Neben dem Bilderschmuck blieb auch der
ornamentale Zierat reichlich erhalten als Be-
malung der Bogenwölbungen. Die schmalen
Arabeskenbänder werden nur hin und wieder
durch einzelne Figuren unterbrochen, so un-
fern dem Taufstein durch eine streng byzan-
tinisch gehaltene Maria mit dem Kinde. Die
Ornamentik zeigt stellenweise von schöner
Erfindung oder, wo die Zeichnung sichtlich
von Originalen aus Konstantinopel genommen
ist, von geschmackvoller Wahl. Die Farben
sind schlicht: grün, gelb, braun, rot, schwarz,
ohne Tönung des Grundcharakters.
Die Wiederherstellung, Bloßlegung und Auf-
färbung der Fresken erforderte mehr als ein
halbes Jahr unermüdlichster, aber vollauf erfolg-
reicher Arbeit des Restaurators Hans Lukesch.


ERNST STÜCKELBERG
Von CARL CONTE SCAPINELLI
T~Aer plötzlich aufflackernde Schein des Ge-
LV nius Böcklins, die Hallorufe der »neuen«
Kunst Hodlers, die tipfeligen Finessen Weltis
haben uns in Deutschland auf den am 14. Sep-
tember 1901 verstorbenen bedeutenden Schwei-
zer Künstler Ernst Stückelberg eigentlich ver-
gessen lassen. Die ruhige markige Kraft des-
selben trat freilich hinter den jüngsten Schwei-
zern, hinter dem Eroberungszug, den Böcklin
im letzten Jahrzehnt seines Lebens plötzlich
über ganz Europa antreten konnte, bescheident-
lich zurück.
Bei Schulte in Berlin war zwar im Septem-
ber 1905 eine Kollektion von Bildern dieses
schweizerischen Künstlers zu sehen1), aber auch
hier konnten sie nicht laut genug für seine
Kunst sprechen, denn sein Bestes, sein Typisch-
stes hing ja wohlverwahrt im Baseler Museum.
Stückelberg ist der Heldenmaler der Schwei-
zer. Wie Schiller den Schweizern ein für
allemal seinen »Wilhelm Teil« schenkte und
er dadurch — trotzdem er für sie Ausländer
war — der nationalste ihrer Dichter wurde, so
wurde Stückelberg durch seine Freskogemälde
in der Teilskapelle, zu der jährlich Tausende
wallfahren, zumnationalen Maler derSchweizer.
Und gerade die Helden der Tellsage sind
so recht mit ihren harten, stolzen, trotzigen,
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HL. KATHARINA, FRESKO IN DER KIRCHE ZU MUGGIA
Text S. 140

z) Bericht hierüber s. Jg. II, Heft 3, Beil.
 
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