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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

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Schmidkunz, Hans: Berliner Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0325

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282

SW BERLINER KUNSTBRIEF JW3

BERLINER KUNSTBRIEF
Von Dr. HANS SCHMID KUNZ, Berlin-Halensee
(Schluß)
Dei Keller & Reiner zeigten zahlreiche Porträts des
Papstes Pius X. von O. Hierl-Deronco ein Inter-
esse für die Verbindung der Figur mit dem Hinter-
grund und in dem einen hellgrauen Stück auch etwas
Seelisches, machten aber sonst den Eindruck, als hätte
sie jemand mit einer »dekorativen« Brühe übergossen.
Gegensatz: die zwar tapetenhaft flachen, aber durch
Schlichtes und lieblich Seelenvolles erfreuenden Porträts
von Luise v. Kehler, in Pastell und (ihre Eltern dar-
stellend) in Tempera. Mancherlei Porträtkunst findet sich
in den dort eifrig gepflegten Kunstdrucken. So über-
trägt z. B. Otto Goetze die langstricheiige Technik des
A. Zorn in sein radiertes Porträtgenre; Lotte Boitze
interessiert durch Bildnisse, deren eines Stichel und
kalte Nadel vereinigt. Genrehaftes Porträt findet sich
auch in Carl Mosers Farbholzschnitten mit geschum-
merten großen Flächen. Jos. Uhl (aus Norwegen) ra-
diert Satirisches mit mancherlei Übertreibung, z. B. mit
greller Wirkung weißer Stellen (»Der Zug des Todes«,
»Opfer der Narrheit«, »Der Reiche«). Wieder Gegen-
sätze: die duftigen Blumen-Farblithographien von Helene
Lange (München) und die Silhouetten des verstorbenen
Rob. Erbe (Dresden).
Unter zahlreichen Kollektionen beschränken wir uns
ungern auf die Erwähnung eines häufigen Vorkommens
von Stadtbildern usw, z. B. in den Zeichnungen und
Aquarellen von Marie Henriques (Kopenhagen). Der
mystisch-mythologische Herrn. Hendrich gewinnt bei
wiederholter Betrachtung. In seinen nebeligen Gemälden
nach R. Wagner, nach Goethes Märchen von der grünen
Schlange u. dgl. steckt jedenfalls Schöpferisches.
Sein französisches Seitenstück, H. Fantin-Latour, war

bei Schulte u. a. durch Lithographien »Oeuvre de Wagner«
und »Oeuvre de Berlioz« vertreten. Bei Keller &
Reiner fielen ihm gegenüber die auf heroische Sehn-
sucht oder auf Ähnliches ausgehenden Landschaften von
Th. Wolf-Ferrari ab, zumal durch ihre etwas derben
Graufarben in breitkurzer Strichweise.
Als Plastiker interessierte uns Paul Peterich aus
Florenz besonders durch ein sehr zart getöntes, anmuti-
ges Madonnenrelief, das ein wenig über bloße Welt-
lichkeit hinausreicht, dann durch seine getönte Gruppe
von Mutter und Kind: »Das erste Lächeln«, durch Por-
trätbüsten u. dgl. Seine Marmorstatue »Schönheit« ist
von der Stadt Charlottenburg zur öffentlichen Auf-
stellung angekauft.
Bei Gur litt interessierte die Ausstellung -des wohl-
bekannten Graphikers Emil Orlik besonders durch
seine Verarbeitung japanischer Eindrücke sowie durch
seine Entwürfe für eine Drehbühne.
Des Weimarers Theod. Hagen Landschaften lassen
Äußerlich-Gröberes und Innerlich-Feineres unterscheiden.
Der seit kurzem beliebte Dresdener Rob. Sterl kam
mit Porträts, unter denen »Mutter und Kind« ebenso
Hervorhebung verdient, wie unter den Plastiken von
Fritz Klinisch eine Mutter mit Töchterchen.
Die »moderne« »Aestheten«-Art der ausdruckslosen, oft
wie absichtlich dummen Gesichter, der die Körperlich-
keit ersetzenden Flächen und der mehr dem Eigensinne
des Subjektes, als dem Eigentlichen des Objektes dienen-
den Vereinfachungen blüht bei Karl Hofer, einiger-
maßen auch bei K. Otto-Müller, dessen mehr graphi-
sche als malerische Blässe wenigstens durch Zartheit
anzieht. Einen belebenden Gegensatz dazu zeigen von
dem gut Düsseldorfisch bewährten Historien- und Fres-
kenmaler F. Klein-Chevalier mehrfache Bilder, zumal
solche mit den Motiven schleppender Arbeiter u. dgl.
Zuletzt kamen Stuttgarter, denen unsere Eingangsworte


MAX GIESE, MÜNCHEN

DIE ALTE MOOSHÜTTE
 
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