Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

DOI Artikel:
Mallinger, Leo: Ein französisches Künstlerpaar: Herr und Frau Duhem
DOI Artikel:
Reiners, H.: Kölner Kunstbrief
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0207

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SW KÖLNER KUNSTBRIEF UV

175

andere die biblischen Figuren deutsch kleiden, tut Stein-
hausen dies mit der Umgebung biblischer Szenen. Das
Triptychon vom barmherzigen Samariter führt uns in
deutsche Landschaftsidylle; und wie uns die Samariterin
am Brunnen an einen vertrauten Waldesrand und Wiesen-
hang bringt, so ist es uns vor mehreren bloßen Land-
schaften so, als müßte auf ihnen eine biblische Szene sicht-
bar werden. So beim Morgen im Schwarzwaldtal; so bei
der Nordseedüne auf Sylt; sie erscheint wie eine Studie
zu »Moses und der brennende Busch«, das eine wahr-
haft sprechende Landschaft enthält.
Steinhausens Bilder der freien Natur gehen, wie be-
sonders zwei Morgenlandschaften zeigen, »gut ausein-
ander« — wenigstens dadurch, daß rückwärts noch ver-
waschener gemalt wird als vorne. Liier erscheint manch
liebliche Blumenzier markiert und bildet etlichemal ein
Zentrum, um das sich das übrige wie eine Folie legt.
Häufiger ist es umgekehrt: der Vordergrund geht wie
dienend auseinander und konzentriert unser Interesse nach
rückwärts. Ein hübscher Durchblick weist beim »Birken-
wald im Frühling« durch gelbliches Grün hindurch auf
ein Tiefgrün. Ufer und See sind auf Bildern wie >üm-
blümter Weiher« und »Uglaisee« gut ineinandergearbeitet.
Viele Landschaftsbilder zeigen eigenartige rundliche
Ubereinanderschichtungen. Von dem konkaven Vorder-
grund eines Nordseestrandes geht es hinauf zum Meere,
dann zum hellgelben Himmel, endlich zur grauen Wolken-
schicht. Die Bodenseeinsel leitet vom See zum Ufer-
hügel, zum Blauhimmel, zur Wolkenschicht; Ährenfeld
bei untergehender Sonne wölbt ebenso den Weg, das
Getreide, zwei Wolkenschichten und dazwischen den
gelblichen Himmel übereinander. — Die Schwarzwald-

tannen zeigen sozusagen Steinhausens Aufweichung des
Naturbildes, als Gegensatz etwa gegen K. Heiders Spitz-
linien.
Neben einigen belanglosen »absoluten« Porträts lassen
andere wieder das Drüberhinaus fühlen, ohne doch den
Bildnissinn zu verlieren. Von zwei Selbstporträts in-
teressiert namentlich das mit dem Bodensee durch die
Farbenwärme der Figur vor der Kälte des Blau und Grau.
*
* *
Wir freuen uns lebhaft eines solchen ganz eigentlichen
Nationalbesitzes und wünschen ebenso lebhaft, daß keine
cliquenhafte Uberbewunderung aus dem Künstler etwas
mache, das er nicht ist, oder gar in die Schlichtheit
störend eingreife, die so anmutend aus seinen Schöp-
fungen spricht.
KÖLNER KUNSTBRIEF
Vunächst eine interessante Mitteilung aus der alten
Kölner Kunst: der Klarenaltar im Dome, der bisher
als ein Werk des Meister Wilhelm galt, außerordentlich
oft und intensiv angestaunt ward als das bedeutendste
und erste Erzeugnis eines neuen, malerischen Stiles in
der alten Kölner Schule, ist, wie sich in den letzten
Wochen herausgestellt, vollständig übermalt, und unsere
bisherige Bewunderung galt einem Machwerke des 19. Jahr-
hunderts. Und was sich unter dieser Schale allmählich
enthüllt, schließt sich stilistisch so schön an die vorauf-
gehenden Epochen an, die uns in den Malereien der
Chorschranken und den Wandgemälden aus St. Andreas
ihre charakteristischen Werke hinterließ, daß die Ent-


HENRI DUHEM

HEIMKEHR DER HERDE
 
Annotationen