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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

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Kleinschmidt, Beda: Die Miniaturen der Exultetrollen: ihre Kunstgeschichtliche Bedeutung
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https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0211

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r/w DIE MINIATUREN DER EXULTETROLLEN

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CHRISTUS AUF DEM THRONE. Abb. 1 zu folg. Art.

DIE MINIATUREN DER EXULTET-
ROLLEN
IHRE KUNSTGESCHICHTLICHE
BEDEUTUNG
Von BEDA KLEINSCHMIDT O. F. M. in Harreveld,
Holland
Mit 8 Abbildungen im Text
Vor längerer Zeit durfte ich in diesen Blättern
die Aufmerksamkeit weiterer Kreise hin-
lenken auf das frische künstlerische Leben,
welches in den süddeutschen Miniaturen des
späten Mittelalters pulsiert. Heute möchte ich
gleichfalls von diesen Dornröschen unter den
Kunstgebilden reden und zwar über eine eng
begrenzte, bei uns bisher wenig beachtete
Gruppe, es sind die Miniaturen der soge-
nannten Exultetrollen. Allerdings hat
bereits Fr. X. Kraus über sie einige Angaben
gemacht,') und es zugleich beklagt, daß fast
das ganze Material noch unpubliziert sei, wobei
er freilich die tüchtige Studie des so früh heim-
gegangenen AdalbertEbner über diesen Gegen-
stand übersehen hatte.* 2 * 4 5) Indes auch Ebner
kannte die erhaltenen Rollen doch nur zum
geringsten Teil aus eigener Anschauung. Ich
widmete denselben auf einer Studienreise im
südlichen Italien eine besondere Aufmerksam-
keit, da sie mein Interesse bereits seit Jahren
erregt hatten. Aber erst die wertvolle Publikation
Dom Latils 3) und besonders die Forschungen
T) Geschichte der christlichen Kunst II. 1. 55 ff.
2) Kirchenmusikalisches Jahrbuch VIII (1893), 73—83.
3) Les miniatures des rouleaux d’Exultet, Monte Cassino
1899—1901. Es sind teilweise zum erstenmale und farbig

des trefflichen Kenners süditalienischer Kunst
E. Bertaux 4) gestatten uns einen völligen
Einblick in den Wert und Unwert dieser
Miniaturen, die auch für die Geschichte der
nordischen Malerei eine größere Bedeutung
haben, als man bisher annahm.
Unter Exultetrolle versteht man einen langen
Pergamentstreifen, auf welchem der Text der
von einem Diakon am Karsamstag-Morgen
feierlich vorgetragenen Lobpreisung Gottes
geschrieben steht. 5) Da dieser Hymnus, dessen
kirchliche Bezeichnung Praeconium Paschale
ist, mit den Worten anhebt, »Exultet iam
angelica«, so benennt man ihn gewöhnlich mit
dem Anfangsworte. Derartige Rollen (Röteln
von Rotulus) sind allerdings heute nicht mehr
im Gebrauch, aber es hat sich eine größere
Anzahl aus der Zeit von 1000 —1300 in Süd-
italien erhalten, welche fast die einzigen Denk-
mäler für die Geschichte der Miniaturmalerei
dieses Landes in dem angegebenen Zeitraum
bilden. Der Hauptinhalt des Hymnus ist näm-
lich durch Miniaturen veranschaulicht, die teils
zur Illustration des Textes dienten, teils zur
Belehrung desVolkes, das dieselben betrachtete,
wenn der Diakon, auf dem Ambon stehend,
während des Gesanges den Pergamentstreifen
abrollte und über die Brüstung herabhängen

folgende Rollen publiziert: 1. die Rolle von Monte Cassino,
2. Capua, 3.4. 5. von Gaeta, 6. von Fondi, 7. von Mirabella
Eclano, 8. ein Fragment unbekannter Herkunft.
4) L’art dansl’Italie meridionalel (Paris 1904), 216—240.
5) Über Alter und Ursprung dieses Ritus vergl. meine
Abhandlung in der Linzer theologischen Quartalschrift
1909, 2. H.

Die christliche Kunst. V. 6.

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