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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

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Wolter, Franz: Die X. internationale Kunstausstellung in München 1909, [2]
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366 X. INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG IN MÜNCHEN ^3

DIE X. INTERNATIONALE KUNST-
AUSSTELLUNG IN MÜNCHEN 1909
Von FRANZ WOLTER
(Fortsetzung)
Recht bedeutend ist die Secession diesmal nicht
vertreten. Ihre eigentliche Stärke beruht
noch immer in den Persönlichkeiten der
Gründer, diese aber selbst haben entweder
gar nichts oder so ausgestellt, daß, von Al-
bert von Keller abgesehen, wir ihre Vertre-
tung nur als Visitenkarte betrachten können.
Wir haben früher schon Uhde, Zügel,
Habermann besser gesehen, obschon Uhdes
»Zwei Kinder« wieder beredtes Zeugnis seiner
tüchtigen Meisterschaft ablegt. Merkwürdig ist,
daß sich einige Künstler der Secession, die
Persönliches zu sagen hätten, immer mehr
in sklavischer Nachahmung Uhdes ergehen.
Es läßt sich freilich der persönliche Stil eines
Meisters schwer nachmachen, nur die Äußer-
lichkeit, die Manier wird übrig bleiben. Recht
tüchtige Leistungen sind die beiden größeren
Bilder von Angelo Jank, von denen die
Jagdgesellschaft in ihrer Farbenfreudigkeit und
auch in der eminent tüchtigen Durchbildung
der Einzelheiten bis auf die gut studierten
Jagdhunde, den Vorzug verdienen. Uber A.
v. Keller und seine Kunst haben wir bei Ge-
legenheit seiner Ausstellung im Sezessions-
gebäude eingehender gesprochen, und die Ver-
mutung, die daran geknüpft wurde, daß wir
noch weitere Fortschritte dieses feinfühlenden
Meisters erwarten dürften, ist nicht nur in
Erfüllung gegangen, sondern noch durch die
neueren Arbeiten überboten worden. Ganz
abgesehen von der dramatischen Kreuzigungs-
gruppe fesseln doch zumeist die Damenbild-
nisse Kellers und unter diesen ist das Bildnis
einer eleganten Schönen mit Schleier ein Juwel.
Hier ist eine Symphonie in zartem Grün mit
helleren rötlichen Tonwerten gegeben, die
wie ein Gedicht anmutet. Mit wie scheinbar
geringstem Aufwand von Mitteln ist hier die
größte Wirkung erzielt! Dies allein kennzeich-
net den Meister.
Mit welchem Aufgebot technischer Mache
arbeitet dagegen M. Slevogt. Das Bildnis
einer Schauspielerin als Kleopatra ist schwer-
fällig und plump, trotz der kompositionell ge-
zwungenen Beweglichkeit. Dazu hängt der
Künstler im Hintergrund seines Vorbildes
rätselhafte Dinge auf, die nicht begleitend und
untergeordnet erscheinen, sondern vordring-
lich. Es fehlt hier vor allem die Übersicht des
Totaleindruckes und mit dieser zugleich die
Breite des Vortrags. Letztere Eigenschaften

besitzt wohl Richard Pietzsch, welcher
dieselben mit deutschem Naturgefühl stets zu
beseelen bestrebt ist. Auch seine diesjährigen
Bilder beweisen dies, nur geht er, wie in
seinem besten Bilde »Vorfrühling in Grün-
wald«, nicht logisch vor. Manches ist doch
zu sehr aus der Tiefe des Gemütes geschöpft,
so daß das grüne Wasser nicht als Wasser
bei diesem tiefblauschwarzen Himmel über-
zeugend gegeben ist. Als treffliche Studien-
arbeit dürften die »Malschüler« von Herrn.
Groeber zu betrachten sein.
Leo Samberger hat wieder einige seiner
bekannten trefflichen Schilderungen auf dem
Gebiete der Porträtkunst beigesteuert. Neben
der vornehmen Erscheinung Sr. Exzellenz des
Reichrats Ferdinand von Miller sehen wir u. a.
das charakteristische Bildnis Professor Bradls,
in einer humorvollen Situation gegeben, die
wir bei dem Dargestellten rühmlichst kennen.
R. Schramm-Zittau, der Vertreter des Ge-
flügelhofes , der plätschernden Enten und
schnatternden Gänse, bringt von der letz-
teren Sorte ein Monumentalgemälde, das
schon durch seine Größe auffällt. Es ist
ja in der Tat sehr schwierig, eine ganze
Gänseherde in ihrer eilenden Bewegung zu
malen und Schramm als tüchtiger Maler, der
sein »Metier« versteht, hat viel geleistet, aber
es ist zu viel Ausstellungskunst. Einladender
wirken Dinge, die ein stilles Versenken in das
Thema ermöglichen, wie die duftigen, in zar-
tem Silberton gemalten Frauen mit weißen
Blumen von Hans Borchardt, eine träume-
rische Landschaft von Toni Stadler, »Der
Sommertag« von Georg Fl ad, die äußerst
zart und prickelnd gemalten Stilleben und
Blumen von Th. Hummel oder gar die
blendenden Interieurs von Gotthardt Kuehl.
Über Flerm. Pleuers Eisenbahnen und Ch.
Toobys großes Kuhbild ist nichts Neues zu
berichten, diese Maler können auf ihrem ein-
mal gewählten Stoffgebiete nichts hinzufügen.
Ernst Oppler dagegen schreitet im Bildnis-
fache gut vorwärts, ebenso A. Weißgerber
in seinem Selbstporträt; die Kreuzigungsskizze
jedoch muß sogar als Skizze abgelehnt werden.
Das ist zu brutal und roh in der Auffassung
sowohl als in der Mache. Vortrefflich wirken
Richard Kaisers »Vorfrühlingstag« und
der »Möhrenbach bei Treuchtlingen«; Fr.
E ckenfeld er s »Schimmel« in der Schwemme
beweisen, wie nicht alles in Abhängigkeit von
der Zügel-Schule gemalt zu werden braucht, um
dennoch Wirkung und Kraft zu haben. Gar zu
käsig und dabei zerflossen kommt der weib-
liche Akt von Max Feldbauer heraus. Dieser
Maler hat unzweifelhaft Talent, aber es fehlt
 
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