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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

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Lüthgen, Eugen: Charakteristik der spätgotischen Holzplastik des Inn-Salzach-Gebietes
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https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0157

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ABB. i. LINKER SEITENALTAR IN EMERTSHAM (OBBAY.)
UM 1530. — Text S. 130


CHARAKTERISTIK DER SPÄTGOTISCHEN HOLZPLASTIK
DES INN-SALZACH-GEBIETES
Von Dr. G. E. LÜTHGEN

FAas Inn-Salzach-Gebiet, d. h. das Land zwi-
sehen Inn und Salzach nördlich von Tirol,
gehörte während des ganzen Mittelalters zu
der Erzdiözese Salzburg. Als Metropole der
ehemaligen Kirchenprovinz Bojarien war Salz-
burg in der Tat das »alte Kulturzentrum des
deutschen Südostens«. Von jeher lag hier ein
Hauptsitz des Kunstlebens für das jetzige Ober-
bayern.
Die natürlichen Grenzen des Inns und der
Salzach, die vorherrschende Stellung Salzburgs
gaben der Kunst dieses Gebietes starke ge-
meinsame Züge: Gleichartigkeit in der Vor-
liebe für Stoffe, die mehr einer gefühlsmäßi-
gen als intellektuellen Behandlung zugänglich
waren ; Gleichförmigkeit in der Wahl formaler
Motive, die scharfer Akzentuierungentbehrten;
dazu die Neigung zu einer die individuellen
Verschiedenheiten stark verschleiernden Form-
gebung.
Das Charakteristische des Salzburger For-
mensinnes liegt in seiner Entlehnung von Ele-
menten italienischen Formgefühles. Ein leises

Nachklingen des feinen Geschmackes der rei-
fen Kultur der romanischen Rasse scheint hier
Gleichwertigkeit der formalen und psychischen
Probleme bedingt zu haben. Doch nur zu-
weilen ungetrübt. Denn allzu oft wird durch
merkwürdige, fast bäurisch-barocke Einfälle
das in seinem Wesen erfaßte Formprinzip
gänzlich verdeckt.
Die tiroler und italienischen Anregungen
in der Formensprache des Inn-Salzach-Gebietes
hat für die Malerei B. Riehl eingehend nach-
gewiesen.1) Der spezifische Charakter der ge-
samten Kunst dieser Gegend wird bestimmt
durch die Kunst Südtirols, »deren Eigenart
wieder wesentlich ihre Beziehungen zu Ober-
italien bedingen«.
Vor einer Überschätzung dieser italienischen
Elemente in der Kunst Tirols muß man sich
jedoch hüten. Denn daß die eigenen selb-
’) B. Riehl, Studien zur Gesch. d. bayer. Malerei des
XV. Jahrh. 1895, S. 60. Vergl. auch Lüthgen, Die Holz-
plastik der Spätgotik im Gebiete zwischen Inn und Salz-
ach, S. 10 ff. Diss. München 1907.

Die christliche Kunst. V. 5. 1. Februar 1909

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