Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

DOI Artikel:
Schwarz, M.: Das einstige Oratorium bei Sta. Maria in Vallicella in Rom
DOI Artikel:
Stöckhardt, Ernst: Stuttgarter Kunstbericht
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0250

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
214

ÖW STUTTGARTER KUNSTBERICHT ^3


KASULA (VORDERSEITE) VON BERNHARD WENIG
Vgl. Abb. S. 215

werke gemahnenden Klarheit und mühelosen
Selbstverständlichkeit werden die oft recht
verwickelten Verhältnisse und die Genesis der
Lösungen ausgebreitet; eine Unzahl von Details
wird aus lebendigster Anschauung heraus mit-
geteilt.
Das Gebäude, das Boromino so in jahre-
langer Arbeit dem Institute angeschaffen hat,
ö o 7
ist von der gegenwärtigen italienischen Regie-
rung seinem Zweck entzogen worden. Es
läßt sich vermuten, daß man hier eine ähn-
liche Erfahrung macht wie beim ebenfalls ent-
eigneten Collegio Romano der Jesuiten, das
man zu nichts recht gebrauchen kann und gern
wieder los hätte. Das ist eben der Fluch,
der dieser Sünde an der Architektur, der
Zweckentfremdung, naturgemäß folgt.
STUTTGARTER KUNSTBERICHT
Vom Württembergischen Kunstverein. Carl
vonHäberlin. Friedrich Keller im Stuttgarter
Galeri e v er ein. Stuttgarter K uns tl er b u n d.
Schwäbische Maler. Erich Erler-Samaden.
Die Münchner »48«. Münchner, Berliner,
Dresdner, Wiener und andere Maler. Plastiker.
Von ERNST STÖCKHARDT
l)er Wür11embergisehe Kunstverein stellt sich
begreiflicherweise in erster Linie den einheimischen
Künstlern zur Verfügung, manches junge, aufstrebende

Talent verdankt ihm sein Emporkoinmen, und es ist in-
folgedessen nirgends ein besserer Überblick über deren
Leistungen zu gewinnen, wie in jenen sachkundig ge-
leiteten Räumen. Dort aber bot sich mir jüngst ein über-
raschendes Bild.
So weit ich zurückdenke, so viele Gemäldesammlungen
ich besichtigt habe, noch niemals sah ich ein solch »aus-
verkauftes Haus«, wie gelegentlich der Ausstellung von
Gemälden und Skizzen unseres Nestors Carl von Häber-
lin-Stuttgart. Alle seine kleineren Arbeiten trügenden
Vermerk »Verkauft« ■— eine geradezu phänomenale Er-
scheinung, vollends in jetziger geldarmer Zeit, wo bei
den, ich möchte sagen: berüchtigten (weil die Künstler-
schaft schwer schädigenden sogenannten) Kunstauktionen
oft kaum der Rahmen bezahlt wird. Mancher jüngere
Maler aber wird nicht ohne Neid den Riesenerfolg des
1832 geborenen Meisters beobachtet haben. Es wäre
aber ein großer Irrtum, ihn lediglich als Ausfluß des
Lokalpatriotismus aufzufassen. Die Häberlinsche Kollek-
tion zeigte in hochinteressanter Weise den Werdegang
des Künstlers von der Studienzeit in München bis in
die letzten Monate. Ihren Mittelpunkt bildete das große,
jetzt freilich nicht mehr zeitgemäße Galeriebild »Christen-
verfolgung«, in der Komposition deutlich an die Münch-
ner Schule zu Pilotys und Lindenschmitts Zeit erinnernd,
vorzüglich gezeichnet, im Kolorit etwas matt, wie es
damals eben beliebt war, bis auf die kräftig und effekt-
voll hervortretende Mittelgruppe des gesteinigten greisen
Märtyrers und seiner schönen Tochter — trotz der ver-
änderten GeschmacksrichtungeinWerk von hohem, künst-
lerischem Wert, welches immerdar eine Zierde des Braith-
Museums in Biberach bilden wird. Ebenfalls überaus
fein in der Zeichnung und dem an niederländische Vor-
bilder erinnernden Kolorit ist das kleine Bild »Ein Hu-
manist«, während das große Gemälde »Gewissen« der
späteren Freilicht-Periode angehört: Ein von den Furien
Verfolgter hat sich in eine Höhle geflüchtet, um hier
seinem Leben ein Ende zu machen, jene aber drängen
aus dem hellen Tageslicht nach — ein packender Vor-
wurf 1 Sichere, wie immer exakte Zeichnung, effektvolle
Farbenkontraste bringen diese naturalistisch durchgeführte
Komposition zu höchster Wirkung. Von Theatralik und
Atelierlicht ist hier schon nichts mehr zu spüren, und
dieser Richtung blieb der Meister treu, wie sein großes
Familienbild »Im Garten« aus dem Jahre 1908 deutlich
zeigt, welches zugleich die ungeschwächte Künstlerkraft
der 76jährigen Meisters erkennen läßt: Ganz sonnig,
ohne raffinierte Reflexe gemalt, sitzen die lebensgroßen
Figuren in anmutiger Gruppierung und Ungezwungen-
heit um den Tisch im Grünen.
Bevor ich zu unseren jüngeren Künstlern übergehe,
möchte ich hier der umfangreichen Kollektion von Ge-
mälden, Skizzen und Studien gedenken, welche unter
der dankenswerten Ägide des Stuttgarter Galerie-
vereins fast gleichzeitig mit der Häberlinschen im Mu-
seum der bildenden Künste zur Ausstellung gelangte,
unseres 1840 zu Neckarwaihingen geborenen Professors
Friedrich K e 11 e r - Stuttgart, dem Nachfolger Häber-
lins als Leiter der technischen Malklasse an der Kunst-
akademie. Wohl waren von nah und fern Werke von
ihm zusammengetragen, um ein ungefähres Bild seines
Lebens Werkes zu bieten, aber es fehlten doch gerade
jene großen dekorativen Arbeiten, die Keller für den
Drachenfels a. Rh., für das Justizgebäude in Ulm, für
diverse Kirchen u. a. O. geliefert hat und des Meisters
bedeutendste Werke darstellen. An deren Stelle traten
wenigstens mehrere flott hingeworfene skizzierte Ent-
würfe, welche die Sammlung wirkungsvoll ergänzten.
Hierbei zeigte sich evident, daß die großzügige dekorative
Kunst Kellers ihren grundlegenden Ursprung in der
Dekorationsmalerwerkstatt hat, wo er seine Laufbahn be-
gann und sein Talent entdeckte. Dies führte ihn nach
 
Annotationen