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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

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Schmidkunz, Hans: Berliner Kunstbrief
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Hoffmann, Richard: Meisterwerke religiöser Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0190

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i6o

EW MEISTERWERKE RELIGIÖSER KUNST KM3

ALFRED KLEM (MÜNCHEN) DEKORATIVE FIGUR
An einer Chorstuhlwange in Sennheim (Atelier Klemm)


Unklarheit zeigt sich z. B. durch die arge Verdunkelung
einer Heiligen Nacht unter Bäumen von P. W. Harnisch;
im übrigen führen seine stilisierten Landschaften wieder
dem Lithographischen nahe. Silhouettige Figuren er-
gänzen die Landschaften vonC.A. Brendel; der großen
Alpennatur und der großen Segantini-Kunst eifert C. Arp
nach, zumal durch Bilder aus Samaden; Münchner-Ma-
rienplatz-Stimmungen leben bei C. Bössenroth. Mo-
dernen Linienschwung zeigen Porträt- und Tanzstudien
von dem Lehrer an der Kunstgewerbeschule Magdeburg,
M. Koppen. Interieurs u. dgl. von C. Murdfield und
gar einen eigenartigen Franziskaner, der auf einem Stuhle
vor einem Wandteppiche sitzt, von Ch. Schuch sieht
man immer wieder gern. — Porträtplastiken vonW. Löbach
und ähnliches von S. Järay sind eine willkommene Er-
gänzung dieser Mannigfaltigkeiten.
Einförmiger, obgleich zahlreiche deutsche Kunststätten
vertretend, blicken uns die typischen Landschaften u. dgl.
bei Wertheim an. In überzeugender Weise malt der
Brüsseler J. Framjois einen Bach in den Ardennen
und Verwandtes; ein Torfmoor des Karlsruhers R. Bäu-
mer, Strandfiguren u. dgl. von E. Kuithan in Jena,
dessen Bewegungskraft nicht mehr unbekannt ist, heben
sich hervor. Die sehr abgekürzte Formensprache von
G. Bechler in Maurach führt wieder zur Verwandtschaft
mit der Lithographie zurück.
Den Spanier F. Goya (1746—1828) treibt jetzt die
Mode empor. Seine Sonderausstellung bei Cassirer zeigte
auch zwei religiöse Kleingemälde um 1770: »Verkün-
digung« und »Der Tod des heiligen Joseph« — flüch-
tige Rokokotypen. — Unter den Modernen desselben
Salons fielen uns Fischermädchen u. dgl. von Leopold
Braun auf, wohl dem aus Wien stammenden, dann in
München und weiterhin in Paris (auch durch Illustratio-
nen) tätigen Maler. Dr. Hans Schmidkunz, Berlin-Halensee
MEISTERWERKE RELIGIÖSER KUNST.
T Inter diesem Titel soll im Verlage der Gesellschaft für
christliche Kunst eine Reihe von Mappen erscheinen,

die zweifellos von allen Kunstfreunden auf das freudigste
begrüßt wird. Eine schönere Aufgabe konnte sich wohl
auch die Gesellschaft nicht stellen, als Werke erstklassiger
Meister auf dem Gebiete der religiösen Kunst der breiten
Öffentlichkeit in einer Ausführung zu bieten, bei der
originaltreueste Wiedergabe und eminenteste Licht-
beständigkeit der Farben das hervorragendste Moment
bilden. Die soeben erschienene erste Serie1) besteht aus
sechs Nummern, die eine elegante Mappe umschließt.
Unter diesen Kunstblättern begegnet uns zweimal der
Name Martin Schongauer, dann der Name des Maler-
fürsten Raffael Santi, des Gerard David, Pietro
Perugino und endlich jener des Jan van Eyck. In
glücklichem Wechsel mischen sich mithin italienische
Großmeister mit einem oberdeutschen Maler und zwei
niederländischen Künstlern aus der besten Zeit der Gotik
und der frühen Renaissance. Der begleitende Text hat
Dr. Johannes Damrich zum Verfasser, dessen Na-
men wir schon des öfteren in Publikationen der Gesell-
schaft gelesen haben. In knapper Kürze erfahren wir
hier das Notwendigste über des jeweiligen Meisters Le-
ben und Wirken. Dann geht der gelehrte Verfasser zur
Charakteristik der einzelnen Bilder über. In weiser Mä-
ßigung verweilt er dabei nicht lange. Er will nicht er-
schöpfend sein in seiner Schilderung, er will nur An-
regung geben. Das genügt ihm. Im übrigen soll der
Beschauer sich selbst in die Schönheiten der einzelnen
Bilder versenken und vertiefen. Und ein Versenken und
Sichvertiefen sind die herrlichen Blätter wahrlich wertl
Einzigartiges hat die Aquarellgravüre erreicht. Eine solche
Wirkung vermöchten der Drei- und Vierfarbendruck nie
zu erzielen. Wir haben es in der Tat nicht mehr nötig,
die oft so schwer zu erreichenden Sammlungen und
Galerien zu besuchen, um die dort aufgestellten Originale
zu betrachten, die ganz vorzügliche Technik der Aquarell-
gravüre läßt uns das Original gewiß nicht allzusehr
vermissen. Wie trefflich entspricht z. B. das leuchtende
Rot und das tiefe Blau der Gewänder auf den beiden
Kunstblättern von Martin Schongauer der Wirklichkeit,
wie glücklich ist der zarte landschaftliche Ausblick auf
dem zweiten Schongauer-Bilde »Die Geburt Christi«
wiedergegeben! Und das wundervolle Inkarnat bei der
Madonna del Granduca des Malerfürsten! Auf dem Bilde
Gerard Davids, »Die Vermählung der hl. Katharina« ent-
zückt uns die vorzügliche Wiedergabe der unübertreff-
lichen Stoffbehandlung jenes Meisters in den farben-
prächtigen Samten und weichen Wollstoffen. Wir glau-
ben, bei Betrachtung dieses vierten Kunstblattes dem
wohlbekannten Original in der hiesigen Pinakothek
gegenüberzustehen. Die »edle Gelassenheit, die klas-
sische Schönheit«, wie der Verfasser des Textes sich
treffend ausdrückt, können wir auf dem folgenden fünften
Kunstblatte der Vision des hl. Bernhard von Pietro Peru-
gino bewundern. Und schließlich vermögen wir kaum
den Blick zu wenden von der »Madonna« Jan van Eycks,
in so vollendeter Weise ist auf dem letzten Blatte das
berühmte, in der Städelschen Galerie zu Frankfurt a. M.
befindliche Original getroffen!
Wir wüßten nicht, welchem unter den sechs Kunst-
blättern wir den Preis zuerkennen sollten. Alle sind
in gleicher Meisterschaft ausgeführt. Von ganzem Herzen
beglückwünschen wir die Gesellschaft für christliche
Kunst zu diesem Prachtwerke und wünschen angelegent-
lichst, daß bei den unverhältnismäßig niedrigen Preisen
der einzelnen Kunstblätter das Werk die weiteste Ver-
breitung finden möge. Dr. Richard Hoffmann

’) Meisterwerke religiöser Kunst in Aquarellgravüre. Serie I,
enthaltend sechs Kunstblätter, Kartonformat 69X51 cm. In eleganter
Mappe M. 2$.—. Mit Text von Dr. J o h a n n e s Damrich. Einzelpreis
eines jeden Blattes M. 6.—.

Für die Redaktion verantwortlich : S. Staudhamer (Promenadeplatz 3); Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst, G. m. b. H.
Druck von F. Bruckmann A.-G. — Sämtliche in München.
 
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