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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

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Wolter, Franz: Die Frühjahrsausstellung der Secession München
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https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0291

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&W FRÜHJAHRSAUSSTELLUNG

DER SECESSION MÜNCHEN ^3


JOSEPH KOPP GRABDENKMAL BAUMBACH
Im südlichen Friedhof ztc München

lieh, daß solch ein gewaltiges Talent, wie es
diese höchst malerischen und fein empfun-
denen Blätter verraten, nicht Anerkennung
zu finden vermochte. Und doch versteht man
es wieder, zieht man in Betracht, daß gerade
die feinsten Künstlernaturen, die, welche nicht
schreien, nicht mit Ellenbogenkraft sich durch
die Menge den Weg bahnen wollen, einsam
bleibend oder tauben Ohren predigend, in
Unbeachtetheit dahinschwinden. Die hasten-
den, nervösen Menschen unserer Epoche haben
keine Zeit mehr, selbst zu suchen, sie haben
auch am Ende nicht das Verständnis für die
Kunst, sie sind direkt auf die Künstler ange-
wiesen, die als die »Guten« abgestempelt,
jede weitere Bemühung betreffs Garantie der
Tüchtigkeit überflüssig machen.
Als schon bekannter Meister gilt Paul
Crodel, von dem drei tüchtige Arbeiten vor-

handen, Theodor Essers »Motiv aus einem
zoologischen Garten« ist von sonniger Heiter-
keit und Klarheit. Dasselbe gilt von den
weichen, feinwertigen Leistungen Rudolf
Nissls, von Charles Vetter, H. B. Wie-
landt und Richard Winternitz, der immer
mehr den Bahnen Uhdes zu folgen bestrebt
ist. Letztgenannter Meister ist mit einem
kleineren Bilde, aber einer Perle im modernen
Sinne vertreten; spazierende junge Damen
am sonnigen Nachmittag. Ist hier wirklich
flutendes Sonnenlicht wiedergegeben, so ist
der gleiche Versuch bei den Arbeiten Eugen
Wolffs gescheitert. Besser gelangen diesem
Maler einige Interieurs von kräftigem Far-
benreiz.
Als Techniker dürfte wohl Theodor Hum-
mel mit am höchsten zu bewerten sein, alles,
was er anfaßt, gelingt ihm, kein Thema ist
zu schwer, er hat sein Handwerk gelernt wie
selten einer, nur bedauert man, daß dieser
Maler und Könner sich nicht dazu aufschwin-
gen kann, mit dem Erlernten nun etwas zu
schaffen. Man erfreut sich an seinen roten
Rosen, seiner sonnigen Landschaft, oder an
seinem größten Bild, dem Innenraum einer
Brauerei mit dem Gewirr von Kupferkesseln,
Treibriemen, Geschirren, Rädern und Stangen,
aber man bedauert zugleich, daß all diese
Geschicklichkeit an einem innerlich so ma-
geren Thema verschwendet wurde. Den mo-
dernen Malern ist nun einmal ein jeder Ge-
genstand, es mag sein, was es will, als rein
farbige Erscheinung oder als Träger von Luft
und Licht geeignet als Vorwurf zu einer
Malerei, ob sie nun hier einen Bräuhauskessel
vorstellen oder dort eine Strickmaschine,
kommt nicht in Betracht. Ja selbst die mensch-
liche, nackte Gestalt wird unter keinem an-
deren Gesichtspunkt aufgefaßt. Diese gleich-
wertige Behandlung aller Objekte führt zu
einer Einseitigkeit, die darin besteht, daß man
das Wesen der Dinge verkennt und nun alles,
ob lebend oder tot, ein und derselben Pro-
blemdurchführung unterwirft. So behandelt
zwar in feinen, perlmutterartigen Tönen Josef
Hühn eine Salontüre, und die Dame, welche
davorsteht, ist Nebensache, und so wie die
Salontüre ist die »Balkontüre« und das Bild
»An der Balkontüre«. Des weiteren arbeitet
nach dieser Richtung Paul Roloff. »Am
Büfett« heißt seine Studie und ein nacktes
Mädchen steht vor diesem. Weshalb eigent-
lich? Am weitesten ging wohl Jul. Seyler
in seiner merkwürdigen Leistung »Durch die
Furt« und in der abstoßenden Wiedergabe
eines sich aus-oder anziehenden Modells. Weit
erfreulicher ist das Bestreben von Richard
 
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