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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

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Wolter, Franz: Die X. internationale Kunstausstellung in München 1909, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0385

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336 X. INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG IN MÜNCHEN Mö


L. CASTEX

BETRACHTENDER MÖNCH
Ausstellung für christliche Kunst, Düsseldorf 1909

liehen Werte zu ordnen. Gleich in den
ersten Sälen fällt dies auf, wenn man das
ungemein delikate Interieur mit der Dame in
heller Kleidung von Carl Albrecht in Ver-
gleich zieht mit ähnlichen Themen. O. Frei-
wirth - Lützo ws »Gevatterin« macht hier
eine rühmliche Ausnahme, der Künstler führt
uns in die Zeit unserer Urgroßväter zurück
und schildert mit feinem Verständnis für Licht
und Schatten ein behagliches stilles Heim von
warmer Beseelung der Gestalten. Daß selbst-
verständlich die altbekannten Namen imReiche
der Kunst, die Defregger, Grützner, M.
Schmid, L. Willroider, J. Wenglein, J.
Wopfner, F. Simm, A. Fink, Walter
Firle, G. Papperitz nicht fehlen, sei nur er-
wähnt. Von zwingender Stimmungsgewalt
sind sowohl die Schnee- und Gebirgsbilder,
als namentlich »Die Hochsee« von Hans
von Petersen. Gerade in letzterem Gemälde
verstand es der Künstler, wieder jene Note
hineinzutragen, die von der Unendlichkeit des
Meeres in seiner elementaren Gewalt kündet.
Ganz anders sieht G. Schönleber die welt-
umspannenden Gewässer. Sein »Abend am

Strande« mit dem ein-
samen Boot gleicht ei-
nem friedlichen Volks-
lied und A.Bachmann
und K. Boehme haben
ebenfalls in ihrer Art
Beisteuer zu jenen Vor-
würfen geleistet.
Die religiöse Malerei
verschwindet von Jahr
zu Jahr mehr aus den
offiziellen Ausstellun-
gen, sie wird wohl von
tüchtigen Künstlern
noch gepflegt, aber sie
genießt gar keine Aner-
kennung. Kaum ein
Dutzend Gemälde reli-
giösen Inhalts ist in die-
ser großen Bilderschau
zu finden. Eines der
bedeutenderen Werke
ist »Die Verehrung der
Reliquie des heiligen
Blutes in Brügge« von
Max Gaisser. Das in
Form des Triptychons
angelegte Werk zeigt im
Hauptbilde die versam-
melten Gläubigen, wel-
che der vom Priester
in kostbarer Fülle dar-
gebotenen Reliquie ihre
Andacht bezeigen, während auf den Flügel-
bildern das äußerliche Straßengepränge der
Prozessionen als wirksamer Gegensatz zur
stillen Feierlichkeit gestellt ist. Das Weihe-
volle der Handlung ist dem Künstler in
vortrefflicher Weise gelungen und spiegelt
sich in den grobknochigen echten Typen
flämischer Bürger und Landle'ute jene tiefe
Frömmigkeit wider, welche dieser uns stamm-
verwandten germanischen Rasse so charakte-
ristisch ist. Selten hat Gaisser, von dem wir
manch treffliches Bild gesehen und auch auf
der Ausstellung sehen können, etwas ge-
schaffen, was so frei von Schablone, so frei
von jeder Herkömmlichkeit, einen solch starken
Eindruck hervorzurufen geeignet ist.
In ähnlicher Weise läßt sich dasselbe, mu-
tatis mutandis, von Otto Strützels großem
weitzügigem Gemälde »Gewitter an der Isar«
sagen; ein Bild, das mit in erster Linie von
den im übrigen zahlreichen Landschaften zu
nennen ist. Es schließen sich diesem Meister
hier an: HansPrentzel »Der Heidehügel«;
Josue von Gietl »Trüber Märztag«; Otto
Gampert »Herbstmorgen im Schleißheimer
 
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