DIE GARTENKUNST
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wurde aufgetragen, eine Studienreise nach Wörlitz zu
machen, um sich in die dort gepflegte Gartenkunst einzu-
weihen und auf solche Weise ausgerüstet, an den neuen
Entwurf zu gehen. Ein Pappelreis, welches der Hofgärtner
als Reitgerte von Wörlitz mitgebracht und hernach gepflanzt
hatte, zeugt auch heute noch als alter Baum von dieser Be-
gebenheit.
Ein darauf entstandener Plan ist leider verloren ge-
gangen. Bruchstücke, als erster Versuch in der Übung
des neuen Stils, sind erhalten; ein solches ist in dem
Thylmannschen Plan auf der im östlichen Grenzteil be-
legenen Obst-Plantage eingeklebt; ein allerdings sehr
schwacher Versuch, die geschwungene Weglinie einzu-
führen unter teilweiser Beibehaltung des bestehenden
geradlinigen Arrangements.
Das Resultat der neuesten Umgestaltung des Lust-
gartens ist durch die Aufnahmen aus dem Jahre 1895 ver-
anschaulicht (siehe den Plan Seite 5).
Der Name der Anlage ist derselbe geblieben, in Wirklich-
keit ist aher durch das Wohlwollen des gräflichen Hauses
eine öffentliche Parkanlage zu Nutzen der Stadt und
des Fremdenverkehrs entstanden. Die Mauern, welche den
Lustgarten im Westen abschlössen, sind zum grofsen Teil
gefallen und bequeme Fahr- und Fufswege führen jetzt
vom Küchengarten und von der Neustadt aus direkt in
den Park.
Der Hauptfahrweg, welcher die Verbindung der
Stadt mit dem Schlofs durch den alten Lustgarten wie die
neuen Anlagen herstellt, ist ganz neu durch die alten
Linien hindurchgelegt, in gefälliger sanft ansteigender
Führung: die letztere erscheint auf dem Plane nur dort
steif, wo Terrain-Schwierigkeiten einem glatten Verlauf
Hindernisse bereiteten, wie solches aus dem Plan auch
ohne Höhenkarte ersichtlich ist.
Die Wegeführung, welche im übrigen der früheren
Anlage zum Teil angepafst ist, findet durch diese
Thatsache hinreichend ihre Erklärung, ist aber in der
Wirkung als vollkommen gelungen zu bezeichnen, während
der Schullandschafter auf dem Plan mit kritisierenden
Bemerkungen bei der Hand sein möchte. Die alte Wege-
führung ist nicht allein in der Haupt-Lindenallee, sondern
auch in den beiden rechts und links von der Bibliothek
gen Süden fast parallel laufenden Wegen wiederzufinden.
Der Kastanienplatz (Kastaniensaal im Munde alter Werni-
geröder) ist aus früherer Zeit erhalten, er hat nur etwas
an Breite verloren; dagegen sind mancherlei kleine Bau-
werke und Bildhauerarbeiten verloren gegangen, auch eine
Sonnenuhr, die auf 4 m breitem, dreistufigem Unter-
bau eine künstliche Verbindung von 12 Sonnenzeigern
darstellte.
In den Jahren 1829— 30 ist die Anlage vom Hofgärtner
Kunecke (1828—58) durch Ausroden von ca. 150 starken
Ordentelicher Grund-Ries Des Hochgräfflich Stolberg-Wernigerödischen Lust-Küchen und Baumgartens, benebst deren
die daran stosenden Herrschafftlige bedienten Wohnungen u. Garten, So weit Sero. Hochgritfflichen Gnaden Reichs Graf
Christian-Ernst angelegt haben.
A. Das Schlofs. B. Orangen-Haus. C. Herrschaft Haus. D. Glashäuser. E. Kleiner Blumengarten. F. Der Lustgarten.
G. Obst-Baumgarten. H. Küchengarten. I. Obst-Baumgarten. K. Melonengarten. L. Die Baumschule. M. Maul-bährgarten.
N. Herrschaftlige Bedientengarten. O. Herrschan. u. Bedienten Heuser. P. Weisen-Haus.
a. 4. July Anno 1760.
Jon. J. Thylmann.
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wurde aufgetragen, eine Studienreise nach Wörlitz zu
machen, um sich in die dort gepflegte Gartenkunst einzu-
weihen und auf solche Weise ausgerüstet, an den neuen
Entwurf zu gehen. Ein Pappelreis, welches der Hofgärtner
als Reitgerte von Wörlitz mitgebracht und hernach gepflanzt
hatte, zeugt auch heute noch als alter Baum von dieser Be-
gebenheit.
Ein darauf entstandener Plan ist leider verloren ge-
gangen. Bruchstücke, als erster Versuch in der Übung
des neuen Stils, sind erhalten; ein solches ist in dem
Thylmannschen Plan auf der im östlichen Grenzteil be-
legenen Obst-Plantage eingeklebt; ein allerdings sehr
schwacher Versuch, die geschwungene Weglinie einzu-
führen unter teilweiser Beibehaltung des bestehenden
geradlinigen Arrangements.
Das Resultat der neuesten Umgestaltung des Lust-
gartens ist durch die Aufnahmen aus dem Jahre 1895 ver-
anschaulicht (siehe den Plan Seite 5).
Der Name der Anlage ist derselbe geblieben, in Wirklich-
keit ist aher durch das Wohlwollen des gräflichen Hauses
eine öffentliche Parkanlage zu Nutzen der Stadt und
des Fremdenverkehrs entstanden. Die Mauern, welche den
Lustgarten im Westen abschlössen, sind zum grofsen Teil
gefallen und bequeme Fahr- und Fufswege führen jetzt
vom Küchengarten und von der Neustadt aus direkt in
den Park.
Der Hauptfahrweg, welcher die Verbindung der
Stadt mit dem Schlofs durch den alten Lustgarten wie die
neuen Anlagen herstellt, ist ganz neu durch die alten
Linien hindurchgelegt, in gefälliger sanft ansteigender
Führung: die letztere erscheint auf dem Plane nur dort
steif, wo Terrain-Schwierigkeiten einem glatten Verlauf
Hindernisse bereiteten, wie solches aus dem Plan auch
ohne Höhenkarte ersichtlich ist.
Die Wegeführung, welche im übrigen der früheren
Anlage zum Teil angepafst ist, findet durch diese
Thatsache hinreichend ihre Erklärung, ist aber in der
Wirkung als vollkommen gelungen zu bezeichnen, während
der Schullandschafter auf dem Plan mit kritisierenden
Bemerkungen bei der Hand sein möchte. Die alte Wege-
führung ist nicht allein in der Haupt-Lindenallee, sondern
auch in den beiden rechts und links von der Bibliothek
gen Süden fast parallel laufenden Wegen wiederzufinden.
Der Kastanienplatz (Kastaniensaal im Munde alter Werni-
geröder) ist aus früherer Zeit erhalten, er hat nur etwas
an Breite verloren; dagegen sind mancherlei kleine Bau-
werke und Bildhauerarbeiten verloren gegangen, auch eine
Sonnenuhr, die auf 4 m breitem, dreistufigem Unter-
bau eine künstliche Verbindung von 12 Sonnenzeigern
darstellte.
In den Jahren 1829— 30 ist die Anlage vom Hofgärtner
Kunecke (1828—58) durch Ausroden von ca. 150 starken
Ordentelicher Grund-Ries Des Hochgräfflich Stolberg-Wernigerödischen Lust-Küchen und Baumgartens, benebst deren
die daran stosenden Herrschafftlige bedienten Wohnungen u. Garten, So weit Sero. Hochgritfflichen Gnaden Reichs Graf
Christian-Ernst angelegt haben.
A. Das Schlofs. B. Orangen-Haus. C. Herrschaft Haus. D. Glashäuser. E. Kleiner Blumengarten. F. Der Lustgarten.
G. Obst-Baumgarten. H. Küchengarten. I. Obst-Baumgarten. K. Melonengarten. L. Die Baumschule. M. Maul-bährgarten.
N. Herrschaftlige Bedientengarten. O. Herrschan. u. Bedienten Heuser. P. Weisen-Haus.
a. 4. July Anno 1760.
Jon. J. Thylmann.
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