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Die Gartenkunst — 1.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.20975#0046

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36 DIE GARTENKUNST I, 2

ihnen allen hiermit nochmals für ihre erfolgreiche Mitwirkung
an dieser Stelle gedankt. Auch zu mehreren Wettbewerben
zur Erlangungvon Entwürfen zu Schmuckanlagen habe es der
Vorstand nicht unterlassen, Stellung zu nehmen und in allen
den Fällen in der Fach- und Tagespresse Kritik zu üben, in
denen die Preisgerichte ungenügend zusammengesetzt gewesen
und der Anteilnahme sachverständiger Preisrichter entbehrten.
Mehrfach sei diese Kritik auch nicht ohne Erfolg geblieben,
und habe man sich nachträglich noch veranlafst gesehen, den
nicht unberechtigten, selbst von gegnerischer Seite anerkannten
Wünschen Rechnung zu tragen und einen Gartenkünstler zur
Beurteilung der eingegangenen Entwürfe hinzuzuziehen. Die
Folge hiervon sei die Erzielung eines für uns Gartenkünstler
in jeder Beziehung günstigen Ergebnisses, z. B. bei. dem
jüngsten, Ende vergangenen Jahres abgeschlossenen und von
zahlreichen Architekten beschickt gewesenen Wettbewerbs für
den Platz „Z." in der Stadt Schöneberg bei Berlin gewesen,
indem zwei Gartenkünstler die ersten beiden Preise errangen,
während der dritte Preis einem Architekten zufiel.

Die Zahl der Mitglieder belief sich zur Zeit der Haupt-
versammlung in Köln auf 489. Abgegangen, verstorben oder
gestrichen wegen Nichtzahlung der Beiträge für das ver-
gangene Jahr seien 27 Mitglieder, denen erfreulicherweise ein
Zugang von 29 neuen Mitgliedern gegenüberstände, so dal's
augenblicklich ein Bestand von 491 Mitgliedern zu verzeichnen
sei. Allerdings sei hiernach ja nur ein geringer Zuwachs zu
vermerken, derselbe lege aber Zeugnis dafür ab, dal's der
Kassandra-Ruf aller derjenigen, die da glaubten, aus Anlafs
der Erhöhungdes Mitgliederbeitrages um 50°/„ einen Bück-
gang' des Vereins voraussagen zu sollen, nicht berechtigt war.
Möge denn dieses günstige Zeichen ein weiterer Sporn für
uns alle sein, mit vereinten Kräften an dem weiteren Ausbau
des Vereines und der Vervollkommnung unserer Zeitschrift
mitzuwirken.

Zu dem weiteren Punkte der Tagesordnung „Welche
Schritte sind zu unternehmen, um parkähnliche Friedhöfe zu
erstreben" übergehend, nimmt Herr Landschaftsgärtner
Vogeler-Charlottenburg das Wort und bespricht den in Berlin
bestehenden Brauch, der jeder Kirche gestatte, ihren eigenen
Friedhof einzurichten. Selbstverständlich nütze sie in Rück-
sicht auf den hohen Ankaufspreis des Landes jedes Fleckchen des-
selben zu Begräbnisstätten aus und gestalte deshalb, um auch
einen pekuniären Vorteil zu haben, die Anpflanzungen und
Wege so billig und demgemäfs so einfach wie möglich. Eine
noch schlimmere Wendung, nehme diese Angelegenheit zur
Zeit in Berlin, dessen immer wachsende Einwohnerzahl ge-
bieterisch Abzweigungen von den Mutterkirchen und eine
selbständige Errichtung vieler Tochter-Parochien erfordere.
Diese seien nun meist ohne alle Mittel und abhängig von
der Bereitwilligkeit der kirchlichen Aufsichtsbehörde zur Her-
gabe von Mitteln. Ihr Bestreben, auf eigenen Pulsen zu
stehen, zwinge sie, sich Einnahmequellen zu verschaffen, wozu
denn in erster Linie der Friedhof eine ihnen willkommene
Gelegenheit biete. Leider könne hier nur im Wege der Ge-
setzgebung Wandel geschaffen werden, wenn auch zu be-
fürchten stände, dal's eine solche an dem Widerstreben der
kirchlichen Behörden scheitern würde. Immerhin wäre es
schon von grolsem Vorteile, wenn die Kirchenbezirke, deren
es in Berlin 4 gäbe, eine Zusammenlegung ihrer Friedhöfe
beschlieisen würden, um auf diese Weise eine Verzettelung
der Friedhöfe, die man heute in allen Vororten Berlins zer-
streut in grofser Anzahl fände, zu vermeiden. Auch die
Leichenkondukte, die heute in ununterbrochener Zahl unsere
Vorortstrafsen durchzögen und wahrlich nicht als eine An-

nehmlichkeit bezeichnet werden könnten, würden verschwinden,
indem die so vereinigten Friedhöfe Anschlufs mittels Eisen-
bahn erhalten könnten. Die parkähnliche Gestaltung aller
Friedhöfe sei aber schon vom idealen Standpunkte aus be-
trachtet, gleich von vornherein zu verlangen^ und hierfür
müsse der Verein vor allen Dingen eintreten und sich der
diesbezüglichen Kundgebung, die seitens des Vereins der Ber-
liner Vororte vor kurzem erfolgte, anschliefsen. Der Vor-
sitzende hält dies nur für angängig, wenn das Be-
stattungswesen die Stadtbehörde übernähme. Wo dies bereits
der Fall, seien auch mustergdltige Friedhöfe angelegt worden.
Die Stadtgemeinde Berlin habe sich schon vor mehreren Jahr-
zehnten mit diesem Gedanken getragen, derselbe sei jedoch
an der Unmöglichkeit, die den einzelnen Parochien aus ihren
Friedhöfen erwachsenden Einkünfte abzulösen, gescheitert.

An dem sich hieran anschliel'senden Meinungsaustausch
beteiligten sich vornehmlich die Herren Hampel, Brodersen,
Encke und Clemen, welche Herren den Wunsch aussprachen,
das Thema einer künstlerischenGestaltungderFriedhöfenochein-
gehenderbehandelt zu wissen und hierfür Unterlagen zu schaffen,
durch welche dann leicht auch andere Kreise angeregt werden
möchten, der Frage näher zu treten. Auf diese Weise liefse
sich förderlich wirken und günstige Stimmung in Laienkreisen
erzielen. Der städt. Obergärtner Weil's kann die einzelnen
Gemeinden nicht frei von jeder Schuld sprechen. Die kirch-
lichen Organe liel'sen es sich angelegen sein, unsere Kirchen,
Kapellen und sonstigen Beträume auszuschmücken, um äuiser-
lich diese Stätten als geweihte erscheinen zu lassen und um
so einen nachhaltigeren Eindruck auf das menschliche Gemüt
zu erzielen. Wie ganz anders seien dagegen die Friedhöfe
gestaltet. Auf den älteren sei wenigstens alter Baumbestand
vorhanden, der die Stätte zu einem Hain stempele, in dem die
menschliche Natur Anregung finde, während die neuen jeder
Ausstattung bar seien; eine Allee junger Bäume bezeichne den
Hauptweg, sonst aber kein Blatt, keine Blüte; Hügel auf
Hügel aufgeschichtet in einer trostlosen Öde, die uns die
Bezeichnung „Totenacker" wohl, aber nicht Friedhof als
passend erscheinen lasse, und könne man denn auch wahr-
nehmen, dal's solche Stätten meist eiligen Schrittes wieder
verlassen werden. Unsere Kirchenorgane auf die ethische
Seite eines parkähnlichen Friedhofs aufmerksam zu machen
und an Beispielen, klar vor Augen zu führen, müsse sich der
Verein angelegen sein lassen. Es gäbe neben vielen armen,
auch sehr reiche Gemeinden in Berlin, die über grofse Mittel
verfügten, für die Ausschmückung ihrer Begi äbnisstätten aber
keinen Heller ausgäben, weil die Anregung dazu fehle und
den einzelnen mal'sgebenden Personen das Verständnis hierfür
abginge.

Herr Encke betont nochmals die Notwendigkeit einer
künstlerischen Gestaltung der Friedhöfe und führt als Beispiel
den Friedhof zu Wien an, wo der Eingang durch Vereinigung
der Architektur und Landschaft von imponierender Wirkung
sei. Redner ist weiter der Ansicht, dal's den lokalen Verhält-
nissen an anderen Orten auch Rechnung getragen werden
müsse, und solle das Vereinsorgan alle Mitglieder zum Ge-
dankenaustausch anregen. Der Vorsitzende bemerkt hierzu,
dal's den auswärtigen Mitgliedern durch Wiedergabe der Nieder-
schrift die gewünschte Anregung gegeben werde.

Der vorgeschrittenen Tageszeit wegen wird der von Herrn
Brodersen gütigst zugesagte Vortrag über Londoner Park-
anlagen etc. für die Februarsitzung von der heutigen Tages-
ordnung abgesetzt.

Der erste Vorsitzende: Der erste Schriftführer:

Fintelmann. Weifs.
 
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