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Die Gartenkunst — 1.1899

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Hein, Heinrich: Rasengräser, Grassamen und Grassamenmischungen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20975#0162

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148 DIE GARTENKUNST I, 8

Rispengras unempfindlich, oder wenn es bei unbedecktem Da trotz oft reichlicher Ernte der benötigte Samen-
Erdboden durch Trockenfröste etwa mitgenommen erscheint» bedarf durch einwandfreie Handelsware nicht gedeckt wird,
zeigt doch eintretendes Tauwetter, dafs ihm der Prost nicht sind Verfälschungen mittels anderer Samen nicht gerade
geschadet hat. selten. Von den Poa-Arten wird dazu besonders Poa nemo-

Boden. Bessere humose Lehm- und Thonboden, hu- ralis, jedoch zuweilen auch Poa sudetica Haenke und Poa

moser frischer Gartenboden. annua L. benutzt. Letztere beiden Grasarten sind ander-

Wuchs. Der Wuchs dieses Grases ist eigenartig. weitig nur schwer zu verwerten. Zu Verfälschungszwecken
Im Frühjahre vor der Blüte treibt es kräftig eine Menge benutzt kommen sie ans Geld. Weitere Verfälschungs-
frisch grüner Blätter und zahlreiche aufsteigende zuweilen mittel (die indessen aber auch durch Unkenntnis der
bis über 1 m hohe Halme mit grofser, zur Blütezeit aus- „Samenschneider" dazwischen geraten können) sind die
gebreiteter Rispe. Nach dem Schnitte treibt es nur noch Früchte von dem auf Mooren wachsenden sogenannten
kurze feine Blätter, welche im Laufe des Sommers für sich Bentgrase (Molinia coerulea Mnch.) und dem an Seeküsten
allein einen dicht verfilzten sehr niedrigen Rasen bilden. oft reichlichen Salzschwadengras (Glyceria [Festuca] distans
Wer mit dieser Eigenschaft des gemeinen Rispengrases Wahlenb.), das sich durch kürzere volle runde Früchte
nicht vertraut ist, kennt es in seinem späteren Wuchs auszeichnet. Andere Verunreinigungen sind meist zufällige,
kaum wieder. Auf gutem frischen Gartenboden, wo durch Der Preis, der unter der Firma „Poa trivialis" an-
Auswintern anderer Grasarten Lücken im Rasen entstanden gebotenen besten Handelsware beträgt (1899) bis zu 1,50 Mk.
sind, werden solche, wenn nur Poa trivialis vorhanden ist, pro Pfund.

durch dieses Gras oft schnell wieder ausgefüllt. Es erlangt
im zweiten Jahre nach der Aussaat seine volle Ausbildung.
Von Poa pratensis unterscheidet es sich durch rauhe Halme
und Blattscbeiden und durch das lang vorgezogene zugo-

9. Festuca ovina L. — Schafschwingel.
Engl.: Sheep's Fescue-grass.
Franz.: Fetuque ovine.

spitzte Blatthäutchen. (Dasselbe ist bei Poa pratensis ganz Von den verschiedenen Formen des Schafschwingels

kurz abgestutzt.) kommen für Gartenrasen nur 3 in Betracht. Diese sind

Lebensdauer. Bei geeignetem Boden und ent- sämtlich, wenn man sie nicht zu besonderen Arten erheben

sprechenden Feuchtigkeitsverhältnisson ist es sehr lang- will, als Varietäten des echten Schafschwingels (Festuca

lebig. ovina L. = F. ovina subspecies eu-ovina Hackel) anzusehen.

Blütezeit: Juni bis Juli. Samenreife: 3 bis 4 Wochen Sie sind so deutlich von einander verschieden, dafs eine

nach der Blüte. Verwechselung kaum möglich erscheint. Hinsichtlich der

Gröfso der Frucht 2Va mm. Das bei der Reife Benennung finden sich jedoch in den Beschreibungen ver-
dunkelbraune Korn ist 1% mm lang. schiedener namhafter Autoren Abweichungen, die an-

Körnerzahl in einem Pfunde ca. 2910000. scheinend aus Begriffsverwechselungen hervorgegangen

Samengewinnung und fremde Beimengungen sind. So unterscheidet Garcke in seiner Flora von Deutsch-

Die Samen dieses Grases (in der Gegend von Hamburg land 17. Aufl. 1895 zwei Formen:

im Volksmunde bekannt unter der Bezeichnung „Haken und 1. a) vulgaris Koch und begreift darunter die Varietät

Öschen") werden stellenweise in günstigen Jahren reichlich mit kleinen unbegrannten Ährchen (F. tenuifolia

an den natürlichen Standorten durch Sibth.);

die „Samenschneider" geerntet und a 2. b) capillata Lam. und versteht darunter die begrannte

in Säcken, in denen sie sich meist Form des echten Schafschwingels,

sehr erhitzen, kaum getrocknet an / I \ Herr Professor Hackel benennt diese beiden Varietäten

die Grofshändler verkauft. Das Ernte- | J 1 anders und zwar:

produkt enthält oft viele Grasährchen, I P, rl1 1. die unbegrannte Form (F. tenuifolia Sibth.) nennt er

an denen noch nicht einmal die Blüte Äfflp %/ ^' caPi^a^a Lam.;
ausgebildet ist, geschweige denn die \: j''' 2. die begrannte Form: vulgaris Koch.
Frucht. Schon aus diesem Grunde -^^^^ ßei uns njer -m Norddeutschland zeigt der echte Schaf-
findet leichter Erhitzung statt, welche & 7/ Schwingel indessen noch eine dritte Form, welche ich bei
den Verlust der Keimkraft der aus- der Hackeischen Beschreibung vermisse. Hier tritt die
gebildeten Samen zur Folge hat. So Fig. i6. unbegrannte Form des feinen Schafschwingels nicht gemein
ist denn die käufliche Handelsware in Bough-ttliked Meadow- au^> sondern die von Hackel als F. vulgaris Koch bezeichnete
vielen Fällen ein von Hand zu Hand grass. begrannte Form des echten Schafschwingels ist vor-
gewandertes geringwertiges Handels- Gemeines Rispengras. herrschend. In den Samenkatalogen der bedeutendsten
obiektvon höchst zweifelhaftem Wert- a ^rucht von der Seite. Hamburger Firmen ist diese Form unter der Bezeichnung

0 b Korn vom BucKen. ° °

Beim Ankauf der Samen verlohnt es vergr 10 x i „Festuca ovina" verstanden. Den feinblätterigen Schaf-
sich daher wohl zuvor zu prüfen. Schwingel, welcher von F. ov. vulgaris Koch (nach Hackel)
Die reifen Samen sind von (gering) bläulicher Färbung, unverkennbar deutlich unterschieden ist, habe ich in meinem
weniger behaart als bei Poa pratensis, mehr aber als bei Gräsersortiment schon seit vielen Jahren in zwei wiederum
Poa nemoralis. Von letzterem hat auch die Frucht eine scharf unterschiedenen Varietäten. Beide sind in der Fein-
schlankere Form, ist spitzer und von Farbe bedeutend heller, heit der Blätter und im Habitus ganz gleich, doch hat die
 
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