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Die Gartenkunst — 1.1899

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Heicke, C.: Alleebäume oder Straßsenbäume?
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https://doi.org/10.11588/diglit.20975#0226

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äiä DIE GARTENKUNST I, 12

Umständen bei den Baumpflanzungen in den Strafsen unter
Berücksichtigung der in Betracht kommenden Strafsen-
breiten, Baumgröfsen etc., innezuhaltenden Mindestmafse
für die Abstände der Bäume unter sich und von den Ge-
bäuden einer Lösung entgegengeführt hat, die die Zu-
stimmung der diesjährigen Hauptversammlung in Mannheim
gefunden hat.

Damit ist eine Norm aufgestellt, die hoffentlich nicht
nur aut dem Papiere stehen bleiben, sondern allerwärts in
der Praxis zur Geltung gelangen wird und den Mifsgriffen,
die vielfach bei Strafsenpflanzungen infolge von ungenügen-
den Abständen u. dergl. vorkommen, zum Vorteil der guten
Sache in Zukunft vorbeugen wird. Dafs ganz ausdrücklich
betont wurde, dafs nur die im Interesse des Gelingens der
Baumpflanzungen in den Städten unbedingt innezuhaltenden
Mindestmafse festgestellt werden, in sonstiger Beziehung
aber dem Gartentechniker freier Spielraum gelassen werden
soll, ist sehr wertvoll, denn dadurch ist einer jedenfalls
vielfache Widersprüche veranlassenden Schabionisierung
vorgebeugt und eine Bindung nur nach der Richtung hin
erfolgt, in welcher Mifsgriffe am häufigsten vorkommen und
sich am empfindlichsten rächen. Dafs bei Baumpflanzungen
gedachter Art unnötig grofse Abstände genommen werden,
kommt wohl nur selten vor und, selbst wenn es geschieht,
schadet es nicht viel.

Über einen anderen Teil des in Rede stehenden Themas,
die Feststellung der für Strafsenpflanzungen geeigneten
Baumarten, ist durch eine Abhandlung von St. Olbrich
(No. 4 d. Zeitschrift) und die in No. 6 erfolgte Veröffent-
lichung einer umfangreichen Liste von Alleebäumen seitens
des Vorsitzenden des Ausschusses für Gartentechnik, des
städtischen Gartendirektors Grube, der Meinungsaustausch
eröffnet worden. Auf der diesjährigen Hauptversammlung
konnte dieser Teil der Frage wegen der knapp bemessenen
Zeit noch nicht erledigt werden, sondern ist in den Ver-
handlungen nur gestreift worden. Deshalb habe ich in
Mannheim keine Veranlassung genommen, zu der Sache
Stellung zu. nehmen und meine Ansicht, die sich nicht
ganz mit der des Vorsitzenden des technischen Ausschusses
deckt, zum Ausdruck zu bringen.

Das Grubesche Baumverzeichnis ist eine mit vieler Um-
sicht und Gründlichkeit und unter Heranziehung der
Schriften älterer Autoren, sowie der Verzeichnisse der
besseren Baumschulen vorgenommene Zusammenstellung von
Baumarten, die sich für alleemäfsigo Pflanzungen eignen.
Abgesehen von dem Wert, den es seiner Vollständigkeit
wegen für die Erörterung unseres Themas hat, dürfte es
in seiner gegenwärtigen Form, wenn es sich um die Aus-
wahl von Bäumen für Alleepflanzungen ohne Ein-
schränkung dieses Begriffes handelt, ein recht brauchbares
Hilfsmittel für den fach- und sachkundigen Gartentechniker
sein —■ aber auch nur für diesen. Denn wer auf Grund
hinlänglicher und genauer Kenntnis des Materials und
praktischer Erfahrungen befähigt ist, aus dieser grofsen
Anzahl von Baumarton sich diejenigen zu wählen, welche
im Einzelfalle passend sind, wird vor Mifsgriffen bewahrt
bleiben.

Aber auch unter dieser allgemeinen Voraussetzung

möchte ich eine Anzahl Namen von der Liste gestrichen
sehen. So dürften einige Pappelarten, jedenfalls Populus
canadensis, sich für Alleepflanzungen nicht eignen, auch
nicht an Landstrafsen, weil sie mittels ihrer weitreichen-
den Wurzeln die benachbarten Ländereien aussaugen.
Aus diesem Grunde wird die Canada-Pappel an den Pro-
vinzialstrafsen des hiesigen Bezirks nicht mehr zugelassen.
Auch kann ich aus Schönheitsrücksichten, vornehmlich
wegen der ewigen Unruhe der Belaubung, mich durchaus
nicht für Pappelalleen begeistern. Am bedenklichsten scheint
es mir, die am Ende vorigen und anfangs dieses Jahr-
hunderts allenthalben zu Alleepflanzungen benutzte, aber
inzwischen glücklicherweise abgethane Pyramidenpappel
wieder aufzuführen. Ganze Gegenden sind ja durch diesen
langweiligsten aller Alleebäume verdorben worden, und es
sollte vermieden werden, zu seiner Verwendung als Allee-
baum neuerdings wieder durch Aufnahme in ein Verzeichnis,
wie das besprochene, Veranlassung zu geben. Selbst-
vorständlich soll der Wert der Pyramidenpappel als Park-
baum durchaus nicht herabgesetzt werden.

Auch Baumarten, wie Alnus glutinosa, Betula alba
fastigiata, Gleditschia etc. entsprechen nicht den Anfor-
derungen, die man an Alleebäume hinsichtlich Belaubung,
Form und Aufbau der Krone stellen mufs. Noch weniger
können hochstämmig veredelte Straucharten wie Caragana
Chamlagu oder Halimodendron argenteum als Alleebäume
ernstlich in Frage kommen; dafs sie mal in kleinen Gärten
als solche benutzt werden können, ist nicht von Belang.

Was die Aufnahme buntblätteriger Spielarten in die
Liste anbetrifft, so habe ich gegen die ausgesprochen rot-
blätterigen nichts einzuwenden, wohl aber möchte ich
dringend vor Verwendung aller gelb- oder weifs-bunten
Formen warnen. Viele dieser mit Vorliebe von den Baum-
schulen verbreiteten Spielarten haben eine wunderschön
gefärbte Belaubung; aber nur im Jugendzustand, solange
man die oft ganz reizenden Farbenzusammenstellungen auf
den einzelnen Blättern genau betrachten kann, hat man
Genius davon. Am herangewachsenen Baume sind die
Blätter dem Auge zu weit entrückt und die verschiedenen
Farben verschwimmen meistens zu einem unreinen- Grün,
so dafs sie im Vergleich mit einfach grünblätterigen Bäumen
aussehen, als liege eine dicke Staubschicht darauf. Kommt
ein solcher Baum nun gar noch an eine Strafse zu stehen
— einerlei ob es eine makadamisierte Aufsenallee oder eine
gepflasterte Innenstrafse ist; Staub wird immer entwickelt
und dieser lagert sich auf. den Blättern ab — so macht
er einen geradezu trostlosen Eindruck; denn der letzte Rest
von grünem Schimmer auf den Blättern geht verloren.

Aus dem gleichen Grunde möchte ich auch die allzu
häufige Verwendung graugrün oder silbergrau belaubter
Baumarten in Alleen vermieden sehen.

Endlich enthält das Verzeichnis (und auch die schon
erwähnte Abhandlung von St. Olbrich) eine ganze Anzahl
Arten, hinsichtlich deren wohl mancher wünschen wird, sie
liefsen sich als Alleebäüme verwenden, die aber bedauer-
licherweise teils wegen ihrer vielfach bewiesenen Empfind-
lichkeit gegen den deutschen Winter, teils wegen ihres
unter den Durchschnitts Verhältnissen allzu langsamen
 
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