Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1885

DOI Heft:
Nr. 41 - Nr. 50 (18. Februar - 28. Februar)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42544#0123

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Exſchelut taͤglich/ SonntagS ausge-

nommen. Preis monatlich 20 Bfg.,

mit dem Illuſtrierten Unterhaltungs-

blatt 32 Bfg, — Wird in der ganzen

Stadt verteilt und an den Straken:
eden angeſchlagen.



Alle Zuſendungen werden franko
erbeten.

Für die Aufnahme von Anzeigen

an Seftinmt vorgeſchriebenen Tagen,

wird keine Verantwortlichlelt Über-
nommen.

— 43,

Freitag, den 20. Februar

1885







Aerztlicher Verein
(medic. Sektion des naturhist.medie.
Vereins).

Sitzung: Freitag, den 20. Februar,
abends 8!% Uhr im
Hörsaale der Augenklinik.

. Tages-Ordnung :
Die Wasser-Versorgung der Stadt.

Der Ausschuss.

Gemischter Chor.

Freitag Abend iſa 8 Uhr Probe.
Da dies die letzte Clavierprobe
Ist, bitte ich dringend um voll-
zähliges und pünktliches Erschei-
nen. Boch.


— weiteres Feine
Probe.

Cãciſia.

Heute abend präciz 9 Uhr Probe.

Zither Verein.

__ Hente abend S uhr Probe.

Drutfer Gewerke-Verein

Kranken⸗ und Sterbekaſſe).
Samstag Abend Beſprechung im Schluſſel.
ufnahme neuer Miiglieder.

Das Comite,
Vorläuſige
herſttigerungs Aueige.


tag, den 19, März
beriteigere ich wegen Wegzug einer Herr-
W)Oft"auf der Anlage ſehr aut erhallene
Möbel und ſouſtigen Hausrat.
Näheres wird ſpaͤter in dieſem Blatte
bekannt gemacht.
Gg · Kayßer, Taxator,
— Burgweg 5.
Gin HüdHen{Hrank zu verlaufen, AWpotheker-


Das Doktorhaus.

Roman von Adolf Mügelburg,
(3. Fortſetzung).

; Ich bin nicht Leichtfinnig in ſolchen Dingen, Die
eblende Nebereinftimmung der Eltern ift {tet8 ein

tachel, ein Dorn in dem Glüc der Kinder, Wer
Aber uur berechnet, wie die Erzellenz, nur zufrieden
%ft‚ wenn die Redhnung ftimmt, muß begreifen,
aß nicht alle Menidhen Ziffern find, die er zu
3ahlen gruppiert. Oelene hat Lange mit fio
Gelämpft, ob fie auch für den änßerften al mein
Teiben {oll, Segt iit fie entjdloffen. Wir haben
NS Dier in Berlin öfter und unbeobachtet, alfo auch
UNgeftörter jehen fönnen, al8 in Goldenburg, Wir
einig miteinander; auch iſt Helene bereit3 in
uem Alter, um jelbftändig Handelı zu fönnen
* einem ſolchen Bater gegenüber, der Ales zum
— oder Infirument madt, duft cben
Wlegt nur die Selbftändigkeit, .
ney, S3 trat eine Banfje ein, da der Kellner ein
e:“ß Gericht auftzug, anl Arno überlegte, ob
das HMeine Nbenteuer am Hippodron-
4 erftes Zujammentreffen mit den Damen mit-
sl jollfe. @8 wiberfirebte ihm. Durite er
egle_n„tge preißgeben, was vielleicht ein Geheimnis
or Jüngeren Gröfin war? Mögliherweije kam
jelbft auf irgendwelche Beziehungen
jet {Oen dem Fürften Goldenburg und der Schweſter

Ner Braut zu {prechen, dann war es immer noch
teä‘t» ſich zu enticheiden, ob er daz Gefehene mit-
er‘“ Jolle oder nicht, War die jüngere Schwefter
gepyic l Sodolfäberg mit {o warmen Worten
„op“eienen älteren gleich, ſo wäre es eine Art
8\:‘ Verrat geweien, da3 zu enthüllen, waz ein

fall ihn Hatte entdecen laffen,
qrn in Derr, der in den Garten geireten war,
* Bte Baul, Dieſer erhob ſich jchnell, bat den
mit einigen geflüfterten Worten um Ent-
— ging dann dem Grüßenden entgegen

]Prach einige Minuten mit demjelben.

und Stuckateute ſreſp. Ciuchet.

neuer Mitglieder im Lokal Hormuthei.

— — —
Jür Konſtrmanden

empfehle in großer Auswahl

Schwarze Cachemire?

ä Elle 50, 60, 80, 100, 120, 150, 180, 200 bis 250 213fg.
Weiße Cachenüre,
weisse Batiste, Mull und durchbrochene Stoffe

in allen Preislagen.

Farbige Cachemire,
doppeltbreit, à Elle 90, 100 bis 150.

* Weiße Unterröge, a 1, 1.20, 1.50, 2 bis 10 ME
E farbige * ä 1.30, 2 bis 6 Mk.
Beinkleider, à 80 Pfg., 1, 1.20, 1.50 bis 5 Mk.
Korfetten, &a 1, 1.50, 2 bis 10 Mk.

O Strümpfe, à 30, 50 Pfg. bis 2 Mk.

Knaben-Hemden mit leinener Brust,
a 250 3 3.50.

Shlipfe, Kragen und Manfehetten,
Taldenfücher, Kerzenkücker, ſeiclene Shäwlhen,
Kraͤuſen etc. ete.

zu den billigſten Preiſen.
J. Behrens.

jonelle Normal-

Werkstätte naturgemässer Fussbekleidung. Anfertigung von Modellen, Leisten und
Formen nach anatomischer Beschaffenheit der Füsse. Abformen der Füsse nach der Natur
(zu empfehlen für Abnormitäten) in Gyps und Trypolith. Sämtliche Arbeiten unter Garantio
für Schönheit, Bequemlichkeit, Billigkeit und meisterhafte Leistungen. Gleichzeitig em-
pfehle ich Mode-Fussbekleidung, soweit zulässig und zweckmässig für den Fuss, in hochele-
ganter, gediegener Ausführung, Hochachtungsvoll

N. Burkart, Brunnengasse 14.

möglidherweije eine jehr tiefe Bedeutung für wich
— möglicherweife, das muß ich freilich betonen denn
was bier fteht, iſt ja noch immer ſehr unbeftimmt,
Bitte, lieber Freund, lefen Sie mir den Sag noch ein
mal vor/ ich kann jetzt nicht leſen, e& flimmert mir
vor den 7 Thörichte, kindiſche Schwäche
.. ... a er R0

Rodolfoͤberg ließ den, wie e& ſchien ganz
außerordentlich erreaten Mann nicht weiterſprechen
ſondern begann halblaut und langſam zu leſen:

Anı 21. Juni des Jahres 1835, Vormittags
ungefähr 11 Mhr, iſt zu Goldenburg im Goldathal
ein Kind wännlichen Geſchlechts verfchwunden, das
eiwa über drei Monate alt war, Beſondere Kenn-
zeichen laſſen ſich nicht mehr angeben, nach der
damaligen Farbe des Haares und der Augen-
wimpern berſprach das Haar hellbraun zu werden
wie die Augen. Es liegt die Vermutung nahe,
daß das Kind von einer Zigeunertruppe geraubt
worden ift, welche gerabe damals das Goldathal
durchzog, bei welcher jedoch alle Nachfo ſchungen
vergeblich geblieben ſind. Moöglich erſcheint €&
auch· daß das Kind auf andere Weiſe verſchwunden
und irgendwo untergebracht worden iſt. Sollte
Semand auf dieſe freilich ſehr geringen Andeutungen
hin Mitteilungen über den Verhleih jenes Kindes
zu machen haben, das aljo jetzt ein fünfunddreißig-
jähriger Mann ſein müßte, 10 bitte ich ihn, dies
ſofort zu thun. Etwaige Koſten wuͤrde ich gern
erſetzen Größere Zeitungen erſuche ich, dieſe Auf-
forderung abzudruͤcken da es ſich/ wie ich ver-
ſichern fann, um die Auflöſung eines ganz eigen-
thumilichen Jalles handelt.
Goldenburg im Goldathal! Mai 1870,

Dr. Robert Engelmann,

Arno’3 Augen hatten mit einem faſt ſtarren,

Ral

er zurücgefehrt war und feinen Platz wieder
eingenommen hatte! Einer von den Leuten, die
man ſo gelegentlich lennen lernt/ und die man ſtehend
abfertigen muß, wenn fie un nicht ganze Stunden
verderben jollen, Sr haͤtte nicht übel Luſt, fich
zu uns zu ſetzen aber ich Ianı {hım zuvor und
jagte ihın, daß wir über Gejhäfte fprechen,

Rodolfaberg Hatte, während Paul mit dem
Frembden {prad, ein Zeitungsblatt aus der Taſche
genommen und geleſen. *

Wunderbar, fagie er wit einem Kopfjhütteln,
Es geichehen doch auch in unferer profaijchen Zeit
noch Dinge, die man bereit@ in das Reich der
Erfindung entrüct glaubte, Da lcje ich in unjerem
Lrovinzialblättchen, das mir täglich zugeſchickt wird,
eine Aufforderung von unjerem guten alten Doktor
Gngelmann, die fajt an Precioja erinnert, Es handelt
ſich um ein verſchwundenes/ möglicherweije geraubtes
Kind. Daß doch derartige Dinge mit einer gewiſſen
Hartnäctgkeif immnmer wiederlehren. AWie in aller
Welt Kommt aber unſer Freund Sngelmann dazır,
ſich mit einer ſolchen Sache zu beſchäftigen?

Zeigen Sie doch einmal, jagte Paul, das
Blatt nehniend/ das Rodolfsberg vor ſich hingelegt
hHatte, Mich interejfieren ſolche Dinge.

Er las. Das Blatt begann in ſeiner Hand
zu gilterın. Dunkles Kot überzog fein Geficht,
aber nur für eintge Selunden, Dann wurde er blaß.

Rodolfaberg bemerkte e& Noch ehe er abır
im Stande war, feinem Sritannen, ſeiner Ber-
wunderung Worte z geben, Ließ Paul das Zeitungs:
blatt fallen und bedeckte die Augen mit der Hand,

Eine Minute — bitte, laſſen Sie mir Ruhe!
flüſterte er, .

Nl3 er die Hand wieder von den Augen nahın,
war feine Miene {Heinbar ruhig. Seine Bruſt

hob fich im einem ſchweren Atemzuge 4 ein 7 Ausdruck an den Lippen des Vorleſen-
{ ehmiütiges LZächeln. {pielte um feinen | den gehangen, }
7— — Sie find ſelbſt in jener Gegend geboren?“

Mund, als er ſich Hodolfoͤberg zuwandte.

Berzeihen Ste mir, jagte er. Diefe Aufforderung, |fragte _ er, HQaben Sie nie etwaͤs von dieſem

Vorfall gehört?



Für die vielen Beweiſe

wollen.


innigſter und herzlichſter Teil-







Anmeldungen werden täglich ent-

Hreitag, den

der alt⸗renommierten, wirklichen

Aufaug S Uhr.



20. Februar


Tyroler KonzertSaͤngerGeſellſchaft


Entıce 30 Pfg. à Perſon.
und zeitgemäss. ”



Gebr. Verner.

aroße und Heine, zu laufen gefucht, Bahnhofftr. 33,


V i

billia zu verkanfen, Hafyelaafie Nr. 3 im 3 Stoek,

{jehr datnkel, antwortete Rodolfäberg naͤchdenklich
Es ſchwebt mir vor, daß uns Kindern verboten
wurde auf der Landſtraß allein zu ſein und daß
wir eine Zeit lang ängſtlicher als ſonſt gehütet
wurden. Dies muß mit jenem Kinderraub im
Zujammenhange geftanden haben.

Sie fennen die Gegend m Goldenburg ſehr
genau? fragte Paul, vergebens die innere Auf-
regung zu verbergen ſuchen.

Sa, ich wohne ja ſeit Jahren in der Nähe
und fomme oft hinuͤber.

Iſt ein Städtchen dort, das am Fuße eines
ſteilen Berges licgt? Auf dem Berge erhebt ſich
ein Schloß Bom Schloß nach dem Städtchen
Leht ſich ein großer Gaͤrten hinaͤb, mit Treppen
Terraſſen, ſchoͤnen hohen, alten Bäunen mit
Eichen Buchen und Edeltannen?

&3 i{t, al8 ob Sie Goldenburg ſchilderten
antwortete Nodolfaberg, der fehr aufmertfam g&
worden war, dem Fragenden, über deffen Lippen
die Worte Haftig, (toßmweije dahinrolten.

Cin Heiner Fluß zieht fiH um den Park
oder durch die tiefer Viegenden Partien begfelben ®
In der Nähe des Fluffes ift ein freier Blag_mit
einer. Baumgruppe, darunter eine fteinerne Bank,
über der Bank — ich glaube auf der Lehne der-


Bei Gott! rief Rodolfaberg, iebt {elbft erregt
in die weit geöffneten, faͤſt wie verzüct Leuchten-
den YMugen de8 Feeundes ſchauend Das Allez
findet {ih im Bark von Goldendurg, SS ift, als
ob ich den Blag mit der Bank vor mir fühe,

Baul ftieß einen leiſen Ruf au3, ſchlug die
Hände vor das Geficht und ließ ſich in feinen Stuhl
zurücfinten Seine Bruſt hob ſich unter heftigen
Atemzügen. E3 war eine Art Krampf; der ihn er-
ariffen. Nicht ohne Beforgni3 ruhte das ernfte Auge
NRodolfaberg’3 auf dem ſo heftig erregten Manne

Lieber Freund Arno was iſt Ihnen?
Faſſen Sie ſich! ſagte er,

Sa, jo, O weiß — e8 iſt hier nicht der

{ mentreffen mit Ihnen
— ꝛ N auuce wich der Sache, freilich

Ein langweiliger Batron, jagte er Teife, als

vaͤhrfchcinlich nie zu Geſicht gelorimen wäre, hat

Ort! ftöhnte PBaul, die Hände noch mmer vor


mehr und mun dieje Auffo derung, Ihre Erklärvung,

CSr ließ die Hände finkfen, Seine Züge waren
yerftört, die Augen feucht. Er blickte um fic,
Der Garten war ganz leer, LZief auffenfgend
reichte Paul dem Freunde die Hand.

Verzeihen Stio Rodolfsberg, Ich alaubte, e&
lage weit binter mir, verg:ffen, begraben, Wber
der Zufall hat Alles wieder aufgerüttelt, alle meine
feiten Borfäbe ntedergeriffen. PIökglidhh tauchte eine
Möglichkeit vor mir auf — d Gott, bei dem Ges
danken an die Nöglichket ergreift mich ſchon etwas
wie Trunkenheit — idh) könnte laut auͤfſchreten vor
SZubel und doch wird es wohl nicht3 fein, nicht3! Gin
täufchender Spuck, ein Irrlicht, ein verfuͤhreriſches
Dämmern, dem keine Helle folgt. Und dody —
nein, die Unmftände treffen gar zu feltjam zufammen
— bie Bank mit dem Kreuz — am 21,. Funt,
das heißt am längſten Tage des Jahres — und
ſelbſt das Jahr wird ftimmen, wenn ich nachrechne,
O, Halten Sie mich nicht für einen Narren, gönnen
Sie mir einige Minuten Zeit zur Fafjung, IO
will Ihuen Alles erklären, uur wenige Minuten,
Er nahın das Zeitunasblatt und Hielt e&
zwijchen ſich und NRodolfäberg, 3 verbarg die
Thränen, die Jangjam über Baulz Wangen rannen,
e8 berbarg den Widerſchein der Anfirengungen,
die der ſtarke Mann machte, um feiner felbft Lert
zu werden, Endlich war e& ihm gelungen. Er
warf die Zeitung auf den Tiſch und als er Kodolfs-
berg anblickte, leuchtete fein Auge ruhig, wenn
auch immer noch in einem eigenthuͤmlichen Feuer,
ſeine Züge Hatten ſich geglüttet,

Sie haben mir vorhin Mitteilungen über Ihr
Geſchick gemacht, ſagte er zu dem Freunde, der in
ſtiller Erwartung des Aufſchluſſes Harrte, der iın
über dieſen feltjamen Auftritt zu Teil werden ſollte
„Seftatten Sie mir nun, dbaß ich Shnen von mir
berichte und Shnen erkläre, was in mir vorgeht.
Und wenn Sie mich gehört, dann laffen Sie un&
beraten, wa8 ich zu thıum Habe, Freilich, mein
Entſchluß ſteht ohuehin ſchon feft.“ (F f
 
Annotationen