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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1885

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Nr. 281 - Nr. 290 (1. Dezember - 11. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42544#0833

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Erjeheint tägligG, Sonntagk ausge«

Somensen, Preis wonatlich 20 Vfs.

mf dem Illuſtrlerten Unterhaltungs-

blatt 32 Bfg. — Wirb In der gaugen

ücht vertellt unb an den Straßzen-
ecken angeſchlagen.



— — — — — — —

Alle Zuſendungen werden [Lanl e
erbeten.

Für die Aufnahme von Anzeigen

an beftinung vorgeſchriebenen Tagen

wird leine Verautwortlichlett Rbers
nowmwen.






Dienstag, den 1. Dezember

1885.


Winter-,



Freitag, den





10



. ¶s. Nts.

38“ Zur heutigen Nummer | C $ z Ym Monat Im Ganzen feit

— — Städt. Pfennig-Spackafle Heidelberg. nssnd 180 | L 180
' M ; r 393 Stuck 192,084 Stüc,
i 08 Syarhafle Geidelberg! ea BDa ] M ] 20

geßt — 4 —— — — 4* —— — 2 M . 560 M, 17,776 Mark.

Unterpfand in Liegenſchaften und wollen
Verlagſcheine im Bureau der Sparkaſſe,
Rathaus, 3. Stock, abgegeben werden.

Der Verwaltungsrat.

Synagogen Chor.
Morgen aͤbend 6 Uhr Probe.
Jaſſermannſchaft.

DiensStag abeud 8 uhr im Faß.

Pfaͤnder Verſteigerung.
Mittwoch, 2. Dezember I J.,
nachmittags 2 Uhr,
werden im ſtaͤdtiſchen Leihhaus dahier die
bis dahin weder ausgelößten noch erneuerten
Pfaͤnder vom 9. bis 21. Maͤrz 1885 von Ne.
31,628 bis Nr. 32,424 offentlich gegen

Barzahlung verſteigert


vormittags geſchloſſen.
Heidelbetg, 26. November 1885.

Städt. leihhuus· Leruultung.

Guͤler Verpachtung.

Die Pflege Schoͤnau ſetzt ihre auf


geworden find, und bei der erſten Vex-
ſteigerung nicht abgegeben wurden, in
58 Loſen am

Donuerstag/ 3. Dezember l. J./
vormittagS 9 uhr

im Rathauſe dahier (großer Bürger-
ausſchußfaͤalj einer Wiederverpachtung auf
9 Jahre, von Martini 1885 bis dahin 1894,
aus

Steigerungs-Aukündigung.
In Folge richterlicher Verfügung wird
dem Bäder Wilhelm Grieſer In
Haudſchuhshetm folgendes Grunſtuͤck
in Doffenheimer Gemarkung:
Zwei Viertel neu bad MB. Acker in

der Schweinau, einſeits dex Weg, andern-

jeit8 Hermann Rummer Wib. in Hand

ſchuhsheim, Tax 1000 Mt.

anı Donnerstag, 10. Dezember,
nachmittags 3 Ubhr

im Rathaufe zu Doffenheim oͤffentlich ver


der Schaͤhungopreis oder daruͤber geboter
wird.
Heidelberg. den 7. November 1885.
Der Vollſtreckungsbeamte:
Großh Notar.

Qugo.

Das Fräulein von Birkenweiler.
Roman von A, Lütet8burg.
(21. Sortjegung.)

Maxrxgot war jeßt fiebenzehn IJahre alt und
ein felten {Hönes Mädchen, mit allen Eigenſchaften
au8gefiattet, Die ein eitles hochmütiges Frauenherz
beglücden Fönnen. Körperlich und geiftig gleich bevot-
Zugt, mwar fie gewiß einem glänzenben Schickſale
Deftimmt und obgleich Faum den Kinderſchuhen ent-
wachfen, war die Tochter der Freiherrin von Birken-
Weiler {Hon eine vielbegehrte Partie und nur ihre
Große Kugend hielt einftweilen noch die Freier fern.
Dennoch war Margot, außer von iYren Cltern,
richt fehr geliebt. Im ftillen Häuslichen Leben pflegte
fie nicht alzu oft ihre Miebenswiürdigen Seiten nach
außen zu Fehren und ihre nächſte Umgebung flagte
ur zu oft über ihre Launenhaftigkeit, ihre Härte
und Ungerechtigkeit.

Am meiften Hatte Helene unter Margot’8 Eigen-
ſchaften zu leiden, denn ſeitdem die junge Dante
au8 der Penfion zurücgefehrt war, hatte die Frei-
herrin fie Derfelben in der Stellung einer Kammer-
3ofe beigegeben, mwenigijtens mußte fie Die Dienſte
einer jolchen verfehen. Helene war äußerſich noch
zZiemlidh unentwidelt, wenngleich ihre SGröße und
ihre Haltung verblirgten, daß fie eines Tages eine
anſehuliche Erſcheinung ſein wiirde, Ihr Seficht
war ſchulal bleich und ungewöhnlich ernft. Selten
Umfpielte den fein geſchnittenen Mund jenes anmutige
s3}?£d)eIn, welches fie Jo wunderbar verſchönte und
die hellen, glänzenden Augenfterne blidten meift trübe
und verfchleiert in bie Welt, die ihr fo unfreundlich

egegnete,

— Und fie hatte vorlänfig noch Feine Ausficht,
ſich von den Sclavenfetten frei zu machen, die ſie
Io hHart bedrücten, Ein Jahr nad) dem Tode ihrer
Mitter war auch Advokat Reinking, ihr Bormund,
geftorben und jeitdem Hatte Fein Menſch nacdh ihr




iſt und alle Erwartungen übertroffen hat.





Getdelberg, den 1, Dezember 1885,

Finse!





Grüner


Baum.





Ios. Stauch Nachfolger,



| meter= und pfundweiſe zu En-gros-Preifen,



Ob man die
Tochter des8 verſtorbenen Paul von Birfenweiler nun
Helene Stein nannte, konnte Niemanden kümmern,
man wußte ja nicht einmal, daß fie e8 war, —
wer fannte überhaupt die näheren Verhältinifje der
freiherrlich Birkenweiler ſchen Jamilie? CS waren
immer dunfle Punkte darin gewefen. Tante Karoline
allein war Helenens Troſt und Hoffnung und das
alte Fräulein hatte Sorge getragen, daß ihr Seift
außreihende Nahrung fand, und ihr dankte fie e8,
daß fie an Kentnifjen Margot bei Weitem Überragte.
Shr BVerkehr mit der alten Dame war im Laufe
der Zaͤhre nur gelegentlich unterbrochen und erft
in letzter Zeit, wo man Helenens Dienſte im Haus-
halte verlangte, wurde e8 ihr ſchwerer die freien
Stunden zu ſuchen die fie zum Unterricht gebrauchte,
Aber der regelmäßige Unterricht war, wie Taute
Karoline fagte, auch nicht mehr ſo notwendig. Sie
hatte gelernt zu arbeiten, zu Ddenfen und ihr reger
Geiſt würde fie weiter ihrem Ziele zuführen.

„Nur Mut, Helencdhen,“ hatte Tante Karoline
noch vor wenigen Tagen gefagt, „Du darfit Dih
nicht beflagen, der Himmel iſt Dir gnädig gefinnt,
geweſen und die harte Schule war Dir nicht zum
Schaden. Haſt Du fo lange ausSgehalten, wird’s
auch noch ein paar Jahre weiter gehen und wenn
der liebe Sott mir ferner Geſundheit ſchenkt, kann
ich Dir nad) wie vor getreulich zur Seite ftehen,
Du Haft etwas Rechtſchaffenes gelernt und brauchſt
Dich nicht vor Deinen Attersgenoffinnen zu ſcheuen
Gott hHat oft wunderbare Wege, die uns zum BZiele
führen und ich bin feſt überzeugt, daß er Dich nicht
verlaſſen wird.“

So Fehrte fie getröftet heim, wie ſchon Doft,
wenn fie mit [dmwerem, bedrüctem Herzen nach der
„Aaufje“ hinausgewandert war und mit friſchen
fröhlidhem Sinn ging! fie wieder an Ddie Arbeit.
Da gab e8 zu nähen, zu wajdhen, zu plätten, die
Dienftboten zu beauffidhtigen, der Haushälterin an
die Hand zu gehen und endlih {pät Abends faß fie
noch einige Stunden, um ihren Seiftzu erfrijhen und

Sefragt, denn der Freiherr, ihr Oheim, war nun

mit neuer Nahrung zu verfehen. Miüde und erſchöpft


Donnerstag, den 3. Dezember

findet der


statt.





vorzuzeigen.

Die Direktion.





Der Vorstand.



c Konkursmalle


einige Tage öffnen.

Minter,




einer großen Partie

zum Fabritkpreis.







die Trockenheit der

lösen un

Zu haben in Heidelberg bei Joh.





leidenden Theile und

A *

Banor, C. Fr. Burkol, Georg Groebe,



juchte fie dann ihr Lager auf und ein tiefer traumlo
Schlaf ergnicte fie für den folgenden Zag.

Wie Helene allzeit unter der Dienerſchaft gelebt
hHatte, fo hielt auch die Freiherrin darauf, daß fie
ſich duich ihre Kleidung nicht ſonderlich von derſelben
unter[hied. Man fah fie nicht anders, als in einem
gedructen Kleide mit blauer Lemwandſchürze oder
in einem ſolchen von grauem Lüftre. Nichtodeſto-
weniger ging das junge Maͤdchen immer zierlich
gekleidet und das Geficht mit den durchgeiſterten
BZügen, das fie zu einer ungewöhnlichen Erſcheinung
machte, fonnte ihr aller Neid der Freiherrin nicht
nehmen. Inmitten der Dienerſchaft war fie doch
immer die Herrin und dieſelbe unterordnete ſich der
geiſtigen Neberlegenheit freiwillig, ohne daß Helene
e8 beanfpruchte. -

Den legten Winter hatte die Freiin mit Margot
in der Stadt verlebt und das war, eine Zeit der
Erholung für Helene gewejen. Anfangs fürchtete
fie, Daß man ſie mitnehmen werde, aber es war
nicht die Rede davon. Die Freiherrin engagierte
eine neue Kammerjungfer und gab der Haushälterin
den Befehl, Helene fleißig bei fih in der Küche zu
verwenden! Nebenbei haͤtte es nicht an der Arbeit
gefehlt, die aus der Stadt nach Birkenweiler für
Helene Fam, aber ihre fleißige Hand leiſtete viel
und ſo war ihr noch freie Zeit geblieben, die fie in
der Geſellſchaft des alten Fräuleins hatte verbringen
können

Nach der Ruͤckkehr der Freiherrin und Margots
war dann der Umgang freilich auf lange Zeit unter-
brochen! Die Kammerjungfer war wieder entlaſſen
und Helene abermals an deren Stelle getreten Bom
frühen Morgen bis zum ſpäten Abend wurde ſie
gehetzt hierhin und dorthin, ſo daß ſie auch vor-
{äufig nicht einmal daran denken konnte, ihre Studien
fortzuſetzen.

Maxgot ſchwamm in einem Meer von Wonne.
Sie Hatte ſich für die Sommermonate zwei/ drei
ihrer Jugendfreundinnen zum Beſuch eingeladen
und außerdem Hatte Arthur Wildek, den fie in
der Stabt getrojfen und der zum Herbſt das Gut

ſer

war ein prächtiger Menſch geworden, groß und


mit großer Beſorgnis des Momentes gedacht, wo
ſein Blick auf ſie fallen würde.

ſtattlich! das Geficht von einem dunklen Vollbart Aber Helene hatte im Laufe der Zeit mit manchem
umrakmt. AUle Mädcdhen waren in ihn verliebt, Schmerz zu rechnen gehabt, hatte auch Manches über-
fie nicht ausgenommen, wie fie lachend erzählte, ! winden miiffen und mit Hilfe ihres Verſtandes und

Arthur habe fie nicht wieder erfannt, weil fie ſo
groß und ſchön geworden und er fei wirklich in
Zweifel gewejen, ob er fie nod) bei dem alten,
dertraulichen Namen anreden [olle, was fie ihm gern
genug geftattet.

GHelene haͤtte die Plauderei ihrer Couſine an-
gehört und fein Wort gejfagt, aber das Blut war
ihr ſiedend heiß in die Wangen geftiegen. Warum ?
Sie fand alsbald eine Srkflärung dafür. Es gab
ja fo wenig Menſchen in der Welt, die ſich um ſie
geforgt und gefimmert hHatten, aber Arthur Wildeck
hatte eines Tages Herzinnigen Anteil an dem Wohl
und Wehe des kleinen MädhchenS genommen und
fie nidht allein vor Margot’s {hlimmen Streichen
ge[Oüßt, ſondern auch der Freiherrin gegegenüber
hre Partei ergriffen. Helene vergaß das nie. Sie
hatte oft mit dankbaren Gefuͤhlen feiner gedacht
und auch den Verſuch gemacht, Zante Karoline
mit dem großen Jungen auszuföhnen, der Helene
als Kind den Zauberfünften der Waldfrau entriſſen
haͤtte! Hiermit hatte ſie nun freilich nicht viel Glück;
die Wildecks waren Verwandte der Freiherrin und
dieſe Thatſache genügte in den Augen des ſonſt ſo
nachſichtigen und zum Verzeihen geneigten Fräuleins,
ihn zu einem Harakter- und ehrloſen Menſchen zu
{tempeln. Das war der eine Punkt, in welchem
Tante Karolinens und Helenens Anſichten weit, weit
auseinandergingen.

Die Nachriht, daß Arthur nach Birkenweile
komnien werde/ hatte Helene nur im erſten Moment
ſtark erregt, [päter waͤr fie ruhiger geworden. Was
fümmerte e8 fie, ob er fam? Vermutlich würde
er ſich ihrer nicht erinnern und wenn er e& doch
that, jo fand er fie als Magd des freiherrlichen
Haufes wieder. Das war ſo natürlich und doch

Stolze8 auch gluͤcklich überwunden.

So reichten auch jeßt wenige Tage aus, ihre
. Gedanken wieder ins rechie Geleiſe zu bringen und fie
ſah mit mehr Ruhe dem Zeithunkt entgegen, wo
Arthur auf Birkenweiler eintreffen werde. Margot
{tand mit.ihm in regem brieflichen Verkehr und
ſchien allemal außer fich vor Freude, wenn ein Brief
von dem jungen Wildek kam. Dann war fie auch
bisweilen freündlich gegen Helene, für welche fie
ſonſt nur harte, tadelnde Worte hatte

Anfang Juni kamen zwei junge Damen, Baro-
neſſen von Legdorf, mit ihrer Kammerzofe nad
Birkenweiler, um dort einige Sommermonate 3zu
verbringen und nun war e8, al8 ob das alte, ftille
Schloß völlig auf den Kopf geſtellt fei, Sie hatten
eine Neihe von Zimmern im linken Schlobfluͤgel
bezogen und e8 war, als ob furſtliche Perſonen
daielbſt ihren Einzug gehalten hHätten, Für Helene
famen jeßt ſchlimme Tage und mancher Abend fand
ſie in Thränen.

Sie hatte hier etwas nicht recht gemacht und dort
eiwas verfehlt, Margot ſchalt ſie mit den haͤrteſten
Worten im Beifein der fremden SGäfte, trobdem fie
gewiß eifrig bemüht geweſen war, ANes zur Zu-
friedenheit der Freiherrin und ihrer Zochter auszu-
führen! Und wenn fie nur WwenigftenS eine freie
Stunde gefunden Hätte, um ſich bei der Zante
Karoline Troft und Beruhigung zu Holen, aber
fie mar feit vier Wochen nicht mehr aus dem
Schloſſe gekommen.

Eines Morgens, als Helene in der Küche be-
ſchaftigt war, fürzte Margot mit hochrotem Kopf
hHerein, einen Brief in der Hand Haltend.

Er fommt! er Fommt !“

(Fortfegung folgt.)

ſchuierzte der SGedanke — e$ ließ ſich nicht ändern
 
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