Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1885

DOI issue:
Nr. 231 - Nr. 240 (3. Oktober - 14. Oktober)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42544#0683

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Erſchein täglih, Sonutags anäges

Nömmen. Prels wonatlich 20 Bfg.

Bl dem YKufisierten UnterDaltung2»

Blatt 32 vfg. — Wird in der ganzen

Btabt verreilt und an den Straßen-
ecken augeſchlagen.


Alle Zuſendungen werden frautt
erbeten.

Juͤr die Aufnahme von Anzeigen

an beſtimwit vorgeſchriebenen Tagen

wird leine Verautwortlichkett über-
nommen.·

Oktober



Samstag, den 10.




derner:



Steppdecken,






Samstag abend &8 Uhr.
General!berſammlſung.

Waſſermannſchaft.

Montag abend 8 UhHr im
__ _ qroßen Zaß.
Bekanntmachung.

Termin zur Verpachtung der Lauer-
Gefälle vom 1. Januar 1886 ab auf die
guer von 3 Jaͤhren haben wir auf

Montag/ den 12. d. Mis.,
in „ Dormifings 9 Uyr
) 2— Bureau anberauint, woſelbſt
UG die Verpachtungs-Bedingungen ein-
Leſehen werden fönnen.

Heidelberg, den 5. Oktober 1885.

Das 2, Buͤrhermeiſteramt:
Sagelsdorff.

Bekannlinachung

® Die Weluleſe auf diesſeitiger
memadung beginst für rotes Ge-
ı 48 am Montag, den 12. Oktober
55 und für weißes Gewäds ım
ounerstag, den 15. Ottober L J.
Weinheim, 7 Oktober 1885.
Gemeinderat:

2
Dell.

Fritz

Eckler, — —

Roman von M, Lütetsdurg.
(6, Fortſetzung)
nie Die junge Witwe wurde durdh dieſe Thatſache
* wenig beunruhigt. Wenn da Trauerjahr
ithEIGUIen war, mußte fie entſchieden daran denfen,
4 € geringen Sriftenzmittel zu verbeſſern und ſo hatte
® ſich hereitS mit dem Theaterdirector in Berbindung
f neßt‚ bei dem fie fruͤher glänzende Aufnahme ge-
den, Aber ihre Stelle war durch eine andere
m&)“u?pieletin befeßt und wenn der Director auch
4 daran dachte ein ſo bedeutendes Zalent wie
e Nige Marianne’S bei Seite zu ſchieben {o Konnte
M 1Dr doch für den Augenblic nicht befonder8 glänzende
Nerbietungen machen.
ſich Den Eeliſchen Leiden der jungen Frau gefellte
* Hun die Corge um die Exiflenz bei und nur
* Teltene Energie Hielt ſie aufrecht. Die Liebe zu
Bebe‘}? Kinde ließ fie Alles vergeffen, was fie ſelbſt
eine eijerne Willenzkraft rif ſie empor
Ür gerade ein Jaͤhr nach dem plöglihen Todes
‚‘8 Satten hHatte Marianıte Leftog, wie fie ſich nun
er nannte, abermals glänzend in einer Gaſt-
® auf Engagement debütirt und war von neuen
fimmgen getragen, zu ihrem Kinde zurüdgekehrt.
2 Ehein nahm nun Alles den glüclichjten
n quf, Das Publikum war enthufiasmiert und
8 vier Wochen {päter erhielt fie wieder diefelbe
tin ung, mwelche fie vor einer Reihe von Jahren
— Warum nicht? In ihrer äußeren
am Zeinung war Marianne noch ein Kind, zarter
Üre Zierlicher als früher und wenn der Kummer
ließ Wangen bleih und ſchmal gemacht Hatte, {0
ig e fih diefe Mängel durch Toilettenfünfte befei
E ä“- Man fagte, Marianne fet unendlich viel
—* und anmutiger als in früheren Jahren und
genug fand fich auch wieder eine Schaar eifriger
da drer und Bewunderer, die um ihre Eunſt ſich
WarVen,
nl ä)t%eg aug nach diejer Seite Hin hHatte ſie ſich
berändert, fie war vielleicht noch Fälter und

N
8


Großh. vaden






zu Rarlsruhe.
Ergebniſſen wachſende
gerren Jul. Bettſtein,

Bahnhofftraße 7, ſind er-
verfallenen Renten ſchon


auszuzahlen.


den dabei unenkgeltlich abgegeben.



antre 232.

geringfien Gunjitbezeigung von ihr rÄhmen, keiner
der zahllojen Kränze und BonquetS, die man ihr
entgegenwarf, wurden von ihr eines Blifes gewür-
digt; eine grazibſe Verbeugung nach allen Seiten,
ein freundlidhes Lächeln war Alles womit Marianne
dankte

So haͤtte ihr wohl noch ein neueS Gluch wenn
au in einer anderen Weiſe als das genofjene,
blühen mögen, aber es giebt, troß aller gegenteiligen
Verfiherungen, Naturen, bei denen das „gebrochene
Herz“ nicht eine Fabel ift und zu diejen gehörte
Marianne. In der Stunde, wo ihr holdes SIM
ein {o0 plößlidhes, jähe8 Ende gefunden, war ihr
Herz gebrochen — nicht3 vermochte mehr ihr Frende
zu geben und wenn fie lebte ſo lebte fie nur für
ihr Kind, weil dasfelbe der Mutter bedurfte und
trofilo8 verlaſſen in dieſer Harten Welt hätte zurüd-
bleiben müffen.

Leußerlich war die junge Frau ruhig und immer
ruhiger geworden. Man fah fie mit ihrem Kinde,
das fidh lieblich entfaltete, lachen und. {pielen und
ſie ſeibſt glaubte wieder an Sliügk. Zu [pät! Das
lange Jaht der einjamen Trauer um den verlorenen
Satten hatte ihre LebenSfraft gebrochen,

Von den Verwandten desielben hörte fie nichts
mehr! Sie hatte auch nicht darnad) gefragt, Das
Tejftament des alten Freiherrn war gewiß geöffnet
und hHatte den Beweis von der Unver[öhnlichteit
desſelben gebracht Sie war auch zu ſtolz um
weiter zn fragen. Durch eigene Kraft fonnte e8
ihr vielleicht gelingen, ihr Kind eines Zages in einer
einigermaßen geficherten SebenS{tellung zurückzulaſſen
und mehr brauchte e& nicht. Befjer unter fremden
Menfchen, als in dem alten Schloſſe von Birken-
weiler inmitten ſelbſtfüchtiger/ hochmütiger Menſchen.

Das alte Fräulein.

Wenige Wochen waren erft ſeit dem Zode des
alten Freiherrn von Birkenweiler und ſeines Sohnes
bahingegangen und ſchon Hatte e8 in dem Schloſſe
den Anjdhein, als ob niht® geſchehen ſei. Manches


Spar-Kodherde

aus der berühmten Fabrik von Gebr.
Roeder in Darmfladt/ ſowie alle Sorten
Sefen, Fullöfen ꝛc. in reichex Au8-
waͤhl empfieh!t zu Außer[t billigen Preiſen

0. A. Klotz Nach£,

C. Krugmann,
Hauptſtraße 34.

Compfoir-Bult

— — — — Nr. 7,

hHatte mit ſeinen Schmerzen und beinahe noch mehr
mit {jeiner Ungeduld ſeine Umgebung nicht wenig
gequält und durch den eingetretenen Tod desſelben
war der Dienerfchaft manche Erleichterung geworden.
Große Liebe aber Hatte er im Leben nicht. genoffen,
denn er war ein ſtolze? Mann, ein Charakter, dem
e8 nieimal8 gelungen mar, . feinen Untergebenen Ber-
trauen einzuflößen, auf deſen Hilfe und Beiſtand
fein Menjh hHätte rechnen konnen, obſchon eS im
höchſten Grade ungerecht gewejen wäre, ihn hartherzig
zu nennen.

So war feine Lucke entſtanden und noch weniger
hHätte fie durch den Zod Pauls von Birkenweiler,
der nun ſchon viele Jahre vom Elternhauſe entfernt
war, hervorgerufen werden konnen Haͤtte man nicht
die Freiherrin in ſchwarzen Gewändern einhergehen
jehen, Niemand würde noch etwas davon bemerkt
haben, welch ein trauriges Familienereignis hier
vor Kurzem ftattgefunden, Und doch Fonnute es einem
{chärfer blickenden Auge nicht verborgen bleiben, daß
entmweder der Tod des Freiherrn oder derjenige ſeines
Sohnes einen großen Umfdhwung in dem per]önlihen
Berhältnis des jungen Freihevzn zu feiner Gemahlin
hervorgerufen hHatte Die Freiherrin hatte ſcheinbar
am meiften gelitten. Das Ihöne, gleihmäßige,
ewig Lächelnde Geſicht machte nicht mehr den Eindruck
volltommener Befriedigung, ſondern die dunklen,
ge{weiften Brauen waren nur zu Häufig drohend
zujammengezogen und die reine Stirn mit Wolfen
des UnmuteS bedeckt

Gegen ihren SGatten zeigte ſich die Freiherrin
auffallend Hihl und zurüchaltend, ja, fie vermieh eS
mit ihm zujammenzufommen. In Dder erften Zeit
hHatte e& Franz wohl laum bemerkt, das furdtbare
Familienereignis erfdhütterte ihn tief, um [o mehr,
weil er ſich nicht frei von Schuld fuͤhlte Die Zu-
jammenfunft mit der SGattin feine8 verſtorhenen
Bruder8 Hatte diefes SHuldbewußtfein verſtarkt und
der SGedanke an die unglücliche Frau verfolgte ihn
unabläffig. Aber er war zu fhwach, um ein be-
gangenes Unrecht zu fühnen, was nur zum Teil




gärtuer, Hauptjiraße 179 und in der
Goldſchmidt/

weſtlichen Stadi bei Herrn Inſpektor


Der Aussehuss,


vis-A-vis der engl. Kirche ein

vo_;‘kommenden Arbeiten und bei
Möbeln unter Zusicherung reeller








0

Bedarf von Polster- und Kasten-
Bedienung bestens empfohlen.

Tapezier,

zeige ergebenſt an.

wird abgegebem Zu 7
fragen Hauptfir, 129.

Neuer Wein




Altez Zigsar kauft zum hHöchiten Preis
© ; Beiler, Sandgaſſe 6,

Verlllogeus opferte, das der alte Freiherr hinterlafjen.

Die Teftamentseröffnung Hätte überhaupt alle
Serupel befeitigen fönnen — Paul von Birkenweiler,
jeine Frau und etwaige Kinder oder fonftige Pechts
nachfolger waren vollſtandig enterbt. Das niütterliche
VBermögen, allerding3 nur fehr unbedentend, ward
ihm feiner Zeit ausbezahlt und aus den hHinterlaffenen
Rapieren des alten Freiherrn ging noch deutlich
hervor, daß er den ungeratenen Sohn, wenigſtens
während der letzten zwei Jahre nicht unerheblich
unterftüigt Hatte, Die hatladhe an und für ſich
war nidht angenehn, weil fie Doch auf eine Sinnes-
änderung des alten Freiherrn ſchließen ließ die dem
Bruder ein Beweis hHätte ſein ſollen daß der Vater
wohl ein anderes Teftament gemacht haben würde-
wenn ihn der Tod nicht früher, als erwartet, abge-
rufen hätte.

83 wuͤrde auch viel gefragt, manches geſprochen
Benachbarte Gutobeſiker mit welchen man ſeither
in Verkehr geſtanden, zeigten ſich auffallend zurück-
haltend und Franz von Birkenweiler war es nicht
entgangen, daß man Blicke mit einander gewechſelt
hHatte, die ſich ſehr verſchiedenartig deuten ließen.
Ein unruhiges Gemüt waͤcht argwoͤhniſch und em:
pfindlich und ſo Fam e8, daß der Freiherr ſich zurüdzu-
ziehen begann.

Es laͤſtete wie ein Alp auf feinem Herzen und
wenn er teilweiſe hHätte gut machen fönnen, was an
jeinem Bruder verſchuldet war, würde er gewiß
Feinen Anftand genommen haben, e8 zu ım, Hier
aber gab e8 nur ein „entweder -— oder“ und darum
mußte nun Alles unberührt bleiben,

Seine Gemahlin Hatte nichts davon erfahren,
daß die Gattin Paul’S bei ihın gewefen war. Nicht,
weil er fürchtete, fie geneigt zu fehen, die erſchlichenen
Rechte preis zu geben, al8 vielmehr, weil er glaubte,
daß fie ihn mit Borwürfen überſchuten fönne, daß
er der „Komödiantin“ eine Unterredung gewährt.
Lus diefem Grunde auch hatte er dem Neffen feiner
Gemahlin, Arthur, verboten, irgend etwas über jene
Frau der Tante gegenüber zu äußern.

Die Freiherrin hHatte aber der einjamen Zrau
oft genug gedacht, nicht mit Gefuͤhlen des Mitleids
pder Bedauern8, fonden voll Schadenfreude und Haß.
3 gewährte ihr gleichſam Troft, Daß die Frau, die
ihr Die Liebe eines Mannes geraubt, dem anzuge-
hören fie al8 ein ſtolzes Gluck betrachtet haben würde,
vergeben3 die Heimkehr ihres Satten erwartet habe
und nun einfam und verlaffen ſeinen Verluſt bekflage.
Sie hHatte Marianne Leftoqg einmal. in ihrem Leben
gefehen und es war ihr undegreiflich, wie ein Mann
diefebe ihr vorziehen Könne, aber die Züge der
ehHemaligen Schaufpielerin waren Ir unausloͤſchlich
eingeprägt. Und ſo ſaß ſie oft in Gedanken verloren/
fich die Züge der beklagenswerten Fran Vergegen-
mwärtigend. Wie blaß und vergrämt mochten ſie
jetzt ſein!

Die erſten Frühlingsſturme umbranften die
Zinnen des Schloſſes und ſprengten des Winters
fiarre Feffeln. Die Eioblumen verſchwanden Vonr
den Fenſtern und der Schnee [Omolz {0 raſch/ daß
das Waͤffer thalwärts jagte und der Fluß aus
ſeinen ufern trat/ alle tiefer gelegenen Ländereien
überſchwemmend! Ohen vom Schloſſe aus gewährten
die uͤberſchwemmten Wieſen und darliber ein blauer
Himmel, von weldhem die Sonne hell hernieder-
firahlie, einen prächtigen Anblick und felbft das
GSefiht der Freiherrin, welde an einem der Fenfter
ftand und die weite FIäche überſchaute blickte nicht
ſo finſter wie gewöhnlich.

Da hewegte fidh eine ichwerfällige Kutſche langjam
den Berg Hinan auf dem Wege, Der zum Schloſſe
führte, Sn demfelben Augenblich als die Freiherrin
das Gefährt bemerkte, war auch dies Lächeln von
ihrem Antlige verſchwunden und auf ihrer Stirn
drohte eine unheimlide Wolfe, während ihre Lippen
ſich zufammenfniffen, nachdem ihnen unwillkuͤrlich
ein Ausruf des Zornes eutſchlapft war. Mit einer
ungeduldigen Bewegung wandte fie ſich von dem
Fenfter ab und begann mit raſchen Schritten in dem
SGemache auf und abzuwandern, bis der Eintritt
der Kammerfrau fie aus ihrem Sinnen auffchrecte,
Letztere ſchien ganz verſtört. (Fortf. folgt.)
 
Annotationen