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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 51 - Nr. 60 (1. März - 12. März)
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„HUbelderger BolkSdlatt" — DknStag, den 12. März IMS

Gelte S



Heidelberg, den 12. März 1935.
Denkt an die Entrümmtung!
Von Entrümpelung -der Speicherräume hat
man im letzten halben Jahr g-ar manchmal ge-
hört, hat auch erlabt und gesehen, wie emsige
Gestalten altes, seit Jahrzehnten angchäustes
«Gerümpel aus die Straße schleppten und auf
berei-tstehende Wagen verstauten. Es galt die
Speicher zu säubern von allem Überflüssigen
und Ueberständigen, um etwaigen Dachituhl-
bräüden die bis dahin reichlich aufgestapelte
Nahrung zu entziehen. Drum wurden auch
Brennholz und dergl. Vorräte, d-ie bis dahin
aus dem Dachboden gehalten wurden, von da
iweggeschasft. Was oben bleiben mußte, wurde
wenigstens so zusammengestellt, daß alle Räume
und Winkel leicht zugänglich und übersehbar
wurden. Bisher hat der Reichslusichutzdund
weithin in -der Stadt Heidelberg da, wo man
sich der Entrümpelung freiwillig unterziehen
l-ieß, diese Arbeit vollzogen
Es handelt sich jetzt nur darum, die neu
geordneten Speicher in geordnetem Zu-
stand zu erhalten,
damit an Stelle des alten nunmehr nicht neuer
Brandstoff -dort sich ansammelt. Die polizei-
liche Vorschrift läßt Feuerungsmaterial in den
Gpelcherräumen nur ausnahmsweise, jedoch
ihöchstens für den Haushaltsbedarf eines
Monats zu. Die Zeit der frei w i Iligen
Entrümpelung geht mit dem 1. April d. I. zu
-Ende. Die mit besonderen Ausweisen versehe-
nen Beauftragten des Reichsluftschutzbundes
und d-ie Luftschntzhauswarts werden nunmehr
vom 15. März d. I. ab sich über den ordnungs-
mäßigen Zustand der Speicherräume verlässi-
gen, um festzustell-en, ob d-ie vorschriftsmäßige
Entrümpelung und Ordnung vollzogen ist.
Diese Kontrolle ist den Beauftragten in jeder
Weise durch den Hauseigentümer, Mieter, Un-
termieter und Pachter zu erleichtern durch un-
gehinderten Zutritt auch in verschlossen gehal-
tene Räume. Etwaige Zuwiderhandlungen und
-Widerstände unterstehen der polizeilichen Be-
strafung mit Geld bis zu 150 oder mit
Haft bis zu 14 Tagen laut Veröffentlichung
des Bezirksamtes vom 11. Februar 1935.
In Häusern, -deren Eigentümer oder Bewoh-
ner -sich b-is zum 1. April d. I. -der freiwilligen
Entrümpelung nicht unterzogen haben, wird
nach dem 1. April d. I. die Entrümpelung
zwangsweise auf Kosten der Betreffenden vor-
genommen werden.
Die Zeit des Zuwartens geht zu Ende, die
Zeit des Handelns ist gekommen. Drum
ergeht vor Torschluß die Mahnung an
alle, die es angeht: Macht Eure Speicher-
räume frei von Gerümpel und Brenn'
stossen!
Es gilt ein Werk zum eigenen -Schutz, zum
Schutz der Hausgenossen, der Nachbarn und
der Allgemeinheit. Und wer wollte die schwere
Verantwortung übernehmen, durch versäumte
Entrümpelung schwere Schäden an Leib und
Habe verschuldet zu -halben? — Die Speicher
frei!

Bausteine zum
Eine Kundgebung zum Abschluß des
Das Winterhilsstverk nähert sich seinem
Ende. Noch einmal geht e-in Appell durch die
Lande, zusammenzustehen, um in opferwilliger
Volksgemeinschaft auch im letzten Mouat des
Winters Not zu lindern. Das alte Wort, daß
Liebe erfinderisch) ist, kann man im -basten Sinn
auch auf d-ie großzügige Aktion des Winter -
hilfswerkesanwenden. Als letzter Ansporn wird
nun ein großes Mvsailb-ild, das Wappenzei-
ch-en des Winterhilfswerkes zusammengesetzt,
zu dem jeder Volksgenosse ein kleines Baustem-
chen für 20 beisteuern und 'e-lbst einstigen
soll. Nach Fertigstellung wird das Mosaik mit
darauf verzeichneter Zahl der Gesamtspende
öffentlich ausgestellt werden.
Dieses Bild wurde gestern abend vor dem
Rathaus im Scheinwerferlicht aufgestellt und
mit einer kurzen Kundgebung wurde der Akt
eröffnet. Widder sah man das übliche Bild oer
aufm-a-rschierenden Ehrenstürme der SA, SS,
PO, HI und des Arbeitsdienstes unter Voran-
tritt des SA-Sp-ielmanns- und Musikzuges
durch die Stadt zum Rathaus ziehen, wo schon
eine große Menge Zuschauer sich ungesunden
hatte.
Bürgermeister Genthe
sprach hier -über den Sinn und d-ie bisherigen
Erfolgs des Winterhilsswevks und -wies darauf

X Reifeprüfung an der Oberrealschule. In
der Zeit vom 4. bis 11. März fand unter dem
Vorsitz von Direktor Dr. Rudolf Metzdie münd-
liche Reifeprüfung an der Oberrealschule mit
Realgymnasium statt. Alle 80 Abiturienten der
vier Oberprimen haben diese Prüfung bestanden.
Dieses sind: Klasse Ola O-berreal»
schule: Amann Fritz, Artmann Egon, Autz K.,
Verthold Eduard, Haas Hans, Heineke Moritz,
Jacobsen Otto, Jahn Paul, Ott Adolf, Rechner
Josef, Schnitzler Fritz, Schwarz Ludwig, Schweit-
zer Helmut, Umhau Werner, Wolf Alfred, Zo-
bel Heini. Klasse Olb Oberrealschule:
Bader Oskar, Vally Jrmi, Barth Heinrich,
Eisenlohr-Napela Hans Ulrich, Ernst Robert,
Hiebeler Otto, Kärcher Wilhelm, Kling Helmuth,
Lentz Hans, Merz Otto, Müller Heinz, Müller
Siegfried, Rauh Kurt, Sauckel Claus, Sauer
Dorothea, Schwab Julius, Steinmann Gottlieb,
Wörbach Philipp. Klasse OlaRealgym-
nasium: Apfel Alois, Böhler Ludwig, Drex-
ler Alban, Elsässer Helmuth, Fath Franz, Fi-
scher Hans, Gamber Günther, Gerold Robert,
Günter Kilian, Hartmann Willi, Höfer Hellmut,
Ihrig Wilhelm, Korell Ulrich, Malmendier Karl
Otto, Meyer Günther, Rammelmeyer Alex,
Schnell Hans, Schollmeier Herbert, Simon Fritz,
Voß Heinrich, Weidner Helmut. Klasse Olb
Realgymnasium: Astor Gerhard, Bär H.,
Bartmann Dieter, Disfene Karlheinz, Eichhorn
Walter, Faust Achim, von Gemmingen Wei-
precht, Elatzel Reinhold, Hofstetter Hermann,
Jntlekofer Wolfgang, Klenkler Franz, Poppen
Hanfried, Rolly Fritz, Schmiedel Hanns, Schulz
Hans, Schuster H., Schweinfurth Heinz, Schwei-
kert Otto, Steibel Fritz, Struve Manfred, Wahl
Berthold, Waibel Jakob, Weber Wilhelm.

WM'Msatk
WHW vor dem Rathaus
hin, daß es auch im Kampf gegen die Not ge-
nau wie im politischen Kampf gelte, nach dem
Sieg den Helm feister zu binden und weiter zu
kämpfen, weiter zu opfern, nicht als Almosen,
sondern als Waste gegen Hunger und Kälte.
Dem Abschluß des Winterhilfswerks diene nun
diese Möglichkeit, durch Bausteine -das Bildwerk
des WHW. zusammenzustellen und er hoffe,
daß in Heidelberg, wo der Opfergeist nie ver-
sagt habe, es sich alle Volksaenossen zur Ehre
anrechnen werden, dieses Bild bald zu vollen-
den, damit spätere Geschlechter daran die Op-
fer Willigkeit unserer Zeit erkennen.
In ähnlichem Sinne sprach der Kreisbeanf-
tragte des WHW., Sommer, vom Willen
des Führers, daß niemand in Deutschland
hungern und frieren solle und von dem Echo,
das dieses Wort im Volke gefunden und zu der
einzigartigen Organisation des Winterhilfs-
werks geführt Hobe. Dieses letzte Opfer zu dem
die Stadt in diesem Winter aufruft, muß mit-
helfen, d-ie Zukunft zu bauen und das Wunder
zu vollenden, das aus Steinen Brot
wird.
Das Sieg-Heil auf den Führer und die Hei-
den Nationalhymnen schlossen den Akt und
strammen Schritts mit klingendem Spiel zogen
die Formationen wieder ab.

X Der Heldengedenktag in Heidelberg. Am
kommenden Sonntag werden im ganzen Reich
Heldengedenkfeiern abgehalten. In Heidel-
berg findet die Feier am Vormittag beim
Ghrenfriedhof statt. Teilnahmen -werden alle
-Gliederungen der NSDAP, der Kysfhäuser-
bund und sämtliche Verbände. Das ausführ-
liche Programm der Feier iwrd noch bekannt-
gegeben.
X Die jährliche Drogistenprüfung fand am
-Sonntag morgen mit-der mündlichen Gehilfen-
prüfung ihren Abschluß. Die auf Grund der
schriftlichen Prüfungen zugelassenen Drogisten
zeigten der unter dem Vorsitz von F. Het-
ti n g e r amtierenden Prüfungskommission,
daß sie reiche Kenntnisse für ihren verantwor-
tungsvollen Beruf sich angeeignet haben. Neben
der vorgeschriebenen kaufmännischen Ausbil-
dung muß der Drogist in Chemie und Physik
gründlich Bescheid wissen, um die Grundstoffe
der verschiedenen Chemikalien, -ihre Zusammen-
setzung und ihre Verwendungsmöglichkeiten zu
kennen. Dazu gehört d-ie Kenntnis der unzähli-
gen Kräuter und nicht zuletzt erste Hilie bei
Verletzungen, Ohnmächten usw. Tas Prüfungs-
ergebnis stellte nicht nur den Gehilfen, sondern
auch -dem Fachlehrer Dr. Leonhard das beite
Zeugnis aus.
X Der Männergesangverein „Liederkranz"
Handschuhsheim e. V. von 1847 brachte am
frühen Sonntag morgen vor dem Hause sei-
nes Ehrenmitgliedes Ludwig Bauer,
Friedensstraße 13 und dessen Ehefrau zur
goldenen Hochzeit ein wohlgelungenes Ständ-
chen. In sinnvoller Weise wurden unter der
bewährten Führung des Musikdirektors L.


Die Verlobte Hermann Görings,
Frau Staatsschauspielerin Emmy Sonne-
mann, deren Vermählung mit dem preußi-
schen Ministerpräsidenten am 11. April stattfin-
den wird.

Treiber, Heidelberg, Chöre von Kreutzer das
Jubellied von Kyssig, sowie „Ewig liebe Hei-
mat" von Breu ausdrucksvoll zum Vortrag
gebracht. Der Vereinsführer Herrn. Fischer
beglückwünschte das in gesunder Körper- und
Geistesfrische im Kreise der Angehörigen er-
schienene Hochzeitspaar und überreichte als
Zeichen bewiesener Treue um Treue ein Ge-
schenk. Nach freudigem Danke des Jubilars
beschloß die Sängerschar den gesanglichen
Teil mit dem vierstimmigen Hoch auf das
Jubelpaar.
X Gastspiel des Nundfunkhumoristen Mar
Paulsen. Vor einem leider nicht zahlreich
erschienenen Publikum gab Sonntag abend
Max Paulsen mit seinem Ensemble
eine Vorstellung, die den Reigen einer Reihe
bunter Abende im Kreise Heidelberg eröff-
nete. Das flott zusammengestellte Programm
bestritten Lotte Krohn mit reizenden
Tanzdarbietungen, Willi Armand als
Verwandlungskünstler, Julius Welker,
der Rheinlieder sang, dann ein Vallkünstler,
dessen Kunststücke ganz hervorragend waren,
dazwischen zeigte sich der Pianist Seezer
auch als Virtuos auf dem Schifferklavier.
Im zweiten Teil stellte sich außer den bereits
genannten Künstlern noch WilliSchmel«
t e r als begabter Tylophonist und zum
Schlüsse Max Paulsenals Sänger vor.
Er fungierte den ganzen Abend auch als
lustiger Ansager und verstand es, das Publi-
kum glänzend zu packen und zu unterhalten.


MV?

Das Stadt. Orchester spielt Beethovens
„Eroica".
Es ist mit ganz besonderer Eengutuung festzu-
stellen, daß die Institution der Musikalischen
Morgenfeiern -das Herz der Heidelberger Bevöl-
kerung erobert hat. Wenn auch die früheren Fei-
ern schon stark besucht waren, am Sonntag war
der Andrang so überwältigend, daß schließlich auch
die Galerie geöffnet werden mußte, um den Be-
suchern noch irgendwo einen Platz zu geben
Zweifellos hat auch das Interesse der Bevölke-
rung an dem Plan, der für die kommende Kon-
zert-Saison vom Generalmusikdirektor Kurt
Ove rhoff kurz in einleitenden Worten aus-
-geprochen wurde, mitgewirkt. Es wäre zu wün-
schen, daß sich auf der vorgesehenen Basis ein recht
großes Konzertpublikum bildet. Das Programm
ist zunächst vorläufig aufgestellt. Wir werden,
wenn endgültige Klarheit gegeben ist, es an die-
ser Stelle veröffentlichen. Inzwischen kann auch
von der Bevölkerung noch der oder jener Wunsch
angebracht werden.
Es war ein grandioses Erleben, in
das die große Gemeinde der Zuhörerschaft durch
den Vortrag der Heldensymphoni^Ve et-
hove ns, der „Eroica", hineingeführt würge.
Der Weg zu der Symphonie wurde in dankens-
werter Weise durch den Einführungsvortrag von
Generalmusikdirektor Kurt Ov erhoff er-
leichtert. Overhosf verstand es auch diesmal
wieder, jene Konzentration und jene innere Be-
reitschaft in der vielgliederigen Zuhörerschaft zu
wecken, ohne die auch das schönste Werk sein Ziel
und seinen Zweck nicht erreichen könnte. Wenn
er das Werk Beethovens nicht -so sehr fachmän-
nisch, als vielmehr von der allgemeinen, ethi-
schen Werthastigkeit, von dem Willen der see-
lisch-geistigen Dynamik her, die, wie selten, ge-
rade in der „Eroica" musikalisch geformt ist, be-

leuchtete, so muß man ihm gerade für diese Art
der Einführung von Herzen verpflichtet fein.
Wir, das „gewöhnliche Volk", sind ja keine Aestye-
ten und Sachkenner, um der Aesthetik und der
Fachwissenschaft willen, sondern die Gemeinschaft,
die aus einem unverdorbenen Herzensimpuls
heraus jeden Künstler, der Großes und Ewig-
Gültiges angesprochen hat, zu sich einladen
möchte, ja muß, wenn wir nicht von den leben-
digen Quellen unseres Daseins abgeschnitten wer-
den wollen. Es ist etwas Großes um diese Er-
kenntnis, und es ist schön, daß sie anscheinend All-
gemeingut wird.
Die'h elbische Leistung, das Wagnis, sich
selbst und die Welt zu vergessen, um sie aus einer
höheren und ewigen Position heraus neu und
wieder zu gewinnen, kennzeichnet nicht nur das
Genie Veethoven's im allgemeinen, sondern im
typischen Sinne gerade seine Heldensymphonre.
Die innere Entwicklung in den 4 Sätzen schreitet
von der in die Dimensionen der Freude und des
Schmerzes, des Hasses und der Liebe, der leiden-
schaftlichen Impulse schlechthin getragenen The-
matik des ersten Satzes schließlich zu der Ver-
göttlichung und Heiligkeit in der abgrundtiefen
Mystik des Finale. Der Held wird zum
Heiligen. Aber auch über seiner kämpferischen
Position waltet immer das Ethos, das Gesetz
sonst müßte Wahnsinn das Ende sein. Immer
wieder findet der musikalische Ausdruck darin
seine Korrektor und seinen Ausgleich. Wenn der
Sturm des Kampfes durch die Bässe und die Gei-
gen stürmt und zittert, dann ist es das Ethos des
Hauptthemas, das die lösende Intervention
bringt. Wundervoll, wie Beethoven so im ersten
Satz variiert, wie er die schneidende Dissonanz
des Trotzes durch die Melodie des melancholischen
Motivs ablöst, oder wie er im Pianissimo die
Summierung der Kraftströme gestaltet und sie
im Fortissimo machtvoll zur Entladung bringt
Im Seitenthema läßt Beethoven die Zartheit
und Lieblichkeit einer großen Seele in allen
Schwingungen erklingen. Mit dem zweiten Satz

betritt der Künstler den Bezirk des Jenseits, das
Reich der ewigen Einsamkeit, in die die letzte
Sehnsucht einer tödlich verwundeten Liebe her-
einspricht. Der Trauermarsch, so zeichnet Over-
Hoff sein persönliches Erlebnis, ist wie ein Mah-
nen an den Kreuzestod des Erlösers, wie ein
Ausdruck des schmerzlich großen Rufes: „Es ist
vollbracht". Im dritten Satz offenbart sich das
musikalische Spiel in seiner ganzen Freiheit, in
der Lebendigkeit des entfesselten Geistes. Ls
wird im vierten Satz in der Rhythmik der Va-
riationen, der Kontrapunktik, der Polyphones zu
Kaskaden der Schönheit geformt, in einer Kiihn-

Kammersänger Julius Patza-k von d-er
Staatsopev in München kann aus diesem
Lieder- und Arienabend, zu dem eine Zuhörer-
schaft in d-ie S-tadbhalle strömte, die den Raum
-beinahe vollständig füllte, die Gewißheit mit-
nehmen, daß er sich bei uns in Heidelberg d-ie
große Liebe und Bewunderung seiner Hörer
ersungen hat. Es war ein festlicher Abend,
getragen vom zauberischen Klang einer selten
schönen, reichen und melodiösen Stimme, ein-
gesenkt und geprägt aus einer inneren musi-
kalischen Schau, schwingend und singend sozu-
sagen in d-er unbegrenzten Vielfalt, die der
Mensch, !dessen Herz anfgetan ist für die Har-
monie des Schönen, für sich gewinnen kann,
wenn in ihm die Gnade, das Talent und die
Liebe zum Dienst an d-er Sache der Kunst
«aufgewacht ist. Patzak hat diese Qualitäten für
sich. Ihm «gelingt es in der Sprache des Ge-
scnrges das ausznsagen, was man als das Ge-
heimnis der schönen Empfindung ahnt und
ersehnt. Sein Tenor ist in einen Wohllaut
eingebettet, der immer vom warmen Klang
durchströ-mt ist. Das lyrische Kolorit zeichnet
sich in seinen Gesang «auch dann ein, -wenn die
GswM der großen Akkorde ertönt und maje-

heit, wie sie sonst nirgends anzutreffen ist.
Im Schlußandante werden gleichsam die Kri-
stalle der so musikalisch wunderbar geformren
Bilder aufgetaut und zur Liebesseligkeit der gro-
ßen christlichen Mystik geformt: der Held kommt
überden angedeuteten Weg zum Sieg in der ab-
grundtiefen göttlichen Liebe, er wird zum Hei-
ligen.
Die großartige Schau, die Overhoff angezeich-
net hätte, wurde nachher in der Reproduktion des
Orchesters zur erlebten Wirklichkeit. Wir sind
dem Generalmusikdirektor und seinem Orchester
von Herzen für diese Morgenstunde dankbar, -er.

statisch aufrauscht. In den Arien kam gerade
diese Meisterschaft zum überzeugenden Durch-
bruch. Seine Stimme moduliert hier mit
Feinheit, mit Differenzierung, mit dem vollen
und doch ruhigen Pathos, das sich seiner selbst
bewußt ist aber immer wieder gerne hinter
die nielodiöse Besirm-lichkeit zuvücktritt. Wun-
dervoll erblüht so sein Gchang. Man mochte
manchmal d-en Vollzug des -schöpferischen Aktes
Plastisch vor sich sehen, wie er im gesanglich-
musikabischen Feld Blume zu Blume risf. An-
dacht und Glaube atmet diese Sprache. Da-
her die Schlichtheit, die Stille und sichere
Fähigkeit,, in der Ruhe und Versenkung, die
reinste Musikalität, d-en vollendetsten Wohl-
laut und den stärksten gesanglichen - Impuls
zu formen.
D-ie Auswahl des Programms verschenkte
Perlen der Gesangskunst. Bestrickend die Far-
ben des Kolorits im „Lied im Grünen", un-
sagbar groß die Bescheidung in „Frühlings-
glaube", Helle, naturh-afte HwEn-dun-g und
Liebe in „Die Forelle", „Heimkehr" und ein
„Ständchen", das Geheimnis verhüllend und
bejahend in dem Strauß'schen „Nicht", mei-
sterhaft das Stmimungsbild, gemalt in. „Und
morgen wird die Sonne wieder scheinen",
 
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