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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Ueber Gobelins
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Töpfer, August: Ueber Bauernmöbel, [2]
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Werner, H.: Die Gewebe und deren Verzierung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0044

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Leite 36.

Fachblatt für Hnnen-De koratisn".

Nr. 5.

die Vlamländer zu bedeutsamer Vollendung gebracht. Die im XV. Jahr-
hundert und später aus den Fabriken von Brüssel und Arras hervor-
gegangenen, nach letzterem Orte „Arazzi" benannten Wandteppiche gelten
bis heute als hervorragende Meisterstücke der Kunstweberei. Von Flandern
breitete sich das Gewerbe nach den benachbarten Staaten aus, vornehm-
lich nach Frankreich und Italien. So entstand in Frankreich zunächst
die Teppich-Wirkerei in Fontainebleau, welche Heinrich II. mit vielerlei
Vergünstigungen ausstattete, und die besonders unter der Leitung von
Philibert de Lorme zu hoher Blüthe gedieh. Berühmter wurden weiter-
hin, als das Ansehen der vlämischen Schule zu verblassen begonnen,
die in Paris durch Ludwig XlV. 1662 ins Leben gerufenen llunu-
luetuios RoMle^ <>68 Gobaliim, die dadurch zu Stande gekommen
waren, daß man die bis dahin in den Tuillerien und im Louvre ein-
gerichteten Werkstätten der Teppichweber mit der schon seit Mitte des
XV. Jahrhunderts am Ufer der Biävre von der Färbersamilie „Gobelins"
betriebenen Scharlachfärberei vereinigt hatte.

Die Zulassung der Seide an Stelle der Wolle erfolgte anfangs
wohl nur in der Absicht, die Zerstörung der Gobelins durch Motten
aufzuhalten. Indessen trat mit der Seide doch bald ein anderes Uebel
auf, nämlich dasjenige allzu leichter Brüchigkeit der gefärbten Fäden,
die außerdem eine geringere Widerstandsfähigkeit gegen Farbenveränderung
im Sonnenlichte zeigte». Allerdings verleiht die Seide dem Gewebe, beson-
ders an den Fleisch- und Haarparthien, ein ungemein prächtiges Aussehen.

Die Gobelins wurden ursprünglich nur aus Wolle hergestellt.
Erst in späterer Zeit fanden auch Seide, sowie Gold- und Silberfäden
Verwendung. Man hat Stücke, bei denen Kette und Schluß aus Wolle
bestehen, dann kommen solche vor, bei welchen im Einschläge neben
Wolle auch Seide auftritt. Spanien rst die Heimath der Stickkunst,
dieselbe wird dort allgemein, besonders aber in den Klöstern gepflegt.
In dem berühmten Schlosse Eskurial sind die meisten Zimmer mit weißem
Atlas austapezirt, der mit den herrlichsten Stickereien bedeckt ist, die
theilweise von verschiedenen spanischen Königinnen, zumeist aber von
Mönchen herstammen.

Die Farbenbehandlung der französischen Gobelins wurde unter
der Leitung des Malers Boucher allmälig wirkungslos, denn gerade die
Art dieses Malers, die unwahren, unkräftigen, blassen, kalten, aber
harmonischen Farben, sein mehr deni Aquarell als dem Oelgemälde
entsprechendes Kolorit war den Gobelins nicht unangemessen, zumal bei
dem Geschmacke jener farbenschillernden Gesellschaft. Bei der Wandlung
des Geschmackes jedoch in der Epoche der Empire und im X!X. Jahr-
hunderte zeigte sich der große Nachtheil, die Gobelins hörten aus, Deko-

ration zu sein, und wurden freie Gemälde, aber nur Kopien. Die
Rokoko-Epoche brachte noch eine andere, nicht allzu glückliche Neuerung.
Im Mittelalter hatte die Teppichmirkerei auch Behänge für Stühle und
Bänke, sogenannte Rücklacken, liefern müssen.

Auf die Herstellungskosten der Gobelins hat die Beschaffung der
Materialien nur äußerst geringen Einfluß. Beinahe Alles hängt von
dem Arbeitslöhne und dieser wieder davon ab, wieweit künstlerische
Anforderungen an die Ausführung gestellt werden. Gewöhnlich rechnet
man, daß ein tüchtiger Arbeiter im Lause des Jahres 0,80 bis 1 n?
Stoff zu vollenden vermag, wenn aus diesem neben ornamentalem
Schmucke auch Figuren zur Darstellung kommen müssen. Der Quadrat-
meter derartiger Gobelins wird somit kaum unter 1500, in schwierigen
Fällen aber nicht unter 3000 Lire anzufertigen sein. Die sorgfältigste
Arbeit und größte Mühe verlangen, wie erklärlich, die Zeichnungen von
Köpfen mit feinen Tonabstufungen nnd-zarten Farbenübergängen. Die
Herstellungsart ist Wirken und bildet eine Handarbeit.

Der Kenner wird bei Betrachtung der künstlerisch gehaltvollen
Ausführung, als der Mannigfaltigkeit in der technischen Behandlung
der zur Zeit im „Oesterreichischen Museum für Kunst und Industrie"
in Wien vereinten Gobelins leicht auch Vergleiche mit den meist in
Buntdruck ausgeführten Nachbildungen machen. Eine ganz besondere
Würdigung diesbezüglich gebühren den im l V. Saale in einer Doppel-
reihe ausgestellten 22 Stück französischer Gobelins-Nachbildungen von
der um die österreichische Jndustrke hochverdienten Firma Haas L Söhne,
Wien, die unter der technischen Leitung ihres Direktors Laurenz Gstettner
ausgeführt wurden. Sie sind in gediegenem festen Zeuge mit so treuer
als gehaltvoller Behandlung in dem speziellen Gobelin-Charakter in allen
Genre- und Stilvariationen hergestellt. (Wiener Bauindustrie-Zeitung.)

LIever Bauerttmööel.

Von August Töpfer
Direktor des Gewerbe-Museums in Bremen.

(Schluß.)

AHI iese Eigenthümlichkeiten der bäuerlichen Möbel finden sich allerorts;

sie unterscheiden sich nur durch die Wahl der landesüblichen Holz-
gattung, durch die traditionelle Weise des Baues und durch ihre dekorative
Technik. In den nadelholzreichen Gebirgsgegenden herrscht als Material
das Holz der Tanne und Kiefer vor, welchen sich für die gleiche Ver-
arbeitung zuweilen auch feinere Gattungen, wie dasjenige der Lärche,

Nie WeweLe und Leven

Von H. Werner.

(Fortsetzung.)

ADie Verzierungsweise der Textilkunst ist in ihren Arten durch den
^ allgemeinen Stilcharakter der verschiedenen Zeitperioden scharf
ausgeprägt und nach diesen abgegrenzt, wobei gewisse Eigenthümlichkeiten
eines jeden Volkes kräftig zum Ausdrucke gelangten.

Da nun die Seidengewebe am ehesten den Entwickelungsgang der
ornamentalen Verzierungen der Gewebe ersehen lassen, so wollen wir
in allgemeinen Umrissen die Geschichte derselben verfolgen und dann
unsere modernen Textilarbeiten in Bezug auf ihre Ornamentik einer
Betrachtung unterwerfen, um so durch den geschichtlichen Rückblick Ge-
legenheit zu finden, Vergangenheit und Gegenwart einander gegenüber
zu stellen. Wir werden dann zur Erkenntniß gelangen, daß besonders
die Gegenwart sich mancher Fehlgriffe zu Schulden kommen läßt, welche
für die weitere fortschrittliche Entwickelung der richtigen stilgemäßen
Verzierung der Gewebe mancherlei Bedenken wach rufen muß.

Die Seide nkultur läßt sich in ihren Uranfängen nach China
zurückführen, wo sie schon 4000 Jahre vor Christus bedeutend gepflegt
und von da im 6. Jahrhundert nach Tibet verpflanzt wurde. Nach
Griechenland und Rom kam sie durch den Feldzug Alexanders; unter
Justinian nach Konstantinopel, um überall zur größten Entwickelung zu
gelangen.

Die erste Periode der Entwickelung der Seidenweberei begann
mit dem 6. Jahrhundert, und wird die o ri en t a li s ch - b y z an ti n ische
Periode benannt, bei welcher noch ein bedeutender Einfluß Neubabyloniens
wahrzunehmen ist.

Das Reich der Sassaniden oder nenpersisches Reich entstand auf
dem alten unlergegangenen Babylon. Die Gewebe dieser Zeit, sassani-
dische Gewebe, kennen wir aus einigen Resten der Umhüllungen
von Reliquien. Es sind Gewebe einfacher Textur, welche in ihren Ver-
zierungen noch die altorientaiischen Grundformen erkennen lassen. Die
Thierwelt in Verbindung der menschlichen Gestalt in bizarrer Auffassung
bilden die Hauptmotive, zu welchen sich noch Ornamente gesellen, welche
bereits Anklänge an den byzantinischen Stil zeigen. Die Gruppirung
der Motive geschah in kreisförmigen Umrahmungen, innerhalb welcher
Thier- und Menschengestalten symetrisch gegenüber gestellt wurden. Die
Zwischenräume außerhalb der Kreise sind mit strahlenden Ornamenten
bedeckt oder die Formen bilden einen aufwärts strebenden Büschel.
Diese stilisirten Thiergestalten erhielten sich auch noch in der byzan-
tinischen Seidenweberei.

In Byzanz, Athen, Theben, Korinth und anderen Orten entstanden
unter Justinian große Seidenmanufakturen, und erwarben sich die Er-
zeugnisse derselben unter dessen Nachfolger große Bedeutung, so daß sie
mit jenen Chinas auf gleicher Höhe standen, ja dieselben an Vollkommen-
heit übertrafen.

Bemerkenswerth ist, daß Gewebe aus jener Zeit vielfach symbolische
Darstellungen aus dem christlichen Kultus zeigten.

Die Farbe der Gewebe war bei den Byzantinern von hoher Be-
deutung, die verschiedenen Abstufungen des Purpurs nur gewissen
Klassen der Bevölkerung zu tragen gestaltet, und nur dem Kaiser stand
das Recht zu, sich Purpurgewänder der schönsten Färbung zu bedienen;
unbefugtes Tragen eines solchen Gewandes wurde mit den größten
Strafen belegt und sogar mit dem Tode bestraft.

Von Geweben ans der Zeit vom 5. bis zum 10. Jahrhundert
 
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