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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Rothschild, M.: Ofenschirm und Rückenkissen
DOI Artikel:
Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0060

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Fa.üblatt für Hünen-Dekoration".

5eite 52.

kcr. <.

Mlie fantasievollen, anmuthigen,
das Auge durch graziöse Beweg-
ungen erfreuenden Formen des Rokoko-
und Barockstils haben die strengeren
Formen der deutschen Renaissance
bei Handarbeiten vielfach zurückge-
drängt von ihrer Herrschaft. Die
beiden erstereu Stilarten sind, obgleich
sie einander sehr ähnlich sehen, doch
grundverschieden. Der Barock ist mit
seinen prächtigen schweren Muschel-
formen leicht von den anmuthigen
graziösen Verzierungen des Rokoko-
stils zu unterscheiden.

Wir bringen in unserer heutigen
Nummer zur Ausschmückung der inne-
ren Wohnräume zwei Mustervorlagen
für Applikationsstickerei und Platt-
stich im Nokokostil. Dieselbe zeichnen
sich durch leicht faßliche, für Jeder-
mann verständliche Formen aus,
welche, nachdem solche in ausführ-
barer Größe auf einen zum Grundtou
passenden Stoff gezeichnet sind, aus-
geschnitten und aus den mit einer
Stickerei zu versehenden Stofs geklebt
werden, worauf sie sodann mit einer
Goldschnur zu umrändern sind.

Nebenstehende Fig. 13 stellt einen
Ofenschirm auf dunkelfarbigem, zur
übrigen Zimmereinrichtung passenden
Olive-Atlas rc. dar. Die einzelnen
Formen der Zeichnung werden aus
einem andersfarbigen, dazu passen-
den Stoffe ausgeschnitten und in die
schon auf dem Grund vorhandene
Zeichnung hineingeklebt. Natürlich
muß man dabei berücksichtigen, daß

Dfenschirm un8 Uürkenßissen

von Ol. Rothschild, Olusterzeichner.

Figur 13. Vfenschrrm in Mokoko--Marnrr.

beide Hälften durchaus spmmetrisch

werden. Alles das, was aus der
Vorlage dunkel schattirt ist, muß
auch in der Ausführung dunkler
werden, jedoch Heller als der Grund.
Wir empfehlen jedenfalls ein Braun
für die größeren Theile der Um-
rahmung, für die kleineren ein
Moosgrün oder ein Roth in der-
selben Farbenstimmung. Diejenigen
Verzierungen, welche durch einfache
Linien angegeben sind, stellt man
durch die Goldschnur her. Die
Blumengehänge sind in Plattstich zu
sticken, jedenfalls in zarten, mit den
übrigen unbedingt harmonireuden
Farben. Die im Innern des-Me-
daillon sichbefindendeWasserlandschaft
ist auf einem zu dem Ganzen passen-
den blauen Fond zu sticken und das
Wasser durch wagerechte, mit see-
grüner oder weißer Seide gestickten,
nach hinten hinaus immer farbloser
und dünner werdenden Streifen an-
zugeben. Die Schilfhalme sind oliv,
die Köpfchen braun und die Gräser
grün zu halten. Die Farben müssen,
wie schon erwähnt, recht zart sein
und gut zu einander passen.

Fig. 14 auf nebenstehender Seite
zeigt ein Rückenkissen für dieselbe
Handarbeit. Die Farben dürfen
hierbei schöner und satter sein. Die
innere Blume, die Blätter und
Knospen sind in Plattstich auszu-
führen. Dem inneren Theil des
unten links sich befindenden Me-
daillons kann man, wie bei dem
Ofenschirm, einen andern Grund geben, was die Wirkung bedeutend erhöht.


AeSer dekoenticm und MNMwung
unserer

Von Carl Behr.

n. Dkw deutsche -Huus und seine Uttume.

Wollte man das deutsche Wohnhaus der Neuzeit im Allgemeinen
^ beschreiben, das heraussuchen, was unsere Wohnungen gemeinsam
haben, was dieselben eben als deutsche Wohnungen kennzeichnet, so
wäre das wohl in mancher Beziehung ein schweres, wenn nicht ein
unfruchtbares Beginnen. Dieselbe Verschiedenheit, welche die Bauart
und innere Ausstattung zeigt, finden wir auch in seiner ganzen Anlage,
in seinem Grundriß. Die konservative Art in der Anlage der englischen
Häuser, welche seit Jahrhunderten sich in gewisser Beziehung gleich
bleibt, sich gewissermaßen aus sich selbst heraus entwickelt, welche die
Wirthschaftsräume streng von denen der Wohnung, die Zimmer der Dame
streng von den Herrenzimmern trennt, und was sonst noch spezifisch Englisch
an denselben genannt werden kann, kennen wir in Deutschland nicht.
Es baut eben Jeder nach seinem Geschmack, nach seiner Bequemlichkeit
und seinen Bedürfnissen, und diese sind selten dieselben. Was alther-
kömmlich ist, wird eben gerade deshalb, weil es nicht neu ist, verachtet
und mit den Worten: „Das hat man ja schon so lange gehabt" zu-
rückgewiesen.

In wenigen Städten, wie Bremen und Düsseldorf, ist bisher das
Sistem der Häuser zum Alleinbewohnen vorherrschend geworden, in den
meisten — zumal den größeren Städten — werden heute noch .'wie

früher große Miethpaläste erbaut, in welchen die verschiedenen Stock-
werke an verschiedene Familien vermiethet werden, welche meist voll-
kommen unbekannt mit einander sind und nur das Treppenhaus und
den Hauseingang gemeinschaftlich benutzen.

Das Bestreben des Engländers, nicht nur das des begüterten
Mannes, sondern auch des in seinen Mitteln bescheidenen Bürgers ist:
sich sein eigenes Haus zu gründen, in welchem er Herr ist, in dem er
nach Belieben schalten und walten kann, ohne daß er auf seinen Nachbar
unten oder oben Rücksicht zu nehmen braucht. ..Uz- Innme. i« mz-
eastlvH welche Fülle von zufriedener Glückseligkeit liegt nicht in diesen
Worten! Das Haus birgt das Beste dessen, was dem Bewohner an
das Herz gewachsen ist; in ihm verlebt er mit seiner Familie die glück-
lichsten und ernstesten Stunden, jede Ecke, jeder Winkel hat feine Er-
innerungen. Sein Heim ist ihm etwas Heiliges, Unantastbares, über
dessen Schwelle er nichts läßt, was ihm sein trautes Familienleben
stören könnte.

Nicht ganz so fühlt der Deutsche; die Vorzüge seiner großen Etagen-
Wohnung, welche sich ja auch nicht verkennen lassen, werden noch
von den Meisten mehr in Anschlag gebracht, wie die des eigenen Hauses,
in welchem die Räume in verschiedenen Stockwerken vertheilt sind.
Richtig ist es ja, daß die auf einer Höhe liegenden Zimmer etwas im
ersten Augenblick Bestechendes haben. Bei großen Gesellschaften z. B.
werden die Schlafzimmer ausgeräumt und bilden dann eine lange Reihe
von Gesellschaftsräumen, in welchen sich eine größere Anzahl Gäste
unterbringen läßt, wie in den durch die Treppe getrennten Räumen
des kleineren Hauses. Ferner lassen sich die ineinandergehenden Zimmer
dieser Wohnung leichter reinigen, besser in Stand halten; die Hausfrau
braucht nicht den ganzen Tag Trepp' auf, Trepp' ab zu laufen, mit
 
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