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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Japanische Ledertapeten und deren Herstellung, [1]
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Seite 54.

Fachblatt für Jnnen-Dekoratiou".

Ur. 7.

ap attische

edertapeteu rmv öereu

erftelluttg.

zIDfliegende Störche, Ehimä-
reu,. Dämonen und Fle-
dermäuse, in fantastischer Weise
mit Arabesken und Schnörkeln
zusammengebracht, so stellt sich
das große Publikum die Muster
der japanischen Lederta-
peten vor.

Soll da ein japanisches
Rauchzimmer, eine originelle
Weinstube, ein Atelier rc., recht
fantastisch dekorirt werden, dann
sieht man sich nach der soge-
nannten japanischen Leder-
tapete um. Vor 8 bis 9 Jahren,
als der Artikel noch nicht ent-
wickelt war, als man noch frug:
„Ist dies auch echt japanisch?" als hier und da einige ölige, übelriechende
Rollen ihren Weg nach Europa fanden, waren diese Ideen ja am Platze, !
denn draußen in Japan hatte man das Material zu Wandschirmen,
Brieftaschen, Tabakbehältern ec-, verwandt und nie daran gedacht, daß
es einst europäische Wände schmücken werde. Es wurden auch ganz
hübsche Wirkungen erzielt, und bleiben die alten Muster und Farben noch
heute gute, wenn es gilt, einen japanischen Salon zu dekoriren

Im Anfänge der
achtziger Jahre er-
kannte eine Lon-
doner Firma (der
Japanbranche),
welche kleine Par-
tien dieser Origi-
naltapete einge-
führt hatte, daß i
dieser Artikel nur j
daiiH blühen könne,
wenn das Material
in mehreren Rollen,
gleichmäßig in Farbe und Goldabtönung, hergestellt würde, wenn eine
trockene biegsame Substanz an Stelle der öligen trete, und die Zeich-
nungen weniger fantastisch hergestellt würden. Verschiedene Besuche
in Japan, gepaart mit Ausdauer in Bezug auf Durchführung aller noth-
wendigen Verbesserungen, hoben den Artikel bald derart, daß schon im
Jahre 1883 die Tapete anfing, in England und den Vereinigten Staaten
die französische Ledertapete zu verdrängen. Die Farben und Entwürfe

wurden nun genau stu-
dirt; der japanische Zeich-
ner wurde mit den Ge-
setzen der Muster für Ta-
peten bekannt gemacht,
d. h. man gab ihn: sozu-
sagen die Umrisse an, in
welche hinein er seine
Blätter, Vögel, Früchte
und Arabesken zeichnete.
Sollte der Artikel in
Europa Glück haben, so
war es nothwendig, sich an die äußeren Formen, welche unser
europäischer Geschmack für Tapeten erfordert, zu halten; die Einzel-
heiten der Zeichnung, die Wiedergabe der Pflanzen, Früchte rc. blieb
japanisch und blieben den Eingebungen des japanischen Käufers über-
lassen; — daher der Erfolg. Man hatte einen brauchbaren Artikel er-
zeugt, welcher den Gesetzen der Dekoration sich unterwarf und in den
Einzelheiten der Zeichnung und Ausführung, sowie Farbenharmonie und
Farbenschönheit europäische Erzeugnisse gleicher Gattung übertraf. —
Jener Londoner Firma wird oft vorgeworfen, sie beeinfluße die japanischen
Künstler, europäische Formen nachzuahmen, so daß die alten originellen

Figur 16. Das Eingraviren des Musters in die Holzwalze.

Figur 17. Das Hochgraviren des Musters in die
Holzwalze.

japanischen Formen darunter litten. Das ist jedoch nicht ganz richtig,
da dieser Fall nur dann eintritt, wenn es sich um fertige Kunstwerke,
z. B. eine Bronze-Vase, eine Emailleschale, einen gestickten Wandschirm
handelt. Wo ein Material in Frage steht, hat der Vorwurf weniger
Berechtigung, besonders nicht in einem Falle, wo das Material im Welt-
handel bei praktischer Anwendung wetteifern will, und wo es nicht als
wirklich japanisch, sondern nur als „Japan-Produkt" empfohlen wird.
Als Merkwürdigkeit mußte man der Japan-Tapete die alten grotesken
Zeichnungen lassen, als Handelsartikel mußte sie sich den Gesetzen der
Branche unterwerfen. — Doch nun weiter in der Geschichte der Ent-
wickelung.

Die besten Vorbilder der alten flämischen, spanischen und italienischem
Schulen, wie der deutschen Renaissance wurden mit Sorgfalt studiert
und angenommen und so entstanden die Muster der verschiedenen Stil-
arten. Nicht daß die rein japanischen Muster gänzlich aufgehoben

wurden — es wird
heute noch immer
manche rein japan-
ische Zeichnung
ausgeführt. Da
nun die Tapete
in den meisten Fäl-
len vom Leder kaum
zu unterscheiden,
werden Nachahm-
ungen von Stoffen,
von Holz, von Me-
tall, von Porzellan-
kacheln usw. streng
vermieden, so daß

Figur 18. Das Eintreiben der Papierfascr mit Bürsten Menge

in die Vertiefungen der Walze. der verschiedensten

Muster das Mate-
rial stets lederartig bleibt und zwar in reichen, marinen, soliden Effekten.
Die Japan-Tapete wetteifert heute erfolgreich mit den besten Wand-
Dekorationen der Neuzeit und verdankt sie diesen Vorzug hauptsächlich
folgenden für die Praxis sehr wichtigen Punkten: Sie wird gänzlich
mit der Hand gefertigt und behält daher ihre künstlerische Durch-
führung. Die Farben sind wärm und meistens tief durchscheinend und
somit in Verbindung mit reichen Stoffen und unpolirten Holzmöbeln,
Eichenmöbel sehr wirkungsvoll und gehen sehr gut mit Holztäfelung zu-
sammen. Das Gold wird durch äußere Einflüsse, Gas rc. nicht ange-
griffen; der japanische Lack schützt es vor Verderbniß. Das Rohmaterial
ist zähe Baumrinde und somit ist die Tapete fest wie Leder. Die er-
habenen Theile des Reliefs sind gefüllt und drücken sich nicht wie bei
den europäischen Fabrikationen ein. Dadurch, daß Holzcylinder stath
Stahl zum Pressen des Reliefs benutzt werden, ist dieses weich und
zeigt nicht die harten eckigen Linien, welche dem Stahlcylinder ent-
springen. Die Rollen sind beinahe dreimal so groß im Flächeninhalt,
wie die deutschen Rollen; auch darf ein Punkt, der in der Kaufmanns-
welt die größte Rolle spielt, nicht vergessen werden: der Preis,
welcher ein sehr geringer ist.

Es mag von Interesse sein, noch Einiges über die Herstellung
der Japantapete zu erfahren, worüber wir in der nächsten Nummer eine
kurze Beschreibung bringen werden. (Schluß folgt.)

Nützliche Minke.

Frisch tapezirtc Zimmer am schnellsten und wirksamsten von dem üblen Meister-
geruch zn befreien. Den ebenso una ngenehmen, als ungesunden Geruch neu tapezirter
Zimmer kann man auf folgende Weise vertreiben: Nachdem man die Fenster und
Thüren solcher Räume geschlossen hat, bringt man glühende Kohlen hinein und streut
einige Hände voll Wachholderbeercn darauf. Nach etwa zwölf Stunden öffnet man
alle Fenster und Thüren, damit fris che Luft eindringen kann, und man wird finden,
daß der üble Geruch vollständig verschwunden ist.

Blind gewordene Fensterscheiben erhalten ihre frühere Reinheit wieder, wenn
man dieselben mit feinem Bimssteinpulver abreibt.
 
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