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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Hofmann, Albert: Der "Saal" im romanischen Mittelalter, [3]
DOI Artikel:
Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0100

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Leite 86.

Fachblatt für Innen-Dekoration".

Nr. 11.

in der Schilderung der kostbaren Kostüme der frohen Festesschaar, die
zur Zeit der Sängerwettkämpfe mit wonnetrunkener Freude die weiten
Räume des Saales durchfluthet, das
zeigt der Umstand, daß die kost-
barsten Stoffe aus dem weiten
Oriente zur Kleidung benutzt wurden.

Mit den Kreuzzügen kam ein durch-
aus orientalischer Zug in die ganze
Textilkunst. Mit den verschieden-
sten Namen wurden die prächtigen,
reichgemusterten, seidenen Gewebe be-
legt, Namen, welche in ihrer Wurzel
meistens aus den Orient und auf
Spanien zurückführen und durch die
mittelhochdeutsche Dichtung nur kor-
rumpirt wurden. Pfesfel, Baldekin,

Siglat, Palmat, Purpur, Achmardi,

Plialt, Saranthasme, Zindal usw.
sind eine Reihe solcher Namen für
Seidenzeuge und andere kostbare
Stoffe. Die Woll-Stoffe trugen
Namen wie: Barragan, Brunat,

Buckeram, Diasper, Fritschal, Ka-
melot, Scharlach, Sei usw. Daneben
werden eine Reihe von seltsam klingen-
den Fabrikstädten genannt, die alle
entweder im fernen Orient oder in
Spanien lagen, wo insbesondere die
maurische Kunst eine seltene Blüthe
der Textilkunst hervorgebracht hatte.

Solche Namen sind: Aßazog, Ak-
raton, Agarthyrsente, Assigarzionte,

Cpnidonte, Ecidemonis, Jpopotitikon,

Jopedissimonte, Kalomidente, Ninive,

Nauriente, Peliponte, Jasma, Tra-
bonit, Zaßarmank usw. Der orien-
talische oder spanisch-maurische Ur-
sprung der Stoffe bringt es dann auch
oft mit sich, daß sich Fabelhaftes an
sie knüpft, wenn z. B. von Greifen

und Salamandern die Rede ist, wie im Parzival 735, 23: —

Abbildung Nr. 38. Ofenschirm im Renaissance--Stil.

Entworfen und gezeichnet von Max Rothschild, Musterzeichner.

„Der Wappenrock gab lichten Schein „Hatten Salamander
„Im Berg zu Agremontain — — — „Ihn gewirkt miteinander

„In des heißen Feuers Brand."
Von den Ort-Citaten seien erwähnt:
Parzival 808, 4:

„Auch trug sie an dem Leibe
„Seidenzeug von Meisterhand
„Gewirkt, ein Stoff, den einst Sarant
„Mit großer Kunst erfunden hat,
„Dort zu Thasme, in der Stadt."
Grünen Achmardi wirkte man in
Arabien (Parzival 36, 29), woher
auch Borten eingeführt wurden (Par-
zival 231, 13). Im Parzival 234,
3 heißt es:

„Röcke, grün wie Gras zu schauen,
„Trugen diese acht Frauen
„Aus edlem Sammt von Aßagauch."
Kostbare Kleider waren
„Zur Hälfte aus Plialt,

„Zur Hälfte Pfell aus Ninive."

(Parz. 235, 9.)
Im Parzival 301, 28 wird erwähnt:
„Ein Surreiner Seidentuch,
„Gefüttert mit gelbem Zindale."

In Parzival 309, 18 wird erwähnt :
„Ein Pfeffel aus Akaton
„Fern aus der Heidenschaft gebracht
„Ward zum Tischtuch gemacht."

Doch auch aus Holland und
Belgien, welche damals im nord-
westlichen Abendlande in der Textil-
kunst eine hohe Stufe behaupteten,
wurden Stoffe bezogen. Im Par-
cival 313, 4, heißt es:

„Ein Brautlachen von Gent,

„Von Lazur und noch blauer,

„Trug der Freuden „Hagelschauer".

Die „Heiden" oder die „Heiden-
schaft" dienen oft als nähere Be-
zeichnungen der Bereitungsstätten der Stoffe, so im Parcival 374, 25:

Hetzer ^Mekovalion und
unserer

Von Carl Behr.

n. Vas deutsche Wsus und seine Nuume.

(Fortsetzung.)

MRs soll aber unsere Aufgabe sein, das deutsche Haus zu beschreiben,
wie es ist, wie es im Allgemeinen ausgestattet wird, und da
müssen wir init den bestehenden Faktoren rechnen und konstatiren, daß
in seltenen Fällen die Häuser einheitlich bei uns durchgeführt werden,
Daß meist die Zimmer in ebensoviel Stilarten aufeinander folgen, ja
daß man diese Folge im Allgemeinen schon so gewohnt ist, daß dem
Beschauer gar nichts mehr ob dieser Stimmungslosigkeit einfällt. Es
muß allerdings auch anerkannt werden, daß in den Händen eines ge-
schickten Dekorateurs sich oft die widerstrebendsten Elemente unter einen
Hut bringen lassen und daß die Stimmung in den Farben an und für
sich schon eine Stimmung bedeutet, auch wenn die Formen nicht aus
derselben Kunstepoche stammen, und wollen wir deshalb die Räume be-
schreiben, wie dieselben in den meisten Fällen ausgestattet werden.

Der erste Raum, den der Besucher eines Hauses zu sehen bekommt,
ist das Empfangszimmer, in den meisten Häusern mittlerer Größe
gleichbedeutend mit dem Salon. Das heißt, der Empfangsraum wird
überall schlechtweg Salon genannt. Wie schon vorhin angedeutet, ist
es Sitte, diesen Raum in gefälligeren Formen und weniger ernst zu
gestalten, wie z. B. das Speisezimmer. Es wird deshalb meistens das

Rokoko als Stil für dieselben gewählt. Dieses Besuchszimmer, in früheren
Zeiten auch wohl die „gute Stube" genannt, dient zum Empfangen der
Gäste, bei Gesellschaften zur Konversation, und muß aus diesem Grunde
den festlichsten Karakter der Räume eines Hauses haben. Es wird des-^
halb hier meist der größte Luxus entfaltet, und ist die übliche Farbe
für den Salon Roth, weil dies die vornehmste und festlichste ist. Das
Arrangement der Möbel des Salons ist, wenn die Größe des Raumes
es einigermaßen erlaubt, ein möglichst ungezwungenes, freies. Man
muß sich den Raum mit Besuchern gefüllt denken, welche in Gruppen
herum sitzen und stehen und welche sich am ungenirtesten dann fühlen,
wenn sie nicht fortwährend von der ganzen Gesellschaft beobachtet werden
können. Der Dekorateur versucht deshalb verschiedene Etablissements
so ungebunden wie möglich zu arrangiren; in einer Ecke einen kleinen
Divan, davor einen bequemen Sessel, ein leichtes Stühlchen und einen
Puff. Dann wieder hinter einer spanischen Wand eine elmis« lonAUS,
zu Häuptern derselben ein Jardinisre mit palmenartigen Pflanzen, da-
neben ein Tischchen, auf welchem die neuesten illustrirten Blätter oder
ein interessantes Buch in hübschem Einband liegen darf, dann wieder
einige leichte Sitzmöbel und so weiter. Allerdings darf der Raum nicht
zu klein sein, wenn man ihn so möbliren will, aber auch für den kleinen
Salon gilt als Hauptmoment ein möglichst ungezwungenes Arrange-
ment der Möbel. Kleine Sitzmöbel in verschiedenen Fantasieformen,
wie 8-Sitze, schlittenartige kleine Banquets, Klappensitze und andere
spielen im modernen Salon selbstredend eine große Rolle, von ihnen
und von den vielen Kleinigkeiten, die überall herumgestellt und gelegt
werden, hängt es ab, ob man einen solchen Raum interessant und reizvoll
nennen kann oder nicht. Ja die Ausstattung solcher Zimmer bedingt nicht
selten die Stimmung einer sich in ihr bewegenden Gesellschaft.
 
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