Nr. 13.
Fachblatt für Innen-Dekoration".
Seite 105.
de la Trinitä, wo 136 Waisenkinder in verschiedenen Handwerken von
nun an hauptsächlich in der Teppichweberei unterrichtet wurden. Hier
wurde unter anderen eine Tapete für die Königin Katharina von Medi-
cis, Gemahlin Heinrichs des Zweiten gewirkt, die aus mehreren Theilen
bestehend, dreiundsechszig Ellen lang und vier Ellen hoch war und die
Geschichte des Königs Mausolus und der Artemisia darstellte. Karl der
Neunte errichtete eine ähnliche Fabrik in Tours, und Heinrich der Vierte
vereinigte die verschiedenen unter Heinrich dem Dritten mehr oder
minder vernachlässigten Fabriken und verlegte sie nach Faubourg St.
Antoine in das Kloster der im Jahre 1594 aus Frankreich verwiese.nen
Jesuiten.
Er versuchte, soviel er konnte, dieses schöne Kunstgewerbe zu neuer
Blüthe zu bringen, was ihm auch theilweise gelang, und 1603, als die
Jesuiten wiederkehrten, bezog die Fabrik einen noch übrig gebliebenen
Theil des alten Louvre. Hier traten 1607 zwei geschickte Weber aus
Flandern ein, Markus von Comans, Francois de la Planche, welche
die Fabrik unter großen Vortheilen und mit einem Privilegium für die
Tapetenwirkerei „nach flandrischer Art" auf die Dauer von fünfund-
zwanzig Jahren selbständig übernahmen. Sie arbeiteten wohl für den
König, doch auch für das Publikum; so war die königliche Manufaktur
ein industrielles Etablissement geworden.
E eKev aprkrn.
Von Julius Lessing.
Mlie mächtige kunstgewerbliche Bewegung unserer Tage, welche uns
in allen Gebieten des Handwerks auf das Studium und die Wieder-
belebung guter alter Muster und Herstellungsweisen hindrängt, hat auch
die Ledertapeten der Vergessenheit wieder entzogen. Schon hat sich eine
reiche Industrie entwickelt, welche für unsere im Geschmack der Renaissance
hergerichteten Zimmer Ledertapeten entweder in echtem Material oder
aber in Surrogaten herstellt, und unsere kunstgewerblichen Sammlungen
haben es sich angelegen sein lassen, ein möglichst reiches Material an
alten Vorbildern zusammenzubringen. Dein Kunstgewerbe-Museum zu
Berlin, dessen Beständen die eingefügten Abbildungen entlehnt sind, ist
es möglich geworden, zwei große Sammlungen solcher Tapeten zu er-
werben, von denen die eine 90 zumeist holländische und französische
Tapeten des 18. Jahrhunderts, die andere dagegen über 100 Nummern
vorwiegend italienischer Herkunft enthielt. Dieses Material verschaffte
die bis dahin nicht mögliche Uebersicht über dieses gewaltige Gebiet des
Kunstfleißes, welches Jahrhunderte lang viele Tausende von geschickten
Händen beschäftigte, bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts die Leder-
Abbildung Nr. 48. Mock «Dnpekc. Deutschland, 1530—1540.
Nachdem die flandrischen Tapetenwirker mit ihrer Fabrik aus
dem alten Louvre nach dem Place Royale, dann wieder nach dem
Louvre gewandert waren, zogen ihre Söhne Charles de Comans und
Raphael de la Planche 1680, in die ehemaligen Werkstätten der Färberei
der alten Familie Gobelin, womit für unsere nur in Umrissen erfolgte
Darstellung ein neuer Abschnitt beginnt.
Etwa gegen die Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts zog ein
Färber aus Reims, Johann oder Gilles Gobelin, nach Paris (die
Holländer behaupten, er stamme aus Holland und habe Jan Gobeelen
geheißen) und errichtete außerhalb der Stadt und der Faubourg St.
Marceau, am Ufer eines Flüßchens, Biävre geheißen, eine Färberei.
Da nun gut und schön gefärbte Wolle und Seide die erste Grundlage
und zugleich eine Hauptbedingung zur Herstellung einer prächtigen und
wirksamen Tapete bildete, da Gobelin ferner seine, wenn auch damals
allerdings noch sehr unvollkommene Kunst wohl verstand und das reine
Wasser des Flüßchens sich zu seinem Vorhaben als äußerst günstig er-
wies, seine Fabrikate sich somit vor anderen vortheilhaft auszeichneten,
so mußten seine Werkstatt und Fabrik prosperiren. Doch ihren größten
Glanz sollten sie durch einen seiner Nachkommen (der erste Gobelin starb
1476) unter Franz dem Ersten erhalten, und zwar mit Hülfe eines
deutschen Färbers. (Fortsetzung folgt.)
tapeten durch die billigen Papiertapeten verdrängt wurden, um erst jetzt
mit so vielen verschollenen anderen Kunstprodukten zu neuem Leben zu
erwachen.
Wir haben über die Herstellung der Ledertapeten sehr ausführliche
Nachrichten von 1564 aus Venezianer und von 1762 aus französischen
Publikationen.
Die Stücke sind mit außerordentlicher Sorgfalt äußerst mühselig
hergestellt. Zunächst mußte das Leder geweicht, geglättet und ausgeflickt
werden; Kalbsleder galt als das vorzüglichste, dann kam Ziegen- und
zuletzt Schaf-Leder. Das hergerichtete, viereckig zugeschnittene Stück
wurde zunächst versilbert, wobei der Klebestoff mit der Hand hinein-
gearbeitet und dann die Silberblätter wiederum mit der Hand festgedrückt
wurden; nur durch solche Handarbeit konnte man die Unebenheiten des
Leders ausgleichen. Sodann wurde nach sorgfältigem Trocknen die
Platte polirt, mit Eiweiß abgerieben, um alle Poren zu schließen, endlich
mit einem goldig glänzenden Firniß überzogen. Dieser Goldglanz, welchen
alle alten Ledertapeten als Grundlage haben, verschaffte der Waare
in Italien den Namen eoramt ä'oro, in Frankreich ouir ckorä. Nun-
mehr wurde die goldene Platte mit Holzwalzen oder flachen Modeln
gepreßt.
Dreimal, viermal mußte dies wiederholt werden, in die tiefen
Fachblatt für Innen-Dekoration".
Seite 105.
de la Trinitä, wo 136 Waisenkinder in verschiedenen Handwerken von
nun an hauptsächlich in der Teppichweberei unterrichtet wurden. Hier
wurde unter anderen eine Tapete für die Königin Katharina von Medi-
cis, Gemahlin Heinrichs des Zweiten gewirkt, die aus mehreren Theilen
bestehend, dreiundsechszig Ellen lang und vier Ellen hoch war und die
Geschichte des Königs Mausolus und der Artemisia darstellte. Karl der
Neunte errichtete eine ähnliche Fabrik in Tours, und Heinrich der Vierte
vereinigte die verschiedenen unter Heinrich dem Dritten mehr oder
minder vernachlässigten Fabriken und verlegte sie nach Faubourg St.
Antoine in das Kloster der im Jahre 1594 aus Frankreich verwiese.nen
Jesuiten.
Er versuchte, soviel er konnte, dieses schöne Kunstgewerbe zu neuer
Blüthe zu bringen, was ihm auch theilweise gelang, und 1603, als die
Jesuiten wiederkehrten, bezog die Fabrik einen noch übrig gebliebenen
Theil des alten Louvre. Hier traten 1607 zwei geschickte Weber aus
Flandern ein, Markus von Comans, Francois de la Planche, welche
die Fabrik unter großen Vortheilen und mit einem Privilegium für die
Tapetenwirkerei „nach flandrischer Art" auf die Dauer von fünfund-
zwanzig Jahren selbständig übernahmen. Sie arbeiteten wohl für den
König, doch auch für das Publikum; so war die königliche Manufaktur
ein industrielles Etablissement geworden.
E eKev aprkrn.
Von Julius Lessing.
Mlie mächtige kunstgewerbliche Bewegung unserer Tage, welche uns
in allen Gebieten des Handwerks auf das Studium und die Wieder-
belebung guter alter Muster und Herstellungsweisen hindrängt, hat auch
die Ledertapeten der Vergessenheit wieder entzogen. Schon hat sich eine
reiche Industrie entwickelt, welche für unsere im Geschmack der Renaissance
hergerichteten Zimmer Ledertapeten entweder in echtem Material oder
aber in Surrogaten herstellt, und unsere kunstgewerblichen Sammlungen
haben es sich angelegen sein lassen, ein möglichst reiches Material an
alten Vorbildern zusammenzubringen. Dein Kunstgewerbe-Museum zu
Berlin, dessen Beständen die eingefügten Abbildungen entlehnt sind, ist
es möglich geworden, zwei große Sammlungen solcher Tapeten zu er-
werben, von denen die eine 90 zumeist holländische und französische
Tapeten des 18. Jahrhunderts, die andere dagegen über 100 Nummern
vorwiegend italienischer Herkunft enthielt. Dieses Material verschaffte
die bis dahin nicht mögliche Uebersicht über dieses gewaltige Gebiet des
Kunstfleißes, welches Jahrhunderte lang viele Tausende von geschickten
Händen beschäftigte, bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts die Leder-
Abbildung Nr. 48. Mock «Dnpekc. Deutschland, 1530—1540.
Nachdem die flandrischen Tapetenwirker mit ihrer Fabrik aus
dem alten Louvre nach dem Place Royale, dann wieder nach dem
Louvre gewandert waren, zogen ihre Söhne Charles de Comans und
Raphael de la Planche 1680, in die ehemaligen Werkstätten der Färberei
der alten Familie Gobelin, womit für unsere nur in Umrissen erfolgte
Darstellung ein neuer Abschnitt beginnt.
Etwa gegen die Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts zog ein
Färber aus Reims, Johann oder Gilles Gobelin, nach Paris (die
Holländer behaupten, er stamme aus Holland und habe Jan Gobeelen
geheißen) und errichtete außerhalb der Stadt und der Faubourg St.
Marceau, am Ufer eines Flüßchens, Biävre geheißen, eine Färberei.
Da nun gut und schön gefärbte Wolle und Seide die erste Grundlage
und zugleich eine Hauptbedingung zur Herstellung einer prächtigen und
wirksamen Tapete bildete, da Gobelin ferner seine, wenn auch damals
allerdings noch sehr unvollkommene Kunst wohl verstand und das reine
Wasser des Flüßchens sich zu seinem Vorhaben als äußerst günstig er-
wies, seine Fabrikate sich somit vor anderen vortheilhaft auszeichneten,
so mußten seine Werkstatt und Fabrik prosperiren. Doch ihren größten
Glanz sollten sie durch einen seiner Nachkommen (der erste Gobelin starb
1476) unter Franz dem Ersten erhalten, und zwar mit Hülfe eines
deutschen Färbers. (Fortsetzung folgt.)
tapeten durch die billigen Papiertapeten verdrängt wurden, um erst jetzt
mit so vielen verschollenen anderen Kunstprodukten zu neuem Leben zu
erwachen.
Wir haben über die Herstellung der Ledertapeten sehr ausführliche
Nachrichten von 1564 aus Venezianer und von 1762 aus französischen
Publikationen.
Die Stücke sind mit außerordentlicher Sorgfalt äußerst mühselig
hergestellt. Zunächst mußte das Leder geweicht, geglättet und ausgeflickt
werden; Kalbsleder galt als das vorzüglichste, dann kam Ziegen- und
zuletzt Schaf-Leder. Das hergerichtete, viereckig zugeschnittene Stück
wurde zunächst versilbert, wobei der Klebestoff mit der Hand hinein-
gearbeitet und dann die Silberblätter wiederum mit der Hand festgedrückt
wurden; nur durch solche Handarbeit konnte man die Unebenheiten des
Leders ausgleichen. Sodann wurde nach sorgfältigem Trocknen die
Platte polirt, mit Eiweiß abgerieben, um alle Poren zu schließen, endlich
mit einem goldig glänzenden Firniß überzogen. Dieser Goldglanz, welchen
alle alten Ledertapeten als Grundlage haben, verschaffte der Waare
in Italien den Namen eoramt ä'oro, in Frankreich ouir ckorä. Nun-
mehr wurde die goldene Platte mit Holzwalzen oder flachen Modeln
gepreßt.
Dreimal, viermal mußte dies wiederholt werden, in die tiefen