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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Janke, Richard Anton: Kunstgewerbliche Betrachtungen über die Tapete
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Pasqué, Ernst: Die Gobelin-Manufaktur zu Paris, [4]: zugleich ein Blick auf den Antheil deutscher Meister an ihrer Entstehung
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Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [13]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0155

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Seite 132.

Fachblatt für Innen-Dekoration".

Nr. 16.

Besser sieht es im genannten Genre von Mustern Ton in Ton
aus. Hier muß ganz entschieden auf eine gute Zeichnung gesehen
werden, und ist dies auch nicht immer der Fall, so erhält man wenigstens
eine gleiche Fläche, welche dem Auge wohl thut, sofern das Muster
nur gut in Farbe kolorirt. Wirklich Gutes und Stilvolles wird
uns in den großen Mustern der b ess er en Tapeten
geliefert, obwohl auch hier nicht alles Gold ist, was
glänzt; aber hier finden wir Muster, welche mit
meisterhafter Sorgfalt durchdacht und ausgeführt
sind, und namentlich sind es die deutschen Fabri-
kanten, welche hierin Mustergiltiges liefern. Von
fremden Erzeugnissen, welche zu uns kommen, können
wir das nicht immer sagen, die Sachen sind wohl
originell, ob sie aber gerade alle schön sind, das ist
eine andere Frage!

Ein jedes Muster muß vor Allem gut pro-
portionirt sein, die Zeichnung in der Wieder-
holung muß einen Kopf, Rumpf und Fuß haben,
ziemlich lose gehalten, nicht gedrungen und einge-
pfercht sein, damit es sich leicht bewegt. Ferner muß
dasselbe ein ordentliches Kleid, d. h. ein gutes
Kolorit Haben. Auch hier läßt sich das alte
Sprüchwort anbringen: „Kleider machen Leute."

Nie WoörUn-Manufaktur

Zugleich ein Blick auf den Antheil deutscher Meister
an ihrer Entstehung.

Von Ernst Pasqus.

(Fortsetzung.)

(hm folgte Girard Laurent, in dessen Atelier
während der Jahre 1676 bis 1679 eine der
berühmtesten Gobelin-Tapeten, „Der Besuch Ludwigs
des Vierzehnten in der Gobelin-Manufaktur" (am 15. Oktober 1667)
hergestellt wurde.

Diese prächtige Tapete (4,00 m hoch und 5,80 m breit) wurde
in zwei Exemplaren gewirkt; leider verbrannten die Sansculotten im

Abbildung 73. tzZsustsfrl.

Entworfen von F. Böttcher in Dresden.

Jahre 1793 eines derselben, weil sich die königlichen Lilien darauf be-
fanden! Das andere entging der Vernichtung durch die Kommunards
des Jahres 1871 nur durch rasche und glückliche Verbergung. Dafür
verbrannten die Elenden das Etablissement selbst. Heute bildet diese
Tapete das Hauptstück der sehr zusammengeschmolzenen Gobelin-Gallerie
und -Ausstellung.

Lebrun blieb bis an seinen Tod, der 1690 er-
folgte, Direktor der Gobelins. Unter ihm lieferten
250 Arbeiter 19 Hautelissetapeten von zusammen
4100 Ellen im Geviert und 34 Basselissetapeten von
4294 Ellen, die heute einen Werth von mehr als
10 Millionen Franken repräsentiren. Darunter be-
fanden sich die berühmten „Jahreszeiten", die „Mo-
nate" und die „Geschichte Ludwigs des Vierzehnten";
letztere aus einer ganzen Reihe von Tapeten nach
Lebrun und Van der Meulen bestehend. Unter
den „Jahreszeiten" zeichnet sich besonders der Herbst
aus, nach Ballin und einer Komposition von Lebrun.
Diese Tapete, von der wir als Beigabe zu diesem
Artikel eine Abbildung in Nr. 13 brachten, hat Jean
Jans, der Sohn des früher Genannten, von 1691
bis 1731 Leiter der Arbeiten, in Hautelisse, Wolle,
Seide und Gold ausgeführt. Sie hat noch heute
ihre ganze Farbenfrische bewahrt, ist 4,85 w hoch,
5,75 m breit und gehört zu den 1871 geretteten
Tapeten.

Von 1690 bis 1695 war der nicht minder be-
kannte Hofmaler Ludwigs des Vierzehnten, Pierre
Mignard, Direktor der Manufaktur, doch traf das
Unternehmen während dieser Zeit ein harter Schlag;
denn die finanziellen Bedrängnisse, in welche der König
durch seine Kriege gerathen war, nöthigten ihn 1694,
den größten Theil der Ateliers zu schließen und
die Kunsthandwerker und Künstler zu entlassen. Colbert,
ihr kunstsinniger und praktischer Beschützer, war be-
reits 1683 gestorben.

Auch waren die königlichen Schlösser mit Kunstgegenständen aller Art
überfüllt. So wurden erst 1699 die Arbeiter der Tapetenwirkerei wieder
in Thätigkeit gesetzt, und von dieser Epoche an blieben sie allein die
Bewohner der Gobelin-Manufaktur, die von nun an nur noch Tapeten,

Erker ^MrkovatLon unk ^düölLvung
unserer ^MolZriräume.

Von Carl Behr.

ii. Vas deutsche Mus und seine Räume.

(Fortsetzung.)

AVer allgemeine Stil für das Wohnzimmer ist eine moderne Renaissance
mit gediegenen nicht zu leichten und zierlichen Möbeln. Bequem-
lichkeit und Wohnlichkeit, verbunden mit praktischen Gruppirungen, sind
Hauptbedingung und dieser entspricht die Renaissance wohl in vielen
Fällen am meisten; trotzdem finden sich schöne Wohnräume auch im
Rokokostil oder in englischer Gothik.

Einer besonderen Vorliebe für Wohnräume, Speisezimmer, Herren-
zimmer und Bibliotheken erfreut sich auch die flämische Renaissance, welche
eigentlich den Uebergangsstil der deutschen Renaissance zum modernen
Englischen bildet, mit dem deutschen Geschmack aber mehr gemein hat,
diesem verwandter ist, wie das Englische.

In kleineren und mittelgroßen Wohnungen ist das Wohnzimmer
meist auch der Raum, in welchem die Bibliothek ihre Aufstellung gefunden
hat, oft wohl auch ist dieselbe im Herrenzimmer untergebracht, selten
oder nie im Salon oder Boudoir. Wenige große Häuser haben den
Vorzug, einen eigenen Raum für die Bibliothek zu besitzen, dann zählt
dieselbe aber gewöhnlich Tausende von Bänden. In diesem Falle sind
alle Wände bis oben hinauf mit Bücherschränken ausgestattet; meist
bestehen dieselben nur aus Bücherregalen, welche wohl auch mit geschlossenen

Schränken unterbrochen sind. Gewöhnlich sind dann die unteren Theile
verschlossen ausgebildet, die oberen offen.

Es giebt in Deutschland prächtige Bibliotheken dieser Art, unter
Anderem solche, welche über einer unteren Reihe von Bücherschränken
eine Gallerte besitzen, von welcher aus die oberen Schränke erreichbar
sind. Die Anlage einer solchen Gallerte bietet Gelegenheit zu schönen
architektonischen Durchbildungen, ebensowohl im Renaissance- wie Rokoko-
stil. Zwischen den Bücherschränken, mit welchen Thüren und oft auch
die Fenster umbaut sind, finden bankartige Sitzmöbel ihre Aufstellung,
in der Mitte des Raumes sind ein, oder, wenn die Größe des Raumes
es gestattet, mehrere Tische placirt, auf welchen die den Regalen ent-
nommenen Bücher abgelegt werden können.

Einer der Haupträume der deutschen Wohnung ist das Speise-
zimmer. Der Deutsche, vorzüglich der Norddeutsche, ist sehr gast-
freundlich und deshalb hält er auf die Ausstattung dieses Raumes oft
mehr, wie auf die der anderen Zimmer. In den weitaus meisten Fällen
ist auch hier die Renaissance der bevorzugte Stil und zwar vorzugsweise
die deutsche Renaissance, oft auch die flämische, selten die italienische
oder französische. Alteichen, verbunden mit dunkler gebeitztem ungarischen
Eschen, vielleicht auch einigen schwarzen Theilen, ist das übliche Holz;
Nußbaumholz ist seltener, findet aber auch seine Anwendung.

Ueber die Anlage des Speisezimmers sollen noch einige Worte
voraus geschickt werden. Da der große Speisetisch das vornehmste
Möbel des Raumes, der eigentliche Mittelpunkt desselben ist, so ist es
auch so einzurichten, daß sich der ganze Raum möglichst um diesen Mittel-
punkt gruppirt. Der Tisch hat eine längliche Form, er wird als Aus-
ziehtisch gebildet und wird um so länger, je größer die Gesellschaft ist.
Ein quadratisches Speisezimmer, wenn dasselbe nicht so groß ist, daß.
 
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