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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Der Dekoratör
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Ein kostbarer Prunkschrank
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Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [14]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0165

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5eite 140.

Fachblatt für Innen-Dekoration".

Nr. 17.

gilt es doch gerade bei der Schaffung der Wohnstätte des Menschen,
die schroffen Gegensätze wenigstens äußerlich nach Möglichkeit auszu-
gleichen, welche die heutigen sozialen Verhältnisse geschaffen haben.

All' diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist nicht leicht. Da-
her ist es endlich auch nicht die leichteste Aufgabe dieses Berufes, die
Einkäufe zu machen! Man könnte beinahe behaupten, daß es wieder
eine Kunst für sich sei: geschickt und vortheilhaft einzukaufen. Nament-
lich unter heutigen Verhältnissen fetzt diese Aufgabe neben einem schnellen
und sicheren Blick für geläuterten Geschmack auch mancherlei Erfahrung,
genaue Kenntniß der Quellen, ihrer Spezialitäten u. s. w. voraus. Er-
fahrung allein thäte es aber nicht. Würde nichts Neues geschaffen, dann
allerdings! — So aber lernt man heutzutage
nicht aus, denn in Folge der übergroßen
Konkurrenz überbietet sich die Industrie in
dieser Hinsicht geradezu, weil der auf's Aeußerste
getriebene Kampf einfach dazu zwingt. Für
den Dekoratör, der auf allen Gebieten unter-
richtet bleiben will, gibt es somit in jeder
Jahreszeit ein ganz enormes Muster-Material
zu bewältigen. — Und je größer die Wahl
desto größer die Qual! — ein altes Sprüch-
wort! Da hilft dann ein schnelles Erkennen
und ein klarer Blick.

Auch der eigne individuelle Geschmack
darf nicht immer maßgeblich sein, dies würde
die große Gefahr der Einseitigkeit Hervor-
rufen. Vielmehr muß der Händler verstehen,
sich in die verschiedenen Geschmacksricht-
ungen seiner Kunden hineinzudenken
und die Gabe haben, aus den Tausenden ihm
vorgelegter Muster das zusammen zu stellen,
um für alle Verhältnisse und Ansprüche, selbst in den verschiedenen ihm
'nicht eigenen Geschmacksrichtungen dennoch stets ein in sich völlig har-
monirendes Ganze bieten zu können.

Um dies Ziel zu erreichen, sollte er auch nie ängstlich auf etwaige
kleine Preis-Differenzen sehen; nie aber sollten diese zum leitenden
Motiv werden. Es könnte sich dies schwer rächen. Denn wem wäre
es nicht bekannt, daß eine Fabrik, wenn sie einmal aus irgend welchem
Grunde ältere, oder gar weniger gangbare Sachen auf Lager behalten
hat, sie gern zu jedem Preise hingäbe, wenn sich nur Käufer dafür

fänden. Was bedeutet aber erst ein unverkäuflich bezw. schlecht assor-
tirtes Lager für den Händler? Unterschiede in den Mustern giebt es
doch genug! Eine geschmackvolle Ausführung und eine edle Zeichnung
fällt sofort auf. Uns kommt sie immer vor wie die Poesie auf
diesem Gebiete, während es der Prosa reichlich genug gibt!

Doch dies sind Sachen, die jeder Dekoratör bezw. Händler selbst
weiß. Das Hauptgeheimniß eines blühenden Dekorations-Geschäftes be-
steht eben darin: dem Publikum nur Geschmackvolles und in
sich Fertiges zu bieten! Nur nach dem, was ihm vorgelegt
bezw. gezeigt wird, kann das Publikum urtheilen. Verräth dies ansprechen-
den Geschmack, so wird das Geschäft bald einen guten Ruf erlangen.

Der feine Geschmack sowie die Intelligenz
^ des Inhabers werden, gepaart mit reellen kauf-
männischen Grundsätzen, die sichersten Grund-
pfeiler eines soliden und einträglichen Ge-
schäftes werden, das Achtung gebietend über-
all zum Vorbilde dienen wird, denn: Sein
Werk lobt den Meister! X.

Abbildung

Mückrnlnffen füv

Bin Koftöavev Prmnkfchrank.

fus Anlaß der Vermählung der Erzherzogin
Valerie hat die Jschler Marktgemeinde
durch den dortigen Kunsttischler Heim. Sch erb
einen Prunkschrank anfertigen lassen und als Hoch-
zeitsgeschenk überreicht.

Der aus Ebenholz gefertigte mit Elfenbein ein-
gelegte hohe Schrank ist im Style des XVIII. Jahr-
hunderts gezeichnet und trägt an seiner Stirnseite
das mit der Erzherzogskrone gezierte Monogramm
der Braut in Gold und darunter den Kaiseradler in
Buchsmosaik.

Zahlreiche mit kunstvollen Bronzeschlössern ver-
sehene Fächer, die auch an der Innenseite mir der-
selben Schönheit und Sorgfalt ausgestattet sind wie außen, werden durch drei Thür-
flügel verdeckt, die mit kunstvoll ausgeführten Bildern geziert sind. Auf der rechten
Seite sieht man das Bild der Jschler Pfarrkirche, in welcher die Trauung des hohen
Paares stattfand, auf der linken das Wahrzeichen Ischls, den Kreuzstein in der
Traun. Kleine Säulchen aus schwarzem Seemarmor mit goldenen Kapitalem slan-
kiren diese Gemälde. Am Kranz des Schrankes ist das Kaiserwappen, am Sockel
das des Marktes Ischl in Emailarbeit ausgeführt, angebracht.

Die stylvolle Zeichnung wurde von dem Leiter der k. k. Fachschule in Ebensee
Herrn Hans G r e i l entworfen, die ebenso sorgfältig wie künstlerisch vollendete Durch-
führung dieses Prachtschrankes gibt ein beredtes Zeugniß für die bedeutende Fach-
tüchtigkeit des Jschler Meisters Herrn Heim. Sch erb.

Nr. 77.

Wrrnt«Bkickevei.

Melier unö

unserer

Von Carl Behr.

II. Das deutsche Waus und seine Räume.

(Fortsetzung.)

A^as Bedürfniß des Schönen war eben zu mächtig geworden, man gab
sich keinen Zweifeln über die künstlerische Berechtigung dieser Gefäße
hin, und die bedeutendsten Künstler verschmähten nicht, ihr Können solchen
Aufgaben dienstbar zu machen. Es existiren viele Zeichnungen für Pokale und
Becher von Holbein, Dürer und anderen bedeutenden Meistern, und die in
Silber getriebenen Teller eines Benvenuto Cellini waren wohl ebensowenig
für den Gebrauch bestimmt, wie die venetianischen Gläser des 18. Jahr-
hunderts. Es sind das, wie gesagt, wohl strenge genommen, Auswüchse,
diese Aufgaben wurden aber so künstlerisch vollendet, daß sie zu selbst-
ständigen Kunstwerken wurden und als solche entschieden ihre Berechtig-
ung hatten. Hiermit ist aber auch gleichzeitig angedeutet, wie weit man
mit den Erzeugnissen dieser Art gehen darf; dieselben müssen Kunstwerke
sein, wenn sie berechtigt sein wollen. Unkünstlerifche Nachbildungen, in
polirtem Messingblech gestanzte Teller und Pokale wird ein Kunstver-
ständiger schwerlich in seinem Speisezimmer aufstellen. Nun soll damit
nicht gesagt sein, daß solche Dekorationsgegenstände nur aus echten alten
Sachen bestehen dürfen, oder daß Derjenige ein Nicht-Kunstverständiger
sein muß, welcher eine wirklich gut gelungene Nachbildung oder ein
modernes Produkt des Kunstgewerbes zur Dekoration benutzt. Er muß

eben selbst urtheilsfähig genug sein, um die Grenze des Erlaubten finden
zu können, er muß das Unfeine, das Banale oder Lächerliche als solches
erkennen und danach vorgehen. Die kalten nackten Wände, die nicht
dekorirten leeren Möbel wirken langweilig, sie verlangen einen Schmuck
und dieser Schmuck muß logisch und künstlerisch sein. Delfter Teller,
Schalen und' Theetöpfe, noch dazu, wenn sie mit blaugrünen Verdüren
und dunklem Holz in Verbindung gebracht werden, sind sehr beliebt und
empfehlenswerth, auch japanische Erzeugnisse dieser Art sind recht brauch-
bar und oft billiger wie das alte Delft. Oft dekorirt man nicht nur
das etagörartig aufsteigende Büffet selbst mit solchen Tellern, sondern
man behängt auch die ganze Wand um dasselbe damit, eine solche De-
koration ist um so schöner, je schöner diese Gefäße sind, und entspricht
dem Karakter des Speisezimmers entschieden.

Von Bildern sollten nur ruhig wirkende in diesem Raume zur
Verwendung kommen, wie Stillleben in der Art der alten holländischen;
auch ruhig gehaltene Porträts mit dunklen, vielleicht schwarzen antik
wirkenden Rahmen sind nicht ausgeschlossen, dagegen gehören Genre-
bilder und ähnliche Malereien in die Salons.

Die Speisestühle sind gewöhnlich hart gepolstert und hoch im Sitz.
Der weiche, niedere Sitz der überpolsterten Möbel für Wohnzimmer und
Salons ist unbequem, wenn man dieselben an einen Tisch rücken und
darauf sitzend an diesem essen wollte. Man muß hoch und hart sitzen,
und da man bei großen Festtafeln lange sitzen bleibt, so ist als Bezug
des Polsters ein möglichst dauerhafter Stoff zu wählen. Aus diesem
Grunde ist das Leder sehr bevorzugt; man verwendet zu diesem Zweck
sowohl weiches Saffian, und in diesem Falle zeigt das Polster immer
noch eine geringe Elastizität, oder aber — und das wohl in den meisten
Fällen — Sohlleder, welches entweder glatt, mit ornamentalen Dessins
 
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