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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Bodenschatz, Lorenz: Ueber das Selbststudium auf dem Gebiete der Kunstindustrie, [1]
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Böttcher, F.: Zimmer-Einrichtungen im japanischen Stile
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0215

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Leite 180.

Fachblatt für Innen-Dekoration".

Nr. 22.

scheide ich mich gerne und bitte um freundliche Berichtigung.*) Hierbei
will ich einschatten, daß ich mir nicht anmaße, im Allgemeinen belehrend
austreten zu wollen, denn ich bin mir wohl bewußt, daß die größeren
kunstindustriellen Etablissements von bedeutenden Fachleuten geleitet
werden, daß die Leiter vieler großen Geschäfte tüchtige Fachkenntnisse
besitzen; aber für viele Geschäftsinhaber der Kunst-
industriebranche und für eine Masse unserer jungen
Leute dürften die Mittheilungen und Andeutungen,
mehr noch die Befolgungen derselben, doch von
Interesse sein.

Zum Selbststudium gehört allerdings etwas
Willenskraft, Ausdauer und einiger Sinn
für die Kunst, Sinn für das Schöne. Es
ist dies freilich ein heikler Punkt. Sinn für die
Kunst hat nicht Jeder, und Wenige bemühen sich,
denselben zu erlangen, obgleich er Vielen für ihren
Wirkungskreis doch eine Nothwendigkeit wäre.

Unsre Zeit des raschen Erwerbens, des rastlosen
Jagens nach schnellen Erfolgen ist eben zu materiell,
als daß sie den geistigen Regungen die gebührende
Rechnung tragen würde, und so ist eben ein großer
Theil unserer Geschäftsleute nur in kaufmännischer
Beziehung auf der Höhe der Zeit, während das
Künstlerische vernachlässigt wird und sich Jeder mit
dem begnügt, was er sich in dieser Beziehung durch
die längere Praxis nach und nach angeeignet hat.

Wo indessen Ausdauer und fester Wille vor-
handen ist, wo man sich entschließen kann, außer
den täglichen Zeitungen und Stadtneuigkeiten auch
einen vernünftigen Fachartikel, eine gute Ab-
h an d lun g ü b er K un st und dergleichen zu lesen,
wo man einen Theil der Musezett auch dem ernsten
und interessanten Studium opfert, da kann durch
Selbststudium Vieles erreicht werden. Es werden
ja auf diesem Wege nicht gleich Künstler und
große Kunstgelehrte geschaffen, allein soweit werden
ja auch die Ansprüche nicht gestellt. Jedenfalls aber kann sich ein
strebsamer junger Mann, oder überhaupt Jemand, dem es darum

*) Die Schriftleitung dieses Blattes ist zur Entgegennahme diesbezüglicher
Mittheilungen gerne bereit.

Abbildung 103. Stnffel--Vrstrll.

Ausführung gedacht in gebeiztem Nußbaumholz
mit Messiugsäulchen,

zu thun ist, so viel aneignen, daß er das künstlerisch Schöne vom Tri-
vialen und Falschen unterscheiden kann, daß er die ornamentalen und
dekorativen Gesetze und Prinzipien erkennt, daß ihm überhaupt die
Kunst kein ganz verschlossenes Buch mehr ist. Er wird befähigt werden,
zu erkennen, was große Meister Schönes und Unsterbliches geschaffen, er
wird die Kunstschätze früherer Jahrhunderte und-
der Jetztzeit mit verständigem Auge betrachten, zum
Nutzen seines Berufes und zur Freude seiner selbst.

Allein, nicht nur Fachleute, sondern auch das
große Publikum, unsere gut sttuirten Privatleute,
nicht minder unsere Damen, sollten sich bemühen,
die ästhetischen Gesetze mehr und mehr kennen zu
lernen, damit sie beim Ankauf selbst beurtheilen
können, was gut und schlecht, was stilgerecht und
widersinnig ist, damit sie selbst erkennen, ob ein
Gegenstand der Schönheit und der Vernunft ent-
sprechend dargestellt ist.

Es ist wohl kaum anzunehmen, daß Jemand
sich zum Zwecke des Studiums alle die später zu
nennenden Werke anschafft, allein ich gehe von dem
Standpunkt aus, daß in den meisten größeren und
mittleren Städten heutzutage sich staatliche bezw.
städtische gewerbliche oder kunstindustrielle Vereine
oder sonstige Anstalten befinden, welche eine Biblio-
thek besitzen, worin diese oder andere zweckdienliche
Werke dem Publikum zur Benutzung geboten sind,
sodaß es für Viele mit wenig oder gar keinen
Kosten verknüpft sein dürfte, sich die in seinem
Fache nothwendigen Kenntnisse anzueignen.

In erster Linie sollte sich nun Derjenige,
welcher sich diesem Studium widmen will, mit den
verschiedenen Kunstcpochen oder Stilarten bekannt
machen. Wenn auch die Eigentümlichkeiten einer
Stilart oder das Karakteristische derselben am
meisten und deutlichsten in der Baukunst zum Aus-
druck kommen, so sind doch diese Eigentümlichkeiten,
die den Stil kennzeichnenden Formen auch an den Werken der jeweiligen
Kleinkunst wiederzusinden, und darum ist die Kenntniß derselben auch
für uns von Wichtigkeit.

Als empfehlenswerte Werke hierfür sind zu nennen: Lübke,

Die Fortsetzung des Aufsatzes von Carl Vehr: „Das deutsche Haus und
seine Wohnräume" mutzte besonderer Umstände halber in dieser Nummer ausfallcn,
jedoch hoffen wir, es so einrichten zu können, datz der Aussatz mit der letzten Num-
mer dieses Jahrganges abschlietzt. Nie Schviftlrilung.

-HrmmLr^MLnnchtrmgen im
japanischen -^Me.

Von F. Böttcher.

Aln. den Schaufenstern der größeren, ja sogar schon der mittleren
Städte trifft man nicht nur einzelne japanische Erzeugnisse, sondern
sogar ganze Einrichtungen an und in allen Fachzeitungen findet man
Zeichnungen von japanischen Tapeten und Stoffen, Gefäßen und
Möbeln, oder Aufsätze, welche diesen Stil behandeln, und welche
Zimmereinrichtungen auf das ausführlichste beschreiben und abbilden.

Auch die Zeitschrift für „Innen-Dekoration" beschäftigte sich bis-
weilen mit dem japanischen Stil und dürfte den Meisten daher nach-
stehender Aufsatz willkommen sein, der sich gleichfalls mit der Einrichtung
von Zimmern in diesem Stile und speziell mit der Herstellung von
„Möbeln aus Bambus" beschäftigt.

Früher war der Bambus in der Naturgeschichte nur kurz er-
wähnt, in der Industrie aber hatte derselbe, abgesehen von den zeit-
weilig Mode gewordenen Spazierftöcken, gar keine Bedeutung. Erft
auf der Wiener Weltausstellung gewann derselbe an Bedeutung und
Interesse und zwar insofern, als die Japanesen Brücken, Häuser,
Pavillons und Einfriedigungen aus Bambus bauten, und in den
auch von Bambus errichteten Ausstellungshallen und Pavillons von

Bambus gefertigte Rästen, Etageren, Mappen, Zeitungshalter, Fächer,
Tische, Stühle, Sessel und andere kleine Gebrauchs- und Ziergegenstände
ausstellten und zum Verkauf brachten. Doch die deutsche und öster-
reichische Industrie ahmten auch jetzt noch nicht das gegebene Beispiel
nach. Erft durch die in den letzten Jahren erfolgten vielfachen Schiffs-
und Handelsverbindungen, welche uns das merkwürdige Volk der
Japanesen und deren Erzeugnisse und Rohprodukte näher brachten,
sowie namentlich auch durch die Errichtung von Verkaufsläden mit
japanischen und chinesischen Erzeugnissen, insbesondere mit Möbeln
und dergleichen inehr, kamen die Holzindustriellen auf die Idee, auch
den „Bambus" zur Herstellung verschiedener Gebrauchs- und Luxus-
gegenstände zu verwenden. Zuerst waren es die Aorbmacher und
Drechsler, welche dieses Rohprodukt verwandten. Erftere benutzten
es zur Herstellung eleganter Aörbchen, welche zur Anfertigung von
Etageren, Wandtaschen, Notenhaltern, Stühlen, Tischen usw. in den
mannigfaltigsten, reizvollsten und geschmackvollsten Formen, zuweilen
mit Bronze und Nickel montirt, sauber und elegant ausgeführt wurden.

Die Anzahl der Gegenstände ist dementsprechend eine größere
geworden, und man fertigt auch Sofas, Bänke, Garderobehalter,
Spiegelrahmen und Anderes inehr, die alsdann in Veranden, Vor-
zimmern, Lauben, Wintergärten, in Thee- und Aaffeesalons aufgestellt
und meist von Damen der Leichtigkeit und Zierlichkeit wegen benutzt
werden.

Doch kann man noch weiter gehen und ganz gut und in vor-
trefflicher Weise auch Schlaf- und kleine Wohnzimmer in diesem Genro
ausstatten, doch muß die Herstellung solcher eine praktische und vov
Allen: auch eine geschmackvolle sein. Zu den bereits genannten und
beschriebenen kleinen Möbeln und Geräthen, die man aus echtem und-
 
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