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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Bodenschatz, Lorenz: Ueber das Selbststudium auf dem Gebiete der Kunstindustrie, [2]
DOI Artikel:
Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [19]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0226

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Nr. 23.

Seite 189.

„Fachblatt für Innen-Dekoration".

als ja wohl alle Zweige der Kunstindustrie mehr oder weniger diesem
Zwecke dienen.

Hier dürfte nun zum fleißigen und äußerst interessanten Studium
ein Werk empfohlen sein, welches in ausführlichster Weise die gesammte
Wohnungseinrichtung von den ältesten Zeiten bis zur Jetztzeit bespricht.
Wir meinen Falke's berühmtes Buch „Die Kunst im Hause". Der
geistreiche Verfasser hat hier mit seinem
reichen Wissen, seinen seltenen ausgedehnten
Fachkenntnissen eine Arbeit geliefert, die
Künstler und Fabrikanten in ausgiebigster
Weise benutzten und welche für die Deko-
ration unserer Wohnräume von nicht zu
unterschätzendem Einfluß war. Alle zur
Ausschmückung und Einrichtung gehörenden
Arbeiten und Gegenstände sind der gründ-
lichsten, vom künstlerischen und vernünftigen
Standpunkte aus beeinflußten Besprechung
unterzogen und in den neuen Auflagen
mit nöthigen Illustrationen erläutert.

lieber Wohnungseinrichtungen sind
außerdem eine große Reihe ausgezeichneter,
mitunter sehr kostspieliger auf's Reichste
ausgestatteter Werke erschienen, die wohl
nur in größeren gewerblichen Bibliotheken
zugänglich sein dürften. Wir nennen u. A.

Oosur Dul^, „Dekoration« interioure«
xsinte«". Prof. Jean Pape, „Musterzimmer,
vollständige Dekoration für bürgerliche und
herrschaftliche Wohnungen in Form und
Farbe". Beide Werke sind besonders in
Bezug auf harmonische Farbenstellung be-
achtenswertst. Ein sehr interessantes Werk
ist ferner Prof. Luthmer, „Malerische
Jnnenräume moderner Wohnungen in
Aufnahmen nach der Natur". Ter auf
dem Gebiete der gesammten Kunstindustrie

rühmlichst bekannte Verfasser hat hier mit gutem Geschmack eine Anzahl
bestehender, vorzugsweise in malerischer Beziehung hervorragende Wohn-
räume verschiedener Art zur Darstellung gebracht, die jeden: Fachmann
zur eingehenden Betrachtung empfohlen werden können, da hier eine

Abbildung Nlr

Thüv«Driickrv mit elektrischer Mlingrl

in 2/z natürlicher Größe.

Masse gut zu verwerthender Motive und Ideen zu finden sind. So wäre
noch manches gute Buch zu erwähnen, allein wir wollen mit Aufzählung
derselben schließen und zu einem anderen Zweige der Literatur über-
gehen, welcher gleichfalls ein bedeutender Faktor ist für die Hebung der
Kunstindustrie und für die Erleichterung des Verständnisses für dieselbe;
wir meinen die Kunst- oder Fachzeitschriften.

Wie die täglich erscheinenden Zeitungen
uns auf dem Gebiete der Politik, in Be-
zug aus die Tagesereignisse und des all-
gemeinen Weltgetriebes auf dem Laufenden
halten, ebenso sind die Fachzeitschriften
berufen, je aus den von ihnen vertretenen
Gebieten, uns die neuen Erfindungen, Er-
fahrungen und Verbesserungen in Wort
und Bild vorzuführen. (Schluß folgt.)

msve

lei derselben ist das Hauptaugen-
merk auf den Erker gerichtet, welcher
dem Zimmer einen gemüthlichen Karakter
geben soll. Die Seiten, um welche sich
ringsherum eine Bank zieht, sind abgeschrägt
und in der Mitte befindet sich ein Arbeits-
tisch. Die Fenster haben kleine Rundscheiben
mit Glasbildern. Abgeschlossen wird der
Erker durch eure Bogenstellung, welche sich
auf Pilaster stützt und deren Bogen durch
ein geschmiedetes Eisengitter ausgefüllt ist.
Ein Damastvorhang, welcher des Abends
dei: Erker abschließt, würde sich hier äußerst
vortheilhaft ausnehmen. Links sehen wir
eine Kastenthüre, die in der Diagonale ins
Zimmer hineingebaut ist, damit der Erker
um so tiefer erscheine und so die Wirkung
erhöhe. Rechts ist in die hier etwas niedere Vertäfelung ein Büffet
eingelassen, welches sich besonders zur Aufstellung von Prunkgefäßen eignet.
Es folgt ein breites hohes Fenster in einer Nische mit einer Sitzbank,
welche an der Wand fortläuft und einen Familientisch umgibt.

selben arbeiten können. Die deutsche Hausfrau hält viel auf das gute
Aussehen, auf die Sauberkeit der Küche; blinkendes Kupfer an den
Wänden, schönes Porzellan in den Schränken, ein schön ausgestatteter
Herd, an dem alles blinkt und glänzt, ein sauber geputzter Waschstein
aus Marmor, bilden den Hauptschmuck der Küche und lassen die übrige
Ausstattung mehr nebensächlich erscheinen.

Mit der Küche verbunden sind die Speisekammer und gewöhnlich
noch ein Bügelzimmer in entsprechender Ausstattung, wie dieselben ge-
legen sind, richtet sich nach der Anlage des Grundrisses des Hauses,
welcher, wie gesagt, selten derselbe ist.

Das hier beschriebene Haus ist selbstredend ein solches, wie es
nur von begüterten Menschen bewohnt werden kann, es sind deßhalb
sowohl in der Zahl der Räume als auch in der mehr luxuriösen Aus-
stattung derselben, solche Beispiele gewählt, weil dieselben ein weiter-
gehendes Bild dessen geben können, was vom Dekoratör ins Auge ge-
faßt werden muß, wenn es sich um die Fertigstellung eines komfortablen
Hauses handelt. Damit will nicht gesagt sein, daß es nicht auch kleinere
einfachere Häuser geben kann, welche außerordentlich wohnlich erscheinen,
auch wenn sie nicht allen den vorher geschilderten Anforderungen genügen.
Es gibt denn auch in Wirklichkeit kleine Häuser mit 6 bis 10 Räumen,
welche einfach in ihrer Ausstattung, mit verhältnißmäßig wenig Kom-
fort, außerordentlich wohnlich, ein stimmungsvolles gemüthliches Heim
bilden, weil sie vernünftig veranlagt, möblirt und ausgestattet den
bescheidenen Ansprüchen angepaßt waren. In diesen Fällen ist es beinahe
nothwendig, daß das Haus in ein und demselben Karakter durchgeführt
werde; die kleinen Verhältnisse dulden es nicht, daß sie in verschie-
dene Stilarten auseinander gerissen werden und dadurch noch kleiner
erscheinen. Wie in einer großen Gesellschaft sich verschiedene Parteien

bilden können, so sind auch in einen: großen Hause verschiedene Gesichts-
punkte hinsichtlich der Ausstattung möglich. Eine kleine Gesellschaft muß
einmüthig erscheinen, sonst ist es keine Gesellschaft mehr, ein kleines
Haus muß in gleichen: Karakter gehalten bleiben, sonst ist es schwerlich
stimmungsvoll und gemüthlich. Im kleinen Hause kommen auch die
verschiedenen Räume und ihr Karakter nicht so entschieden zum Ausdruck;
das erste was fehlt, ist gewöhnlich der Salon. Wohn- und Speisezimmer,
vielleicht noch ein dritter Raun:, der als Musikzimmer, als Herrenzimmer
oder Bibliothek benutzt wird, bilden Wohn- und Repräsentationszimmer
und wirken nicht selten deßhalb so außerordentlich wohnlich und gemüth-
lich, weil sie eben fortwährend bewohnt werden und weil man ihnen
dieses ansieht, lleberhaupt ist es das, was den Raum wohnlich macht,
daß man ihm das Bewohntsein anmerkt, aus jedem Stück muß der Be-
sucher sehen, daß es ein Bedürfniß war, entweder ein Bedürfniß in
Hinsicht des Kunstsinnes des Bewohners oder ein solches der Bequem-
lichkeit. Es sollte, wenn der Raum den Anspruch machen soll, vollendet
in seiner Art zu sein, kein Stück in demselben entbehrt oder durch ein
anderes ersetzt werden können. Das fortwährende Bewohnen regelt
dieses Verhältniß eigentlich von selber, das Unpraktische, Ueberflüssige
erweist sich mit der Zeit als solches und wird aus dem Raum verbannt,
Bedürfnisse andrer Art tauchen auf und es wird denselben Rechnung
getragen; der Raum wird schließlich zweckentsprechend und dabei dem
Bewohner angepaßt, auch hinsichtlich seiner dekorativen Ausstattung.
„Sag mir, mit wem du umgehst und ich will dir sagen, wer du bist",
man könnte das Wort verändern dahin „Zeig mir deine Wohnung und
ich will dir sagen, weß Geistes Kind du bist."

(Schluß wich.)
 
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