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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Metzger, Max: Die Bronze in der Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0036

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Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Leite fy.

Zanuar-^eft.

!ronM iu dev Architektur.

von Max Metzger, Architekt.

wir heute die bei Neubauten verwendeten Materialien

zusammen stelle», so muß es uns auffallen, welch geringe
ZV Rolle — von Schmiedeeisen abgesehen — die Metalle im Großen
und Ganzen im Bauwesen spielen. Besonders sind es die
Bronze und das Kupfer, die aus ihrer einst mächtigen Stellung im Bauwesen
herausgedrängt wurden. Ueber die Gründe zu forschen und zu schreiben,
die zu dieser Zurücksetzung führten, liegt nicht in meiner Absicht, ich wollte
vielmehr nur auf die gelegentlich mögliche größere Verwendung der Bronzen
in der Architektur, besonders aber in der Znneu-Architcktur, Hinweisen.

Wir wissen alle aus Anschauung und aus Werken, daß die größte
Verwendung der Bronze in früheren Jahrhunderten für Thürflügel in
der Architektur auftrat. Zn der altchristlichen Zeit soll — schriftlichen Berichten
nach — der Erzguß allerdings auch für größere architektonische Zwecke ver-
wendet worden sein. Erhalten sind uns jedoch nur Thüreu und Gallerie-
brüstungen in schwerem, massigem Bronzeguß. Zuerst schlicht und einfach,
bekommen die Thürslügel später Löwenköpfe mit Ringen und treten schließlich
r>om Jahrhundert ab mit figürlichen Darstellungen reich ausgestattet auf.
Zn den Kirchen finden wir ferner die schönen monumentalen Grabplatten
nus Bronze, die Sakramentshäuschen rc., und erst ziemlich spät hört nach
nnd nach die Verwendung des Bronzegusses für kirchliche Zwecke mehr und
mehr auf und kommt dafür für häusliche Zwecke zur Anwendung. Laternen,
Leuerböcke, Thürklopfer, Schloßschilder werden aus Bronze gegossen und
bilden noch heute bewunderte Zierstücke des mittelalterlichen Hauses.

Zm und Z8. Zahrhundert werden die Möbel mit bronzenen Beschläg-
stücken versehen und unter Ludwig XIV. entwickelt sich ein Zweig der Bronze-
industrie selbstständig, welcher noch in der Gegenwart in Frankreich in üppigster
Blüthe steht: die Herstellung von Leleuchtungsgegenständen, Standuhren,
Konsolen, Möbel mit Metalleinlagen rc.

Man hat verschiedentlich den Grund dafür, daß in Frankreich der
Bronzeguß in so ausgedehntem Maße fabrikmäßig betrieben wird, in der in
diesem Lande selbst vorherrschenden Vorliebe für Brouzegegenstände, ganz
besonders aber in der Bevorzugung durch die Architektur gesucht, und
es ist ja Thatsache, daß in keinem Lande die Bronze-Zndustrie so sehr für
öffentliche und für Privat-Bauten herangezogen wird, als in Frankreich.
Andererseits entspricht auch die innere Ausstattung der Gebäude, der durch
dortige Verhältnisse bedingte Gebrauch besonderer Geräthe, als Kamiu-
garnituren, Spiegelumrahmungen, Möbelbeschläge rc. dem Blühen der vielen
Bronzegießereien. Seit Z878 machte sich ferner der Einfluß der japanischen
Kunst bemerkbar und wirkte fördernd auf diese Technik ein. Ebenso ver-
schaffte die Wiederaufnahme des Nisllos und des Emails auf Bronze den
französischen Fabrikanten neue Absatzgebiete. Lhristofle <d Lomp. und Barbö-
dienne verschafften sich besonderen Ruf durch die reizenden Abtönungen vom
lichtesten Silber bis zum tiefsten Schwarz, Ehristofle ahmte ferner das berühmte
Uolrumö der Zapaner nach rc. Doch genug hiervon, ich habe nicht die
Absicht, mich in den immer einmal von Neuen, auftaucheudeu Streit, ob die
französischen Bronzen in der That so viel besser seien, als die deutschen,
einzumischen, und streife die französische Bronze-Zndustrie nur zum Hinweis
vuf die Wechselwirkung zwischen erhöhter Anwendung und Vervollkommnung
der Technik. Unsere deutschen Fabrikanten haben zur Genüge gezeigt, daß
sie sehr Gutes zu leisten vermögen; es kommt nun vor Allem daraus an,
den Boden zu schaffen für ein eifriges wirken, und dazu ist in erster Linie
die Architektur berufen. Trotz verschiedenen Mißgeschickes ist es Deutschland
gelungen, mit Frankreich in der Bronze-Zndustrie auf der Weltausstellung
zuLhicago zu konkurriren. Getadelt hat man nur hier und dort die gewählten
5toffe für die Kunstwerke, das Festhalten an alten hergebrachten Formen,
die Alterthümelei der Künstler. Zn der Technik der Bronzegießerei selbst
flehen unsere deutschen Firmen nicht zurück gegen das Ausland; sie hätten
also wohl das Recht, eine gleiche Bevorzugung durch die Architektur zu
begehren, wie die französischen Fabrikanten.

Wir haben aber die Vorliebe für Bronze, Kupfer und Messing für
architektonische und dekorative Zwecke nicht allein in Frankreich zu finden.
Häufiger als das Eise» finden diese Metalle auch im amerikanischen
Hause Verwendung, namentlich für einfachere Einrichtungen. Zu reicheren
Häusern tritt an Stelle des Messings durchweg die Bronze.

Neuerdings wird mit Vorliebe die vergoldete Bronze angewendet,
und zwar nicht nur für Gegenstände innerer Ausstattung, sondern ganz
besonders für Architekturtheile, für Kapitäle, Säuleubasen, Konsolen,
Rosetten rc. Die Amerikaner sind in Folge der erhöhten Anwendung ihrer
Bronzefabrikate in der Technik des Gießens, der patinirung rc. sehr vor-
geschritten und es läßt sich deutlich erkennen, daß sie darin offenbar von den
größten Meistern der Welt in Bezug auf Bronzetechnik, den Zapauern,
gelernt haben. Man hat sich sonst daran gewöhnt, Alles, was „amerikanisch"
heißt, mit einigen, (vielleicht auch gerechtem) Mißtrauen zu betrachten. Bei
ber Bronze-Zndustrie trifft dies nicht zu. Zedenfalls insoweit, als dorten

die Auswüchse vermieden wurden, die bei uns in Deutschland emporwnchsen,
als das „onivrs pol," entdeckt wurde. Die Herstellung aller möglichen und
unmöglichen größeren und kleineren Gebrauchsgegenstände aus diesen, Mode-
metall, die das Emporblühen einer gesunden Bronze-Zndustrie beeinträchtigt,
hat sich drüben nie breit gemacht. So war es denn möglich, daß Werkstätten,
wie die von Tiffaup in New-Hork in Nachahmung japanischer Bronze» und
in Herstellung moderner Bronzen selbst die weltberühmten französischen
Fabrikate übertrafen; der Amerikaner kauft gute Sachen und bezahlt sie
angemessen. Der wohlhabende Amerikaner liebt schöne, reiche Beschläge,
Krönungen rc., er hat sich losgemacht von den, verhängnißvollen vexirspiel
unseres Jahrhunderts in Bezug auf Thür- und Fensterbeschlag und vieles
Andere. Man wird sich hoffentlich bald auch bei uns loszumachen wissen
von dem merkwürdigen Bestreben, nothwendige konstruktive Beschlagtheile
zu verberge», wie es bis jetzt nicht nur im Bauwesen, sondern auch in der
Möbelfabrikation auftrat. Die Beschläge bildeten einst in der Blüthezeit des
Kunsthandwerks einen so wichtigen Faktor der dekorativen Ausstattung, daß
sie sogar häufig den übrigen Schmuck überwucherten, nicht selten aber auch
das ausschließliche Dekorationsmittel waren. Und heute? viele dieser wich-
tigen Bestandtheile werden in der Regel so behandelt, als hätten sie sich
ihres berechtigten Daseins zu schämen, als wären ihre Funktionen unbedeutend
und nebensächlich genug, um in der untergeordnetsten Weise ohne Anspruch
aus die Formbildung der übrigen Theile Verwendung zu finden, wenn ich
hier für eine dekorativere Anwendung blanker Beschläge eintrete, so kann
sich dies natürlich nicht auf die imitirten Bronzebeschläge beziehen, wie sie
jetzt leider so sehr gebräuchlich sind, nämlich die bronzirten Lisengußwaaren.
Ls ist denselben ja meistens in Bezug auf Formengcbnng nichts nachzusagen,
sie sind von Künstlern zumeist entworfen und modellirt, aber — degradi rt
durch das Material, durch die plumpe Täuschung des Anstriches. Es muß
auch hierin soweit kommen, daß selbst der nicht reiche Mann vor der
Anwendung derartiger stilloser Zmitationen zurückschreckt. Unsere Hansfranen
hätten gegen eine solche Umkehr — glaube ich — wohl kaum was einzu-
wenden. wir sind auf anderen Gebieten weitergekommen, wir werden
es auch hier!

Line eigenthümliche Erscheinung ist es überhaupt, daß man eisernen
Gegenständen, besonders aber schmiedeeisernen Geräthschaften und sogar kunstvoll
ausgeführten Sachen mit Vorliebe einen Bronzeanstrich gibt. Es ist in dieser
Zeitschrift schon darauf hingewiesen worden, wie thöricht es ist, dem Eisen
das Aussehen von Bronze geben zu wollen! Den, Bedürfniß, das Eisen
farbig zu beleben, kann in der weise alter Zeiten durch kräftige bunte
Farben Rechnung getragen werden, während einzelne Theile vielleicht wirklich
aus Messing, Kupfer oder Bronze eingefügt sind.

Das richtige Gefühl und den wahren Abscheu für derartige Fälschungen
haben stets unsere Hausfrauen, sobald sie dieselben erkannt haben; leider
geht ja den meisten die Sachkeuntniß ab und werden sie am meisten durch
solche minderwerthige waare betrogen. Zch kenne jedoch keine, die eine
wirkliche Freude au Ziukguß (Brouze-Zmitirnng) oder an bronzirten, Eisenguß
gehabt hätte; dagegen geht die Freude an wirklich guten echten Sachen nie
verloren. Mau findet an den Küstengebieten der Nordsee von Holland bis
Holstein, zuweilen bis tief in's Binnenland, eine ausgesprochene Vorliebe
für blankes Messingblech zu Gebrauchs- und Luxusgegeuständeu, von denen
manche ans alten Zeiten unseren Museen zur Zierde gereichen. Es ist
offenbar die Reinlichkeitsliebe jener Gegend, die Scheuerlust, das Putzen
mit dem feinen Scesand, die zu dieser Vorliebe für ein Metall geführt haben,
das alle Arten des Schenerns und Putzens erträgt und spiegelnden Goldglanz
erzeugt, wir finden dort die Häuser mit gegossenen Thürklopfern, Glocken-
zuggriffen rc. aus Messing, messingenen Thürschonern, Schließblechen rc.
versehen, in, Innern Hausgeräth, Rauchgeräth rc. aus Messing und es dürfte
wohl niemanden geben, auf den diese an sich einfache Ausstattung nicht den
denkbar besten, freundlichsten und angenehmsten Eindruck gemacht hätte.
Derartige an sich bescheidene Beobachtungen haben oft fruchtbringend auf
die Architektur gewirkt, sind oft Fingerzeige für neue und originelle Schöpfungen
gewesen und dürften deßhalb auch in diesem Falle die Anwendung blanker
Lronzetheile in erhöhtem Maße predigen.

Groß war von jeher die Verwendung der Bronze zu Beleuchtungskörpern
gewesen. Das Thema der Beleuchtungskörper ist hier schon so oft behandelt
worden, daß ich darüber mich wohl kurz fassen darf, obwohl dasselbe einen
nicht zu unterschätzenden Haupttheil in meinen Ausführungen über die Bronze
in der Architektur bilden müßte.

wenn wir in der Geschichte zurückgehen bis in's Alterthum, so finden
wir den griechisch-römischen Kandelaber aus Bronze, wie er uns allen bekannt,
mit den weitausladenden thierischen Füßen und dem schlanken geriefelten
Stamm. Zm Mittelalter entwickelte sich ein außerordentlicher Reichthum
von Leuchterformen unter dem Einfluß des reichgegliederten Kultus der
christlichen Kirche. Besonders hat die hohe Bedeutung des Vsterkerzenlcuchters
zu seiner kunstvollen Ausbildung geführt. Die Bildhauer der italienischen
Renaissance haben eine Reihe der hervorragendsten Bsterkerzenleuchter aus
Bronze geschaffen, von mittelalterlichen Hängeleuchtern aus Bronze sind
besonders die Radleuchter des romanischen Stiles bekannt. Die bronzenen
 
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