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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1899)
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Rundschau
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0227

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das frischeste und reinste Glacä-
leder gegen die Lebensreize an, die
von Sammet und Seide, Leinen und
Wolle ausgehen. Die Hand erstickt fast
in diesem Sarg oon Leder. Somit
bleibt nur noch Eins: keine Hand-
schuhe, und zur Ergänzung: Hände-
waschen. Es muß Sitte werden.

Die plumpste Tatze ist sür das
naturgewöhnte Auge immer noch ein
erfreulicherer Anblick als das hölzerne
Bild einer behandschuhten Hand mit
den fünf stöpsligen Anhängen. Warum
tragen wir denn keine Gesichtshand-
schuhe, da doch mancher genug Ursache
hätte, den prüfendenBlick des Menschen-
und Gesichtskenners zu scheuen? Jst
nicht die Hand ebenso feingegliedert
und ebenso ausdrucksvoll? Man frage
Maler und Bildhauer, wie lange sie
oft nach der richtigen Hand sür ihre
Gestalten suchen. Uebrigens bleiben
der Gelegenheiten, wo der Handschuh
nicht zu entbehren sein wird, z. B.
im Winter auf Vällen, noch genug.

Die einfachen Mittel zum Hände-
waschen, ein Wasserhahn und ein auf-
fangendes Becken darunter, müßten
ösfentlich so viel wie möglich ange-
bracht sein, an Brunnen, in Postämtern,
Schankwirtschaften, össentlichen Gärten
und andern Anstalten zu allgemeiner
Benutzung. Ein Taschentuch als Hand-
tuch führt jeder bei sich. Wenn wir

Gelegenheit erhalten und nehmen, den
angeflogenen Schmutz, sobald die Hand
ihn fühlt, wieder zu entfernen, w
scheint mir das eine höhere Stufe der
Rsinlichkeitund des Reinlichkeitsgefühls
zu bedeuten, als die bisherige Ab-
sperrung, die nur matte Finger er-
zeugt, welche aber vor keinem Leih-
bibliotheksschmutze zurückschrecken.

Dem öffentlichen Beispicl könnten
die Einzelnen in ihren Wohnungen
nachfolgen oder vorangehen. Viel-
leicht nimmt Herr Schultze-Naum-
burg unter die Vorsaalmöbel, deren
ästhetische Ausgestaltung er im Kunst-
wart (2. Augustheft tsys) verlangt,
auch das Wasserkästchen nebst Becken
auf. Oder besser: in jeder Hausflur
sei künftig eine Wasch-Gelegenheit zu
sinden. Wo man dergleichen, besonders
aus dem Vorsaal, antrisft, darf man
mit Sicherheit aus die Gcsinnung von
Wirt und Wirtin in der Handschuh-
frage schließen. Wir dürsen dann den
fremdesten Personen den förmlichsten
Staatsbesuch machen, ohne Gefahr, uns
bei abgezogenem Handschuh mit der Er-
wartung eines Händedrucks bloß zu
stellen, der dann ausbleibt, oder, wenn
wir die Handschuhe anbehalten, mit
einem solchen überfallen zu werden,
was ich, selbst mit neuestem Leder,
nicht einmal meinen Besuchsfeinden
gönnen möchte. Moritz wirth.

Ansre j^oren und IZüder.

Nnsere heutige N 0 t e n beilage illustriert den Grafschen Bruckner-Aufsatz
und bringt dann aus dem in der „Rundschau" empfohlenen Riedelschen Weih-
nachtsalbum eine Probe. Wer diese Beiträge gelesen hat, braucht schwerlich
weitere Worte dazu. Partitur und vierhändiger Klavierauszug der Brucknerschen
V. Symphonie sind bei Doblinger in Wien erschienen.

Auch von unseren Bildern ist das erste Bruckner gewidmet, es gibt
Viktor Tilgners berühmte Bildnisbüste wieder, die Tilgners Schüler
Zerritsch auch zu dem kürzlich enthüllten Bruckner-Denkmale in Wien benutzt
hat. Die anderen drei Bilder, nach graphischen Blättern Albrecht Dürers,
wollen als nachträgliche Veispiele zu unserem neulichen Leitaufsatze über das
Deutsche in der Kunst betrachtet werden. Man sehe sich diesen Hubertus an,
er ist so innig empfunden, daß selbst das Roß ein brav-srommes Gesicht macht,

Dezemberbest

— 2! 5
 
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