wie sein „Franzl" bcweise, das „naive
Schaffeiv noch nicht verlernt habe.
Eine schöne Naivität, der jede ernstere
Einsicht und jeder tiefcre Gedanke dcn
Tod bringen muß! Wenn die Heimats-
kunst-Vcrfechter auf derlci Mache hinein-
fallen, so schaden sie ihrer guten Sache
mehr als alle Gegner. L. lveber.
* Nataly von Eschstruth in
Schwerin erhiclt vom Herzog-Regentcn
die große goldeneMedaillefür
Kunst und Wissenschaft. Da solche
Notizen besser als lange Erörterungcn
den Kampf gegen die Medaillen- und
Ordenseitelkeitcn bei Poeten undÄünst-
lcrn unterstützen, versaumen wir's
nicht, auf Natalys Lorbcerkranz mit .
unverhohlencmVergnügcn hinzuwcisen.
Theatev.
* Münchncr Thcater.
Jn unserm Residenztheater wurde
„Mutter Sorge", ein Wiencr Volks-
stück von N. Havel gegebcn. Wcnn !
es die Aufgabe des Volksstücks ist, !
das Rührsame am Guten und Büsen !
hervorzuhcbcn, die Wirkungen von !
Leid und Freud im cngsten Familicn-
kreise mit dcm endlichen, handgreiflichcn >
Sieg des Tüchtigen zn schildcrn, ohne ^
über diesen seinen engen Lebenskreis j
hinauszublicken und ohne cigentlich j
künstlerisch gestaltcn zu wollen, so hat
R. Havel das Zeug, sich mit der Zeit
zu einem Volksschriftsteller zu ent-
wickeln, wie wir deren im Verfasser
von „Mein Leopold" z. B. schon gehabt
haben. Wozu aber solche Stücke, die
mit der Kunst doch nur ganz lose zu-
sammenhängen, am kgl.Nesidenztheater
gegeben werden, ist für mich schlechter-
dings unerfindlich.
Das SchauspielhauS gab Maeter-
lincks „Daheim". Der Jnhalt: Die
Ueberbringer eincrTodesbotschaft stehn
vor dcn erlcuchteten Fenstern dcr be-
troffenen Familie, die, nichts ahnend,
gewohnheitsmäßig im traulichen Bei-
sammensein um die Lampe versammelt
ist. Jn den Betrachtungen der außen-
llunstwart
stehenden Unglücksboten wird die Ab-
hängigkeit des Menschendaseins von
blinder Schicksalsmacht, die Unfähig-
keit dcs Menschcn über die Wahr-
nehmungen der groben Sinnc hinaus
ein Geschehen zu erfühlen, ebenso grell
zum Bewußtsein gebracht, wie der
Umstand klar hcrvortritt, daß wir dcn
Wert unsres Lcbcns erst dann ganz
erfassen können, wenn wir das ver-
nichtende Schicksal dahinter auftauchcn
sehn. Das Stück ist eins der besseren
Maeterlincks, d. h. die Ueberempfind-
lichkcit des dekadcnten Poetcn, die sich
gewöhnlich bis zur wcibisch-hilflosen
Wehklage gegcnüber demGeschick steigert,
tritt weniger stark hervvr als sonst.
Natürlich beschrünkt sich Mactcrlinck
abcr auch hier ganz auf das Erzeugen
eines gewissen Stimmungswertes: die
Bauern z. B. teilen, wie allc Personcn
des Stückes, Maetcrlincks, des Lite-
raten, philosophische Lcbensübcrzeu-
gungen und rcdcn die bci ihm übliche
Marioncttensprachc. L. lvebcr.
" Hamburger Theater.
Endlich ist der ncue KurS mit seiner
unvergleichlichen Knnst auch ins hicsige
„Deutschc Schauspielhaus" eingezogcn.
Fürst Philipp zu Eulenburg,
der auf nichtpolitischen Gebieten so
rührige Diplomat, hat cin Märlcin
gedichtet, in dem Nacht und Tag
als Silberfce und Goldritter ihrc
lieben Menschen gegen den bösen „Berg-
könig" beschützen, Sigwart, der
siebenzehnjährige Sohn des rcisenden
Botschafters hat eine ans Anleihcn kom-
poniertc Musik dazu geschricben, und
Freihcrr von Berger führt das
zu vier Akten auseinandergerückte
Stück mit Rcgie- und Ausstattungs-
künsten auf. Trotz manchcn poetischcn
Gedankcns und einiger wirklichcr Her-
zenstöne bleibt das Märchcnspiel eine
Dilettantenarbeit, die stillos zwischen
hoher Oper, Melodrama, Pantumime
und Märchen hin- und hcrschwankt,
dieselben Motive immer wiederholt
und hartnäckig das Gesetz außcr acht
Schaffeiv noch nicht verlernt habe.
Eine schöne Naivität, der jede ernstere
Einsicht und jeder tiefcre Gedanke dcn
Tod bringen muß! Wenn die Heimats-
kunst-Vcrfechter auf derlci Mache hinein-
fallen, so schaden sie ihrer guten Sache
mehr als alle Gegner. L. lveber.
* Nataly von Eschstruth in
Schwerin erhiclt vom Herzog-Regentcn
die große goldeneMedaillefür
Kunst und Wissenschaft. Da solche
Notizen besser als lange Erörterungcn
den Kampf gegen die Medaillen- und
Ordenseitelkeitcn bei Poeten undÄünst-
lcrn unterstützen, versaumen wir's
nicht, auf Natalys Lorbcerkranz mit .
unverhohlencmVergnügcn hinzuwcisen.
Theatev.
* Münchncr Thcater.
Jn unserm Residenztheater wurde
„Mutter Sorge", ein Wiencr Volks-
stück von N. Havel gegebcn. Wcnn !
es die Aufgabe des Volksstücks ist, !
das Rührsame am Guten und Büsen !
hervorzuhcbcn, die Wirkungen von !
Leid und Freud im cngsten Familicn-
kreise mit dcm endlichen, handgreiflichcn >
Sieg des Tüchtigen zn schildcrn, ohne ^
über diesen seinen engen Lebenskreis j
hinauszublicken und ohne cigentlich j
künstlerisch gestaltcn zu wollen, so hat
R. Havel das Zeug, sich mit der Zeit
zu einem Volksschriftsteller zu ent-
wickeln, wie wir deren im Verfasser
von „Mein Leopold" z. B. schon gehabt
haben. Wozu aber solche Stücke, die
mit der Kunst doch nur ganz lose zu-
sammenhängen, am kgl.Nesidenztheater
gegeben werden, ist für mich schlechter-
dings unerfindlich.
Das SchauspielhauS gab Maeter-
lincks „Daheim". Der Jnhalt: Die
Ueberbringer eincrTodesbotschaft stehn
vor dcn erlcuchteten Fenstern dcr be-
troffenen Familie, die, nichts ahnend,
gewohnheitsmäßig im traulichen Bei-
sammensein um die Lampe versammelt
ist. Jn den Betrachtungen der außen-
llunstwart
stehenden Unglücksboten wird die Ab-
hängigkeit des Menschendaseins von
blinder Schicksalsmacht, die Unfähig-
keit dcs Menschcn über die Wahr-
nehmungen der groben Sinnc hinaus
ein Geschehen zu erfühlen, ebenso grell
zum Bewußtsein gebracht, wie der
Umstand klar hcrvortritt, daß wir dcn
Wert unsres Lcbcns erst dann ganz
erfassen können, wenn wir das ver-
nichtende Schicksal dahinter auftauchcn
sehn. Das Stück ist eins der besseren
Maeterlincks, d. h. die Ueberempfind-
lichkcit des dekadcnten Poetcn, die sich
gewöhnlich bis zur wcibisch-hilflosen
Wehklage gegcnüber demGeschick steigert,
tritt weniger stark hervvr als sonst.
Natürlich beschrünkt sich Mactcrlinck
abcr auch hier ganz auf das Erzeugen
eines gewissen Stimmungswertes: die
Bauern z. B. teilen, wie allc Personcn
des Stückes, Maetcrlincks, des Lite-
raten, philosophische Lcbensübcrzeu-
gungen und rcdcn die bci ihm übliche
Marioncttensprachc. L. lvebcr.
" Hamburger Theater.
Endlich ist der ncue KurS mit seiner
unvergleichlichen Knnst auch ins hicsige
„Deutschc Schauspielhaus" eingezogcn.
Fürst Philipp zu Eulenburg,
der auf nichtpolitischen Gebieten so
rührige Diplomat, hat cin Märlcin
gedichtet, in dem Nacht und Tag
als Silberfce und Goldritter ihrc
lieben Menschen gegen den bösen „Berg-
könig" beschützen, Sigwart, der
siebenzehnjährige Sohn des rcisenden
Botschafters hat eine ans Anleihcn kom-
poniertc Musik dazu geschricben, und
Freihcrr von Berger führt das
zu vier Akten auseinandergerückte
Stück mit Rcgie- und Ausstattungs-
künsten auf. Trotz manchcn poetischcn
Gedankcns und einiger wirklichcr Her-
zenstöne bleibt das Märchcnspiel eine
Dilettantenarbeit, die stillos zwischen
hoher Oper, Melodrama, Pantumime
und Märchen hin- und hcrschwankt,
dieselben Motive immer wiederholt
und hartnäckig das Gesetz außcr acht