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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

DOI Heft:
Heft 9 (1. Februarheft 1901)
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Welti, Albert: Bei Böcklin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0428

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Technik der Alten unterrichten wollte. Vorher hatte er eine Zeit lang
wieder mehr mit Firnissen gemalt.

Jch mußte nun erst ziemlich viel Farben reiben. Das dauerte
etwa eine Woche, und in dieser Zeit mußte ich mich oft verwundern,
wie ruhig der Meister trotz dem Gerassel des Farben-Läufers weiter
arbeitete, und ich schämte mich im Stillen über meine eigene Empfind-
lichkeit in solchen Dingen. Auf einem Gestell hatte der Meister in vielen
Schächtelchen, Packetchen und Gläsern seine Pulverfarben, darunter solche,
welche er manchmal mit vieler Anstrengung erworben. Von einem
wundervollen Kasselerbraun, das sonst nirgends im Handel zu haben
war, schenkte er mir, als ich nach seinen Farben dann auch noch die
meinigen anrieb. Dann ging es an die Bereitung des Kirschharzgummis,
den ich für mich zu Hause machte, der mir aber bis zur Stunde nie so
gelungen ist, wie ihn die Frau Professor Böcklin zu bereiten wußte.
Und endlich ging's ans Malen, nachdem auch noch Kreidegrund auf
Tafeln gemächt worden war. Jch machte mit> großer Freude meine
ersten Sprünge in Tempera, alles so kleine Einfälle aus dem Kopf.
Nachdem ich dem Meister meine neueren Bilderversuche hatte zeigen
müssen, sagte er mir, welche ich nun einmal versuchen solle, auszuführen.
Von der Zeit an konnte ich eigentlich fast ganz für mich arbeiten, nur
durch einen durch große schwarze Vorhänge abgeteiltcn Raum vom
Meister getrennt, sodaß ich oft leicht zwischen den Vorhängen durch be-
obachten konnte, wie er arbeitete.

Er stand und saß oft eine Stunde lang da, ohne zu malen, in
langer Ueberlegung vor dem Bild, wenn es aber überlegt war und auch
in überlegter Weise begonnen, so gewann es rasch Gestalt.

Die Zeit, in der ich sein Schüler war, unterscheidet sich in der
Weise scharf von der Schicks, als ihm nun die ganz alten Niederländer
Van Eyk, Van der Weyden, dann Dürer und Grünewald besonders ans
Herz gewachsen schienen. Holbein ist ja zeitlebens sein Begleiter gewesen.
Vom pompejanischen Museum in Neapel sagte er einmal, es sei das groß-
artigste in Jtalien. Jn Deutschland rühmtc er besonders die Bilder
von Grünewald in Colmar. Jn vielen also dieselben Ansichten wie
früher zu Schicks Zeit, nur eine besondere Liebe für die Erstgenannten.

Wenn aber die Meister der Van Eyk-Richtung an ihrem Entwurf
strikte festhielten, den sie einmal als gut befunden, so begegnete es
Böcklin bei seiner großen Phantasie und den viel komplizierteren modernen
Motiven oft, daß er wieder änderte. Jn jener Zeit malte er das Tryp-
tichon, links die Geburt Christi, in der Mitte die thronende Madonna
und rechts der Abschied Jesu von der Maria, alles in Tcmpera, außer-
dem arbeitete er an der Cimbernschlacht, welche einmal sehr farbig schün
war, die er dann aber später in Nebel hüllte, um die Situation besser
zu erklären. Es sind verschiedene Gestalten auf dem Bild, wclche an
seinen damaligen Heizer erinncrn, einen rotbärtigen und derben Hot-
tinger Sägenfeiler, der auch die großen Maltaseln für dcn Meister mit
Kreidegrund grundierte. Der Meister war aber immcr ungchalten da-
rüber, daß er sich nie ganz genau an seine Vorschriften halte. Modell
ist er, glaub' ich, nie gestanden, während der Professor den alten Gärtner
Hug für den Kentauren in der Schmiede allerdings einmal gezeichnet zu
Kunstwart
 
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