Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

DOI Heft:
Heft 13 (1. Aprilheft 1903)
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0059

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
der »Fisch am Strand", ein glvtzen-
des Ungeheuer, vor dem cine nackte,
modern mitgenommene Weibsgestalt
kauert, ist aus der Empfindung eines
qualvollen TraumeS heraus „gesehn".
Der Pariser Legrand zeigt uns in
seiner technisch vorzüglichen Radierung
«Der Freund der Tänzerinnen' einen
Bohemien krästiger Rasse im Berein
mit zwei Balleteusen-Dirnen zu einem
Bildc von derber Offcnheit und cntschie-
dener „scharfcr" Stimmung vereint. Die
Landschaften der Holländer Wi g gers
und Hart Nibbrig sprechen von
einem ungcmöhnlich feinen Farben-
empfinden; namentlich des ersteren
„Nacht"' vermittelt mir mit dem dnf-
tigen Dämmer im zarten Wipfelreisig
der kahlen Kopfweiden vor der ragen-
den Kirche eine ungemein poctische
Stimmung. Wiggers wciß auch sehr
reizvolle Motioe zu finden. Von Hart
Nibbrig ist dann noch eine Art »Jn
der Gartenlaube" da, »Philemon und
Baucis", auf der die liebevolle Cha-
rakteristik der beiden vom langen Leben
ruhenden Alten ganz vorzüglich ist.
Dagegen muß ich bekennen, daß ich
mit Toorop als Phantasiekünstler
nichts anzufangen weih, so wenig ich
das Raffinement seiner Technik und
seine trcffliche Charakteristik in rea-
listischen Darstellungcn verkenne. Für
scine tiefsinnigcn Linienverschnörke-
lungen kann ich zu wenig von „raffiniert-
primitivem" Empfinden in mir auf-
bringen, und seine überlebensgroßen
symbolischen Darstellungen und Kari-
katuren wirken auf mich weder grotz
noch grotesk, sondern einfach als
Uebertreibungen. Die sehr patzigen
Farbenstimmungsversuche des vielbe-
wunderten Van Gogh endlich lassen
gewitz viel koloristischcn Geschmack cr-
kcnnen, nur, mein' ich, dürfen wir
darüber nicht vergcssen, datz sie fürs
Erste auch nicht mchr als eben Far-
bsnstimmungsversuche sind. w.

G Die Bewegung um bessere Kon-
firmationsscheine nimmt erfreu-
licherweise Fortgang. Jetzt sind ver-
schiedene Bilder Wilhelm Stein-
! hausens bei der Kunstdruckerei Künst-
lerbund in Karlsruhe auf Konfir-
mationsscheinenherausgegebenworden.
Nähercs darüber crstcht man aus einem
Prospckte, den dic gcnannte Firma aus
Verlangen vcrschickt.

Verrnikckles.

G Wic eine Nachricht aus der
verkehrtenWelt bcrührtunsDeutsche
eine Mitteilung aus Egypten. Der
Nildamm von Assuan sollte bis zu der
Höhe von itH Meter überm Meere er-
richtet werden, ist aber nur bis icx>
Meter überm Meer gebaut worden,
weil sonst der Tempel von Phylä unter
Wasser gesetzt wordcn würe. Das be-
deutet eine Verringerung der zur Bc-
fruchtung verfügbaren Wassermengc
von fast anderthalb Millioncn Naum-
mctern und damit eincn Verlust für dic
ägyptische Volkswirtschaft, der nach
einem österreichischen Konsularbericht
in die Dutzende, ja in die Hundertc
von Millionen gehen kann. Alles, um
cinen antiken Tempel an dem Platze
zu erhalten, wo er steht, denn man
hätte ihn ja abbrechcn und anderswo
wicder aufbauen künncnl Uns impo-
niert derartige Denkmalspflege nicht
im mindcsten, im Gegentcil, sie scheint
uns geradczu unsittlich, zunial hier für
die feinercn Jnteresscn eincr Minder-
heit, die noch dazu meist aus Landcs-
fremden bestcht, ein armcs Volk be-
zahlcn mutz. Abcr angesichtü all dessen,
was wir in der Heimat vorkommen
lassen, ist der Fall bezeichnend als das
andere Extrcni in den Widersprüchen
unserer Zeit.

G Das zweite Dürerblatt
wird dem nächsten Kunstwarthefte bei-
gelegt werden.

l- Aprilheft tZ02
 
Annotationen