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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 17 (1. Juniheft 1903)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0298

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dert F. Philippi in den Erzählungen
aus „Hasselbach und Wildendorn"
(Heilbronn, Salzer, geb. 2,20). Das
Heimatliche ist stark bctont, vielleicht
zu stark, für mein Gefühl wenigstens
wird die ersichtlich gewollte poetische
Gegenständlichkeit mitunter zu einer
Ansammlung von allzu getreuen kleinen
Charakterzügen, die sich gegenseitig
stören. Kommen schon die kleinen
Stücke zu keiner rechten Einheit und
Steigerung, so ist auch die einleitende
längere Geschichte vom „Lohnprediger"
nur eine Beschreibung der Wirklichkeit
geworden, die gewih sehr ehrlich ist
und stofflich interessant sein mag —
die freireligiösen Bestrebungen mit all
den persönlichen Machenschaften der
Dörfler werden erzählt — die aber
künstlerisch unzulänglich bleibt. Die
gewisse rauhe Kürze des Stils, deren
sich Philippi befleitzigt, mutet mich nicht
sehr natürlich an, und die Beseelung
der Natur, die er zwischendurch gern
einmal vornimmt, fällt mit ihrem mehr
pastoralen als dichterischen Pathos des
öfteren recht unsanst aus dem derb
naturalistischen Rahmen der Dinge
heraus. Es fehlt dem Verfasser am
Jnstinkt fürs episch Wesentliche, und
ich fürchte fast, so etwas lernt sich
nicht.

Diesen drei Büchern rheinischen Ur-
sprungs — bei Aram spürt man das
Lokalkolorit doch auch durch den nor-
mal deckenden Gesamtton hindurch —
sei ein Bändchen Skizzen von Hans
Hoffmann zugesellt. Er erzählt von
„Haff und Hafen" (Berlin, Paetel)
allerlei heitere Episoden, die sich wesent-
lich um „Tante Fritzchen" drehen, seine
wohlberühmte Charaktergestalt älteren
Ursprungs. Wer sich ein bischen Herz
und Nieren auffrischen will an lebens-
klugem Humor echt niederdeutscher
Färbung, der lese das Bändchen. Diese
Sorte Humor ist — wie auch die „Losen
Blätter" jüngst (Kw. XVI, 10) zeigten
— ein so erbauliches und leider heut
schon so seltenes Gewächs, dah wir

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das wenige davon, was noch lebt und
fruchtet, recht dankbar pflegen sollten.

L. Aalkschmidt.

P Wie's gemacht wird.

E. Werner gehört zu den Schrift-
stellerinnen, die alljährlich „durch ihre
fesselnden Romane die große Garten-
laube-Gemeinde erfreuen". Auch der
letztabgeschlossene Jahrgang dieser Zeit-
schrift brachte ein Werk ihrer Feder,
,Runen" betitelt, dem zwar das ihr
so liebe,Motiv der ungleichen Brüder*
nur variiert zu Grunde liegt, das aber
dafür Charaktere, Handlung und so-
gar eine ganze lange Reihe von Situa-
tionen einfach einem ihrer früheren
Werke entnimmt, dem t8S6 ebenfalls
in der „Gartenlaube" veröffentlichten
„St. Michael"; nur tragen die Per-
sonen andereNamen und der Schauplatz
ist aus den deutschen Alpen in das skandi-
navische Hochgebirge verlegt. Michael
Steinrück (»St. Michael") — Bernhard
Hohenfels (.Runen^), General Stein-
rück Minister Hohenfels, Hertha St.
— Splvia H., Raoul St. Prinz
Sassenburg, Hans Wehlenberg — Kurt
Fernstein. Die „Helden^ Michael St.
und Bernhard H., beide Söhne ver-
stotzener Glieder der Geschlechter St.
und H., gleichen im Charakter den
Oheimen und Häuptern der Familien
General St. und Minister H., werden
von diesen erzogen, entzweien sich mit
ihnen, lassen sich aber später ver-
söhnen und führen die Bräute heim.
Deren erste Verlobte, Raoul St. und
Prinz Sassenburg, müssen verzichten
und gehen freiwillig in den Tod. Die
Erkennungsszene auf der „Adlerwand*
entspricht völlig der am „Runenstein".
Bis ins Allereinzelste läht sich derart
der Nachweis führen, datz der neue
Roman nichts ist als der aufgewärmte
alte. Vielleicht bringen die kommen-
den Jahrgänge der Gartenlaube ähn-
liche Neuauflagen von „Vineta", „Ein
Held der Feder" u. s. w., denn das
Mittel ist ja so einfach wie erfolg-
verheißend. Sind die Helden der Ro-

Runüwart
 
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