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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 17 (1. Juniheft 1903)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0299

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mane hier gefallen, sagen wir: bei
Sedan, so erstehen sie dort wieder,
wo's „aktuell" ist, und im Burenlande
oder in China lebt ein Monsieur de
Hennequin als de Treier oder Psu-
He-Tsi sein Leben vor den gerührten
Gartenlaube-Leserinnen noch einmal
dar. Das ölt den Apparat mit dem
geringsten Aufwande an Gehirn-
schmalz, ist sicher, weil erprobt in der
Wirkung aufs Gemüt, und tut der
deutschen Dichtung keinen Schaden,
weil die diese ganze Handarbeit ja
ohnehin nichts angeht.

lkkearer.

G Die deutsche Bühne im
t9. Jahrhundert.*

Jch habe es schon oft beklagt, daß
wir so wenig aus der Bergangenheit
der deutschen Schauspielerei wissen und
daß wir auch der Zukunft kein zu-
sammenfassendes Werk über die gegen-
wärtige vorbereiten. Lessing wurde
in seiner Arbeit aufgehalten, Chr. H.
Schmid und Eduard Devrient geben
Namen, Orte und Jahre in großer
Mlle, aber vergleichende Parallelen
zwischen den Darstellern ziehen fie
nicht. Gewiß steigt aus Meyers warm-
blütigem Buche Fr. L. Schröder in
herrlicher Leiblichkeit hervor, über die
Neuberin sind wir gut unterrichtet,
besser noch über Jffland und Seydel-
mann, aber solcher Monographieen
sind doch nur wenige. Mit Freude ist
deshalb der Gedanke zu begrüßen, ein
biographisches Lexikon der deutschen
Bühne abzufassen, das über die Un-
wesentlichkeiten des „Allgemeinen
Theater-Lexikons" der Blum, Herlotz-
sohn und Marggraff vom Jahre
über Reden-Esbecks und Flüggens
fragmentarische Arbeiten hinausgeht.
Es könnte die Grundlage werden für
eine Geschichte der deutschen Schau-

* Ludwig Eisenbergs großes bio-
graphisches Lexikon der deutschen Bühne
im td. Jahrhundert. Leipzig bei Paul
List.

spielkunst, wie sie uns Paul Schlenther
versprochen hat. Ludwig Eisenberg be-
schränkt sich vorläufig auf das td. Jahr-
hundert (Karoline Neuber, Konrad Eck-
hof und acht andere aus früherer Zeit
„gibt" er allerdings in der Einleitung
„zu*), vielleicht geht er später auch dem
t8. nach, das durch die neugegründete
GesellschaftfürTheatergeschichtehoffent-
lich recht bald klar gemacht wird. Er
setzt sich — ziemlich willkürlich — noch
eine andere Grenze, indem er aus der
Betrachtung alle Theaterleiter weg-
läßt, die nicht auch Schauspieler sind.
Es fehlen also Schreyvogel, Laube,
Dingelstedt und der Herzog von Mei-
ningen, und die waren doch wahrhaftig
mit der deutschen Bühne auf das
Jnnigste verknüpft. Blättert nun der
dem Theaterwesen ferner Stehende in
den nahezu zaoo engbedruckten Groß-
oktavseiten, so kann er gewaltigen
Respekt bekommen vor den Tausenden
der hier gerühmten Schauspieler. Da-
nach scheint es um die dcutsche Bühne
und ihren Nachwuchs vortrefflich be-
stellt zu sein. Jn den ersten drei
Vierteln des Jahrhunderts freilich ist
die Schar bald zu überzählen, aber
von t875 ab drängen sie sich, und der
Kenner wundert sich, datz trvtzdem in
Wirklichkeit heute so wenige gute Vor-
stellungen auf dem Theater zustande
kommen. Der Grund für dieses Mih-
verhältnis liegt aber einfach darin,
datz die Quellen für die vergangene
Zeit sehr spärlich fliehen und daß nur
ein paar starke Persönlichkeiten im Ge-
dächtnis unserer Tage geblieben sind,
während die Schauspieler der letzten
Dezennien dem Autor fast ausnahms-
los zugänglich und zum grotzen Teil
eifrig bemüht waren, ihren Namen
lorbeerumzirkt auf die Nachwelt zu
bringen. Eisenberg hat gewitz eine ganz
erstaunliche Arbeitskrast bewiesen, und
ich glaube, wenn er nicht so theater-
verliebt wäre wie er's ist, das Werk
würde nie zu Ende geschrieben wor-
den sein. Da er jedoch seinen Stolz

,. Zuniheft tyoz

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