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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 23 (1. Septemberheft 1903)
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Volkmann, Ludwig: Sprechsaal: nochmals Langes Illusionsästhetik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0630

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nur dadurch erklären, daß „dieser pshchische Vorgang don einem
Nichtpsychologen zuerst ermittelt nnd analysiert worden ist." Welch
pöbelhafte Gesinnung wird hier Männern der Wissenschaft angedichtet,
die sich die Ergründung der Wahrheit zum Ziel gesetzt haben! Auf
gleicher Höhe steht es, wenn Lange seine Gegner dadurch in Miß-
kredit zu setzen sucht, daß er unverfroren erklärt, sie hätten das
Werk, das sie bekämpfen, zum Teil gar nicht gelesen, eine Bchaup-
tung also, die den doch immerhin recht schweren Vorwurf der Leicht-
fertigkeit uud des mangelnden literarischen Anstandes in sich schließt.
Diese subjektiv wohl nicht bös gemeinte, aber objektiv doch sicherlich
ehrenrührig wirkende Verdächtigung wird besonders dadurch unerquick-
lich, daß Lange nicht deutlich angibt, gegen welche Personen sie
eigentlich gerichtet ist. Dies gilt übrigens auch öfter von seinen sach-
lichen Einwänden und erschwert einigermaßen die Antwort. Zu Be-
ginn seiner Ausführuug wendet er sich gegen seine Gegner ganz im
allgemeinen; dann will er sich mit Volkmann und mir befassen, spricht
aber des weitcren doch wieder von seinen Gegnern schlechthin oder
von „man", so daß der Leser beim bestcn Willen uicht wissen kann,
ob Volkmann, ich, oder irgend ein anderer gemeint ist. An ciner
Stelle („Darnach sieht man aber. . .") nennt er mich allerdings
beim Namen und nachdem er seine Einwände dargelegt, fährt er fort:

„Wer sich seine Meinung über die Jllusionsüsthctik uach der
Lektüre des ersten Baudes bilden zu können glaubt, den kann
ich daran natürlich uicht hindern. Wer aber darüber schreiben will,
von dem muß ich verlangen, daß er auch den zweiten Band
wenigstens zum Teil gelesen hat.*

Hat Lange diese Stelle auf mich gemünzt — und es scheint
nach dem Zusammenhange ein Zweifel daran kaum möglich — dann
würde er freilich nur ein Zeugnis von der Oberflächlichkeit gegeben
haben, mit der er gegnerische Einwände liest. Denn erstens habe
ich jenen Ausspruch, den er wenige Zeilen zuvor zu seiner Recht-
fcrtigung mit gesperrtem Drucke aus seinem zweiten Bande ab-
druckt („daß die Kunst letzten Endes um des Jnhalts willen da
ist"), in meinem Aussatz selbst zitiert; dann stammcu zwei weiterc
von mir wörtlich angeführte Stellen ebenfalls aus dem zweiten
Bande; und drittens richtet sich der größte Teil meiuer Bemer-
kuugen überhaupt gegcn ein Kapitcl (vom Traurigen und Häßlichen
in der Kunst) aus diesem zweiten Bande. Da wirkt der Vor-
wurf: ich hätte diesen Band gar nicht gclesen, doch recht seltsam.

Auch durch die sachlichen, ausdrücklich gegeu mich gerichteten
Ausführungen Langes kann ich mich nicht getroffen fühlen. Mehrere
der Behauptungen, die er mir unterlegt, bin ich weit entfernt zu
vertreten. Wcnn cr — um nur ein Beispiel anzuführen — schreibt:
es sei unrichtig, daß „Erdmann die illusionsstörenden Momente im
Theater mit gewissen äußcrlichen Mätzchen identisiziert", so kann ich
darauf nur erwidern, daß mir eine solche Jdentifizierung niemals
in den Sinn gekommen ist. Mir ist es gerade eine interessante
Frage, warum bei Kunstwerken gewisse, sehr starke Abweichungen von

* Die Hervorhebung durch gesperrten Druck stammt natürlich von mir.

Erdmann.

1. Sextemberhest t902
 
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