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Das Jüngste Gericht
16. Die Auferstehenden befinden sich zum Theil in Klüften und
unter Steinplatten. Motive: Emporsteigen aus der Erde,
Hervorkriechen, Liegen, Sichemporrichten, Engel entführen
Teufeln Seelen in die Luft. Einzelne Gerippe, einer mit
Todtenkopf.
17. Ein stehender älterer bärtiger Mann wendet sich zu einem
eben Erwachenden, der in Leichentücher gehüllt ist, und scheint
ihm theilnahmsvoll Muth zuzusprechen.
18. Charons Nachen ist mit Verdammten beladen, die von ihm
mit einer Keule herausgetrieben und von Teufeln heraus-
gezerrt werden. Feuerschein der Hölle im Hintergrund.
Fragen wir nun, in wie weit für diese Neuerungen die Bibel
oder die Divina Commedia bestimmend gewesen! Als rein aus der
freischöpferischen künstlerischen Anschauung des Meisters hervor-
gegangen dürfen wir von Vorneherein betrachten: die Gliederung
der Engel mit den Leidenswerkzeugen in zwei Gruppen (6), die
grosse Anzahl der Heiligen (7), das freie Sichbewegen der Hei-
ligen (9), die nackte Darstellung derselben (10), den bartlosen Typus
Christi (11), die Flügellosigkeit der Engel (13), die grössere Anzahl
der Posaunenengel (14). Auch ist es nicht zweifelhaft, dass Charon
und Minos Signorelli resp. Dante entnommen sind. Es bleibt also
die Prüfung folgender Momente übrig: das dominirende Grundmotiv
des entsetzlichen Racheaktes, durch welches das Verhalten der Hei-
ligen und der Maria bestimmt wird, die Mitwirkung der Märtyrer,
die Heiligenschaar und Kennzeichnung Einzelner, der Aufflug der
Seligen, der Absturz der Verdammten, das Motiv der Bücher, die
Auferstehung und die Gestalt des Priesters bei den Auferstehenden.
II. Die Inspiration durch die Bibel.
Ich gebe im Folgenden alle wichtigen biblischen Stellen, die
vom Jüngsten Gerichte handeln oder auf dasselbe bezogen werden
konnten, und fassen für Einzelnes bedeutungsvolle die Resultate
zum Schluss zusammen. Und zwar wähle ich die Luther'sche Über-
setzung, um dem Geist der Zeit gerecht zu werden.
A. Das Alte Testament.
I. Samuelis 2, 6. Der Herr tödtet und machet leben-
dig, führt in die Hölle und wieder heraus. — 2, 9. 10. Er wird be-
hüten die Füsse seiner Heiligen, aber die Gottlosen müssen
zu nichte werden in Finsterniss. Die mit dem Herrn
hadern, müssen zu Grunde gehen; über ihnen wird er donnern
im Himmel. Der Herr wird richten der Welt Enden
und wird Macht geben seinem Könige und erhöhen das Horn
seines Gesalbten.
Das Jüngste Gericht
16. Die Auferstehenden befinden sich zum Theil in Klüften und
unter Steinplatten. Motive: Emporsteigen aus der Erde,
Hervorkriechen, Liegen, Sichemporrichten, Engel entführen
Teufeln Seelen in die Luft. Einzelne Gerippe, einer mit
Todtenkopf.
17. Ein stehender älterer bärtiger Mann wendet sich zu einem
eben Erwachenden, der in Leichentücher gehüllt ist, und scheint
ihm theilnahmsvoll Muth zuzusprechen.
18. Charons Nachen ist mit Verdammten beladen, die von ihm
mit einer Keule herausgetrieben und von Teufeln heraus-
gezerrt werden. Feuerschein der Hölle im Hintergrund.
Fragen wir nun, in wie weit für diese Neuerungen die Bibel
oder die Divina Commedia bestimmend gewesen! Als rein aus der
freischöpferischen künstlerischen Anschauung des Meisters hervor-
gegangen dürfen wir von Vorneherein betrachten: die Gliederung
der Engel mit den Leidenswerkzeugen in zwei Gruppen (6), die
grosse Anzahl der Heiligen (7), das freie Sichbewegen der Hei-
ligen (9), die nackte Darstellung derselben (10), den bartlosen Typus
Christi (11), die Flügellosigkeit der Engel (13), die grössere Anzahl
der Posaunenengel (14). Auch ist es nicht zweifelhaft, dass Charon
und Minos Signorelli resp. Dante entnommen sind. Es bleibt also
die Prüfung folgender Momente übrig: das dominirende Grundmotiv
des entsetzlichen Racheaktes, durch welches das Verhalten der Hei-
ligen und der Maria bestimmt wird, die Mitwirkung der Märtyrer,
die Heiligenschaar und Kennzeichnung Einzelner, der Aufflug der
Seligen, der Absturz der Verdammten, das Motiv der Bücher, die
Auferstehung und die Gestalt des Priesters bei den Auferstehenden.
II. Die Inspiration durch die Bibel.
Ich gebe im Folgenden alle wichtigen biblischen Stellen, die
vom Jüngsten Gerichte handeln oder auf dasselbe bezogen werden
konnten, und fassen für Einzelnes bedeutungsvolle die Resultate
zum Schluss zusammen. Und zwar wähle ich die Luther'sche Über-
setzung, um dem Geist der Zeit gerecht zu werden.
A. Das Alte Testament.
I. Samuelis 2, 6. Der Herr tödtet und machet leben-
dig, führt in die Hölle und wieder heraus. — 2, 9. 10. Er wird be-
hüten die Füsse seiner Heiligen, aber die Gottlosen müssen
zu nichte werden in Finsterniss. Die mit dem Herrn
hadern, müssen zu Grunde gehen; über ihnen wird er donnern
im Himmel. Der Herr wird richten der Welt Enden
und wird Macht geben seinem Könige und erhöhen das Horn
seines Gesalbten.