Die Komposition und ihre Quellen
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Auch die anderen entscheidenden Momente der Komposition
aber sind auf die unmittelbare Anregung seitens der Bibel zurück-
zuführen. So der Sturz der Verdammten — „du wirst sie hinunter-
stossen in die tiefe Grube" heisst es Ps. 55, 24, „du wirst bis in
die Hölle hinunter gestossen werden" bei Matth. 8, 11 — und das
Emporschweben der Erlösten: „sie werden hingerückt werden in
den Wolken dem Herrn entgegen in der Luft" (i. Thess. 4, 16,
vgl. Apok. II, 12: „sie stiegen auf in den Himmel in einer Wolke").
Vielleicht dass Michelangelo auch ein Hymnus bekannt war, wie
der von Daniel (Thesaurus hymnologicus I, S. 137, CV) publizirte
„in exequiis defunctorum", in dem es heisst (17):
Quae pigra cadavera pridem
Tumulis putrefacta jacebant,
Volucres rapientur in auras
Animas comitata priores.
Für die Schilderung der Auferstehung geben, abgesehen von
der bekannten Vision Ezechiels (37), Stellen die Bestimmung wie
Ps. 40, 3: „und zog mich aus der grausamen Grube und stellte
meine Füsse auf einen Fels", Hiob 19, 25: „und er wird mich her-
nach aus der Erde auferwecken und werde darnach mit dieser
meiner Haut umgeben werden", Jes. 26, 19: „aber deine Todten
werden leben und mit dem Leichnam auferstehen", Ps. 18, 5: „die
Erde bebete und ward bewegt und die Grundvesten der Erde
regeten sich", Jes. 2, 19: „da wird man in der Felsen Höhlen
gehen und in der Erde Klüften", Matth. 27, 52: „ und die Felsen
zerrissen und die Gräber thaten sich auf", Luk. 21, 28: „so sehet
auf und hebet eure Häupter auf", Luk. 23, 30: „dann werden sie
anfangen zu sagen zu den Bergen: fallet über uns! und zu den
Hügeln: decket uns!", Joh. 5. 28: „Alle, die in den Gräbern sind,
werden seine Stimme hören".
Die Siebenzahl der posaunenblasenden Engel — statt der Vier-
zahl in den älteren Darstellungen — entnahm der Künstler, wie
schon Vasari und Condivi bemerkten, der Apokalypse (8, 2), die
auch in ihrer an alttestamentarische Stellen (Buch der Lebendigen,
2. Mos, 32, 32; Ps. 69, 29; Dan. 12, 1; vgl. Luk. 10, 20; Phil. 4, 3;
Offenb. passim) anschliessenden Erwähnung der Bücher, nach denen
gerichtet wird, bestimmend für seine Darstellung von zwei Büchern
ward (Offenb. 20, 12: und die Bücher wurden aufgethan, und ein
ander Buch ward aufgethan, welches ist das Buch des Lebens. Und
die Todten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern).
Nächst der Bibel kommt als Quelle der Inspiration für den
Künstler vielleicht des hl. Hieronymus Gedicht von den 15 Zeichen
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Auch die anderen entscheidenden Momente der Komposition
aber sind auf die unmittelbare Anregung seitens der Bibel zurück-
zuführen. So der Sturz der Verdammten — „du wirst sie hinunter-
stossen in die tiefe Grube" heisst es Ps. 55, 24, „du wirst bis in
die Hölle hinunter gestossen werden" bei Matth. 8, 11 — und das
Emporschweben der Erlösten: „sie werden hingerückt werden in
den Wolken dem Herrn entgegen in der Luft" (i. Thess. 4, 16,
vgl. Apok. II, 12: „sie stiegen auf in den Himmel in einer Wolke").
Vielleicht dass Michelangelo auch ein Hymnus bekannt war, wie
der von Daniel (Thesaurus hymnologicus I, S. 137, CV) publizirte
„in exequiis defunctorum", in dem es heisst (17):
Quae pigra cadavera pridem
Tumulis putrefacta jacebant,
Volucres rapientur in auras
Animas comitata priores.
Für die Schilderung der Auferstehung geben, abgesehen von
der bekannten Vision Ezechiels (37), Stellen die Bestimmung wie
Ps. 40, 3: „und zog mich aus der grausamen Grube und stellte
meine Füsse auf einen Fels", Hiob 19, 25: „und er wird mich her-
nach aus der Erde auferwecken und werde darnach mit dieser
meiner Haut umgeben werden", Jes. 26, 19: „aber deine Todten
werden leben und mit dem Leichnam auferstehen", Ps. 18, 5: „die
Erde bebete und ward bewegt und die Grundvesten der Erde
regeten sich", Jes. 2, 19: „da wird man in der Felsen Höhlen
gehen und in der Erde Klüften", Matth. 27, 52: „ und die Felsen
zerrissen und die Gräber thaten sich auf", Luk. 21, 28: „so sehet
auf und hebet eure Häupter auf", Luk. 23, 30: „dann werden sie
anfangen zu sagen zu den Bergen: fallet über uns! und zu den
Hügeln: decket uns!", Joh. 5. 28: „Alle, die in den Gräbern sind,
werden seine Stimme hören".
Die Siebenzahl der posaunenblasenden Engel — statt der Vier-
zahl in den älteren Darstellungen — entnahm der Künstler, wie
schon Vasari und Condivi bemerkten, der Apokalypse (8, 2), die
auch in ihrer an alttestamentarische Stellen (Buch der Lebendigen,
2. Mos, 32, 32; Ps. 69, 29; Dan. 12, 1; vgl. Luk. 10, 20; Phil. 4, 3;
Offenb. passim) anschliessenden Erwähnung der Bücher, nach denen
gerichtet wird, bestimmend für seine Darstellung von zwei Büchern
ward (Offenb. 20, 12: und die Bücher wurden aufgethan, und ein
ander Buch ward aufgethan, welches ist das Buch des Lebens. Und
die Todten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern).
Nächst der Bibel kommt als Quelle der Inspiration für den
Künstler vielleicht des hl. Hieronymus Gedicht von den 15 Zeichen