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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Contr.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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154

Die Bauten in Rom

Kuppel zu tragen hatten, schwach waren; so füllte er (den inneren)
Theil aus und legte seitwärts zwei schrauben- oder schneckenförmige
eben ansteigende Treppen an, auf denen die Lastthiere alles Material
bis oben hinauf tragen und auch Leute zu Pferde bis zur Höhe
des Bogenansatzes reiten können. Er bildete aus Travertin das
erste runde Gesims über den Bögen, das, wunderbar anmuthig, von
allen anderen abweicht und nicht besser in seiner Art gemacht
werden könnte. Er begann die zwei grossen Nischen des Quer-
schiffes und dort, wo nach dem Campo santo zu, von Bramante,
Baldassare und Raphael acht Tabernakel angeordnet wurden, die
auch San Gallo in seinen Plan aufnahm, begnügte sich Michelangelo
mit dreien und drei Kapellen; und wölbte sie mit Travertin ein und
gab ihnen lichtreiche Fenster von verschiedener Form und gewaltiger
Grösse; ich brauche sie, wie auch die von San Gallo, da man sie
sieht und sie im Stich herausgegeben wurden, es also unnöthig
wäre, nicht zu beschreiben. Genug, mit aller Genauigkeit liess er
überall dort arbeiten, wo der Bau im Hinblick auf grösste Festig-
keit verändert werden musste, so dass er niemals mehr von Anderen
verändert werden könnte."
Bis 1551 vernehmen wir Nichts von dem Bau, äusser was den
von Michelangelo zurückgewiesenen Plan, das Grabmal Pauls III.
unter dem ersten Bogen der Kuppel anzubringen, betrifft. Anfang
1551 muss er sich vor dem Papst und einer Versammlung der
Deputati am Bau wegen eines Vorwurfes rechtfertigen, den
die Feinde äussern: er versehe die Kirche nicht mit genügend
Licht, denn in der Königsnische, wo die drei Kapellen seien, habe
er nur drei obere Fenster angebracht. Michelangelo erwiderte: er
beabsichtige in der Wölbung, die er aus Travertin machen werde,
drei weitere Fenster anzubringen. Am 23. Januar 1552 bestätigt
Julius III. das Breve Pauls III. Die nächste Nachricht vom 11. Mai
f555 berichtet, dass er bald so weit sei, an die Wölbung der Kuppel
zu gehen.
In demselben Jahre schreibt er an Ammanati den berühmten
Brief, in dem er Bramantes Projekt rühmt und das Antonio San
Gallos verurtheilt:
„Man kann nicht leugnen, dass Bramante in der Architektur
so bedeutend war wie kein Anderer seit der Antike. Er entwarf
den ersten Plan von S. Pietro, frei von jeder Verwirrung, klar und
einfach, licht und ringsum isolirt, so dass er in keiner Weise dem
Palast (des Vatikan) Schaden that, und er wurde für ein schönes
Werk gehalten, wie auch heute noch offenkundig ist, so dass Jeder,
der sich von besagtem Gedanken Bramantes entfernt hat, wie z. B.
San Gallo, sich von der Wahrheit entfernt hat. Und dass es so
ist, kann Jeder, dem die Leidenschaft nicht die Augen trübt, an
 
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