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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Contr.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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S. Peter

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seinem Modell sehen. Denn erstlich nimmt er mit jenem Umgang
aussen dem Bau Bramantes alles Licht; aber nicht allein dies, auch
für seinen eigenen hat er keines; und dann so viele dunkle Schlupf-
winkel oben und unten, die es endlosen Schurkereien sehr bequem
machen, als da sind: heimlicher Aufenthalt Verbannter, Falsch-
münzerei, Schwängern von Nonnen und Anderes; da würde man
Abends, wenn die Kirche geschlossen wird, 25 Leute nothwendig
haben, um die sich Versteckenden zu suchen und alle Mühe
haben, sie zu finden. Auch wäre da noch dieser andere Übelstand,
dass, wenn man den Umgang, den das Modell Bramantes Kom-
position hinzufügt, ausführte, man gezwungen wäre, die Kapelle
Pauls, die Stanza del Piombo, die Ruota und viele andere Räume
niederzureissen; selbst die Sixtinische Kapelle, glaube ich, würde nicht
unberührt bleiben. Was die Behauptung betrifft, dass dieser äussere
Umgang 100 000 Skudi kostete, so ist das nicht wahr, denn mit
10 000 könnte man ihn machen, und es ginge wenig verloren, wenn
man ihn zerstörte, denn die Steine, die zu den Fundamenten an-
gewandt wurden, könnten nicht gelegener kommen und der Bau
würde um 200 000 Skudi billiger und 300 Jahre früher fertig werden.
Da habt Ihr meine Meinung und ohne Leidenschaft; siegten sie,
hiesse dies für mich grösster Verlust. Und könnt Ihr den Papst
dies wissen lassen, so thut Ihr mir einen Gefallen, denn ich fühle
mich nicht wohl. — Euer M. — Hält man sich an San Gallos
Modell, so folgt auch dies noch: dass nämlich Alles, was zu meinen
Zeiten gemacht worden ist, niedergerissen wird, was allergrösster
Schaden wäre."
Man sieht aus diesem Schreiben, dass die Gegner wieder Alles
daran setzten, San Gallos Projekten zum Siege zu verhelfen. Es
spielen damals wohl auch Pirro Ligorios Intriguen.
Dann hören wir zunächst am 13. Februar 1557 wieder Etwas
von dem Bau. Er bittet den Herzog Cosimo, ihn in Rom zu lassen:
„denn würde mir die Komposition dieses Baues verändert, wie es
der Neid zu thun versucht, so würde es mir vorkommen, als hätte
ich bis zu dieser Stunde überhaupt noch Nichts gethan." Damals,
vielleicht schon länger, scheint aus Mangel an Geld eine Stockung
in die Thätigkeit gekommen zu sein. „Dass der Bau eingestellt
wäre, ist nicht wahr, denn, wie man sieht, arbeiten noch 60 Leute:
Steinmetzen, Maurer und Handlanger dort; und es ist Hoffnung,
dass fortgefahren werden kann." Am 8. Mai schreibt Vasari: „von
Vielen, die von Rom kommen, vernahm ich, dass der Bau von
S. Peter fast stille steht." Auf solche Nachrichten hin, die vor-
nehmlich Bastiano Malenotti verbreitet hatte, setzte Cosimo eben
Alles daran, den Künstler wieder für sich zu gewinnen. Anfang
des Jahres versuchen unter diesen Umständen der Kardinal von Carpi,
 
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