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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Contr.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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S. Giovanni dei Fiorentini

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Bandini, Uberto Ubaldini und Tommaso de' Bardi als Prokuratoren
und wenden sich mit der dringenden Bitte an Michelangelo, er möge
dem Bau sich widmen. Er antwortet, dass er, ohne Einwilligung
des Herzogs Cosimo, nicht eine andere Arbeit, als die an S. Peter
übernehmen könne. Am 10. August übernimmt auf Bitten der
Florentiner Herzog Cosimo das Protektorat. Am 19. Oktober danken
die Florentiner für Dessen Interesse und theilen ihm mit, dass sie
sich wegen des Modelles der Kirche, damit dieselbe würdig werde,
an Michelangelo gewandt hätten. Dieser habe eine Zeichnung be-
gonnen. Der Herzog wird ersucht, an den Meister zu schreiben
und ihm den Bau empfehlen zu wollen. Er erfüllt diese Bitte
am 26. Oktober und drückt, Leos X. gedenkend, Michelangelo den
Wunsch der Ausführung eines Kirchenmodells aus. Dieser erwidert
am I. November, der Wunsch sei ihm Befehl und erklärt sich bereit,
sich der Kirche anzunehmen, obgleich er bei seinem Alter ja wenig
mehr versprechen könne. Er hat fünf Zeichnungen gemacht,
deren auch nach seiner Meinung würdigste und reichste von den
Prokuratoren gewählt worden ist. Er lässt sie von Tiberio Calcagni,
da ihm das Zeichnen schwer fällt, sauber ausführen; sie wird am
2. Dezember an den Herzog gesandt, der am 22. Dezember seiner Be-
wunderung Ausdruck giebt. Der Meister selbst sagt: niemals, auch
zur Zeit der Griechen und Römer nicht, sei Dergleichen gemacht
worden. Calcagni verfertigt nun auch die Zeichnungen für die Profile
und führt ein Modell nach den Anweisungen in der Grösse von
8 Palmi aus, nach welchem das Holzmodell, das Vasari im floren-
tinischen Konsulat sah, gearbeitet wird. Calcagni überbringt im April
dem Herzog, der über des Meisters Eifer erfreut ist, die Zeichnungen
nach Pisa. Auf die schmeichelhaften Dinge, die ihm gesagt werden,
erwidert Michelangelo, er bedaure nur so alt und dem Tode nahe
zu sein (25. April). Am 30. April erhält er vom Herzog, der zugleich
auch an die Prokuratoren schreibt, einen Brief, in dem es heisst:
„Wir sind so verliebt in Eure Zeichnung für die Kirche der Nation,
dass Wir bedauern, sie nicht vollendet sehen zu können, zur Zierde
und zum Ruhm unsrer Stadt, und auch zu Eurem ewigen Gedächtniss,
das Ihr wohl verdient; so helft, sie zu verwirklichen." Kurze Zeit
darauf kehrt Calcagni heim (2. Mai). Dies ist die letzte Nachricht.
Die Ausführung des grossartigen Planes scheitert, nachdem 5000
Skudi ausgegeben worden waren, aus Mangel an Mitteln. Erst
später, 1588, wird der Gedanke von Neuem aufgenommen. Giacomo
della Porta wird auch hier des Meisters Nachfolger. Er baut die
Kirche, deren Chor durch Maderna ausgeschmückt ward und deren
Fassade Clemens XII. durch Alessandro Galilei errichten liess. (Be-
lege in den Annalen des I. Bandes meines Werkes unter den be-
treffenden Daten.)

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