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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Mitarb.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Die hl. Familie, gen. „Il Silenzio"

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späteren Madonnenskizze der Casa Buonarroti s. oben Nr. V), sitzt
en face auf einer Holzbank, mit der Rechten das geöffnete Buch
auf dieser haltend, die Linke in nicht leicht zu deutender Bewegung
über den Christusknaben streckend, der, den Kopf auf ihr Bein
gelegt, die Arme herabhängend, auf der Bank auf einem Tuch
schläft. Ihr Blick ist auf das Kind gerichtet, auf das auch Joseph,
der rechts von hinten auf die Lehne der Bank sich stützt und
den Kopf, ähnlich wie Jeremias, in die rechte Hand legt, und der
links sich herüberbeugende Johannes, der den linken Zeigefinger an
den Mund hält und die Rechte lauschend erhebt, herabschauen.
Hinter Maria ein baldachinförmiger Vorhang, daneben rechts eine
Säule, in dem rechten offenen Schränkchen der Bank, zu der zwei
steinerne Stufen emporführen, ein Stundenglas. Maria ist in ein
hochgegürtetes Gewand und einen um den Unterkörper gezogenen
Mantel gekleidet; Joseph, in Rock und Mantel, trägt über einem
Tuch eine enganliegende Kappe auf dem Kopf, Johannes hat um
den nackten Körper einen Mantel geschlungen.
Alte Stiche beglaubigen die Autorschaft Michelangelos.
I. Giulio Bonasone (B. 66). Bez. Michaelis Angeli Bonaro. in-
ventor. Julius Bonasonius f. MDLXI. — Bonasone hat es
noch ein zweites Mal gestochen.
2. Giov. Batt, de Cavalleriis (auf dem Buche steht: Magnificat).
Bez. Mich. Ang. bonaroti inventor. 1574.
3. Der Stecher mit dem Monogramm Christi. Bez. Michaelis
Angeli Bonaroti.
4. Philipp de Soye. I. Ausgabe Ant. Lafrerij formis Romae
MDLXVI. Ne excitetis puerum. II. Ausgabe MDLXX. Bez.
Dormiente puero Jesu divina mens vigilat. Studio pictoris
immobilis erga deum Galesij Regnardi Episcopi Balneorigiensis
Pii IIII Papae Datarij D. Michael Angelus Bonarotus Florentinus
inventor. — Kopie von Meister A N (A mit Kreuzchen).
Claudii Duchetii formis Romae MDLXXIX cum privilegio.
In der Lawrence Gallery (Woodburn 1853. Taf. III) be-
fand sich eine Röthelzeichnung „full of sublime character",
die ich heute nicht mehr nachweisen kann. Hier trägt Maria einen
ganz Michelangelesken Kopfputz, über dessen seitlichen Wülsten
in der Mitte ein Seraphim angebracht ist. Johannes hat ein Fell
eines katzenartigen Thieres mit Kopf über seinem Haupt. Der
Vorhang fehlt, statt seiner sieht man flüchtig skizzirt zwei, an die
Kinder bei den Sibyllen erinnernde jugendliche Gestalten, die in
einem Zettel oder Buche zusammen zu lesen scheinen (wie die
Engel in der Madonna von Manchester). Wenn nicht um das
Original, was wohl denkbar, handelt es sich doch jedenfalls um
die alte Kopie eines solchen.

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